Antibiotikaforschung braucht Orientierung am Allgemeinwohl statt am Profit

Rede im Bundestag

Der Mangel an Antibiotika stellt für viele Patientinnen und Pateinten eine große Gefahr dar. Kathrin Vogler legt in ihrer Rede dar, warum die Antibiotikaforschung nur dann erfolgreich sein kann, wenn sie am Gemeinwohl ausgerichtet wird und nicht das Profitstreben der Pharmakonzerne im Mittelpunkt stellt. Zudem fordert DIE LINKE 500 Millionen Euro für nichtkommerzielle, industrieunabhängige Pharmaforschung, was aber von der GroKo abgelehnt wird.

Der Mangel an Antibiotika stellt für viele Patientinnen und Pateinten eine große Gefahr dar. Kathrin Vogler legt in ihrer Rede dar, warum die Antibiotikaforschung nur dann erfolgreich sein kann, wenn sie am Gemeinwohl ausgerichtet wird und nicht das Profitstreben der Pharmakonzerne im Mittelpunkt stellt. Zudem fordert DIE LINKE 500 Millionen Euro für nichtkommerzielle, industrieunabhängige Pharmaforschung, was aber von der GroKo abgelehnt wird.

Rede von Kathrin Vogler

 

- Anrede -

Im heute eingebrachten Antrag setzen sich die Koalitionsfraktionen mit einer der wichtigsten und kritischsten Fragen auseinander, mit der wir im Bereich der Gesundheitsforschung konfrontiert sind: Antibiotika haben im 20. Jahrhundert zweifellos einen großen Beitrag zur Bekämpfung von lebensbedrohlichen Infektionserkrankungen geleistet. Noch im 19. und frühen 20. Jahrhundert sind die Menschen massenhaft an bakteriellen Erkrankungen wie Cholera, Thyphus, Syphillis, Wundbrand oder Tuberkulose gestorben. Erst die Entwicklung des Penicillins, dem später weitere Wirkstoffe folgten, nahm dieser tödlichen Gefahr ihren Schrecken.

Doch der Schrecken kehrt zurück. Immer häufiger infizieren sich Menschen mit Keimen, gegen die die gängigen Antibiotika nichts mehr ausrichten können. Multiresistente Erreger sind eine große und zunehmende Gefahr für die öffentliche Gesundheit. Schon heute sterben allein in Deutschland mehr Menschen an resistenten Erregern als an Verkehrsunfällen oder an AIDS.

Warum entwickeln die Arzneimittelhersteller in so einer Situation nicht vorrangig neue Antibiotika? Auch darauf weisen die Koalitionsfraktionen in ihrem Antrag hin: Die Gewinnerwartung für die Unternehmen sind zu gering. Antibiotika haben aus Sicht der Unternehmen nämlich den Nachteil, dass sie nicht dauerhaft eingenommen werden dürfen. Gerade bei neuen Mitteln gegen die multiresistenten Keime wird man besonders restriktiv umgehen müssen, um keine neuen Resistenzen zu erzeugen. Und die größte Krankheitslast zum Beispiel bei Tuberkulose tragen die Menschen in armen Ländern mit schwachen Gesundheitssystemen, die sich teure neue Arzneimittel nicht leisten können.

Deswegen fordern Sie nun zurecht, dass der Staat mehr Geld in die Hand nehmen muss, um die Erforschung und Entwicklung neuer Wirkstoffe und Arzneimittel zu fordern. Doch Ihr Ansatz ist unzureichend, weil Sie sich nicht aus dem markt- und gewinnorientierten Denken lösen können.

Was wir brauchen, ist ein grundsätzliches Umsteuern in der Gesundheitsforschung. Die Weltgesundheitsorganisation beschreibt den höchstmöglichen Gesundheitszustand als Menschenrecht, das jedem Menschen unabhängig von seiner Herkunft und sozialen Situation zusteht. Dementsprechend ist es nicht Aufgabe privatwirtschaftlicher Unternehmen, dieses Recht zu sichern, sondern Aufgabe der Staaten.

Die Grundlagenforschung und auch die klinische Erprobung mit Steuergeldern zu fördern, dann aber die Patente und damit zukünftige Erträge in der Hand der Unternehmen zu lassen, ist im Kern eine Umverteilung aus den Taschen der Steuerzahler in die Taschen der Aktionäre von Bayer, Pfizer und Co. Wir schlagen Ihnen daher vor: Ändern Sie die Hochschulgesetze oder das Patentrecht so, dass öffentlich finanzierte Forschungsergebnisse auch in staatlicher Hand bleiben. Die so entwickelten Medikamente könnten dann in Lizenz produziert werden - überall auf der Welt, zu Preisen, die auch die Armen bezahlen können.

Und auch die Forschungsstruktur in den deutschen Hochschulen wurde und wird von Ihnen nicht in Richtung Allgemeinwohl umgestaltet. Teil des Problems ist doch, dass die Hochschulen und Forschungseinrichtungen eben in ihrer Forschung nicht vorwiegend am Allgemeinwohl orientiert sind, weil sie angewiesen sind auf externe Zuwendungen, sogenannte Drittmittel, für jedes einzeln Forschungsprojekt. Auch die prekäre Situation der allermeisten Nachwuchsforscher, die sich von einem befristeten Vertrag zum nächsten hangeln, steht einer Kontinuität und Nachhaltigkeit in der medizinischen, biochemischen und pharmakologischen Forschung diametral entgegen.

Auch hier vermisse ich Vorschläge zum Umsteuern. Die Entwicklung neuer Antiinfektiva ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe von einem Format, das mutige und politisch unbequeme Entscheidungen erfordert.

Die von Ihnen geforderte Nationale Wirkstoffoffensive wird wohl doch eher ein Offensivchen, denn Sie fordern ja Mittel dafür lediglich "im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel". Mit den 17 Millionen, die im Haushalt eingestellt sind, kommen Sie aber nicht weit. Und den Antrag der LINKEN zum Haushaltsplan über 500 Millionen Euro für nichtkommerzielle, industrieunabhängige Pharmaforschung, den haben Sie ja abgelehnt.