Rede: Zivile Friedenspolitik ins Zentrum der Außenpolitik stellen

Rede im Bundestag

Die Leitlinien Krisenprävention sollen ein friedenspolitisches Leitbild für die Bundesregierung entwerfen. Trotz einzelner guter Ansätze können sie das nicht leisten: Die Bundesregierung ist nicht bereit, ihre eigenen Fehler selbstkritisch aufzuarbeiten, eigenes Handeln, das Krisen verschärft (etwa die ungerechte Handelspolitik oder Rüstungsexporte), endlich abzustellen und sie will letztlich zivile Instrumente in eine militärische Strategie einbinden. Stattdessen wäre es nötig, zivile Konfliktbearbeitung stärker zu fördern und in ihrer Eigenständigkeit zu stärken.

Die Leitlinien Krisenprävention sollen ein friedenspolitisches Leitbild für die Bundesregierung entwerfen. Trotz einzelner guter Ansätze können sie das nicht leisten: Die Bundesregierung ist nicht bereit, ihre eigenen Fehler selbstkritisch aufzuarbeiten, eigenes Handeln, das Krisen verschärft (etwa die ungerechte Handelspolitik oder Rüstungsexporte), endlich abzustellen und sie will letztlich zivile Instrumente in eine militärische Strategie einbinden. Stattdessen wäre es nötig, zivile Konfliktbearbeitung stärker zu fördern und in ihrer Eigenständigkeit zu stärken.

Kathrin Vogler im Wortlaut

 

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister! Am vergangenen Montag haben wir hier im Bundestag eine Wanderausstellung eröffnet. Sie hat den Titel „Frieden machen“. Genau darum sollte es in dieser Debatte heute eigentlich gehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wie macht man eigentlich Frieden? Wer macht was? Was schadet? Was muss man vielleicht auch unterlassen, um Kriege und Bürgerkriege nicht weiter zu befeuern? All das sind Fragen, mit denen wir uns in der Friedensbewegung sehr lange und intensiv auseinandergesetzt haben und auch noch auseinandersetzen, und genau darum sollte es auch in den heute vorliegenden Leitlinien der Bundesregierung gehen. In dieser Hinsicht, Herr Gabriel, sind diese Leitlinien leider eine große Enttäuschung.

Zunächst einmal fehlt Ihnen jede Selbstkritik.

(Niels Annen (SPD): In Selbstkritik sind Sie auch echt Experten!)

Was hat denn die Bundesregierung in den vergangenen Jahren getan, um Friedensprozesse und Versöhnung zu fördern und um Gewalt aktiv vorzubeugen? Wo hat Ihr Handeln stattdessen Krisen und Konflikte befeuert? Ohne eine solche selbstkritische Analyse - ich bitte Sie - kann man doch keine Leitlinien für die Zukunft entwickeln. Darüber können auch die vielen schönen Worte in Ihrem Dokument nicht hinwegtäuschen. Wenn es nämlich konkret wird, dann folgt aus diesen Worten nichts.

Ich frage Sie: Geht die Bundesregierung mit mutigen Abrüstungsschritten voran? Das Gegenteil ist der Fall, wie wir an den aktuellen Aufrüstungsvorhaben und dem steigenden Rüstungsetat sehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wird die Bundesregierung etwas an den Rüstungsexperten ändern? Nein, Sie behaupten einfach, das werde ohnehin restriktiv gehandhabt; dabei haben deutsche Firmen allein in den ersten vier Monaten dieses Jahres allein an die Länder Saudi-Arabien und Katar für fast 50 Millionen Euro Kriegsgerät geliefert. Ich bitte Sie: Nennen Sie das verantwortungsvolle und vorausschauende Friedenspolitik?

(Beifall bei der LINKEN)

Und: Wird die Bundesregierung mit den Leitlinien die Abschaffung der Atomwaffen vorantreiben? Nein, die Leitlinien bestehen weiter auf nuklearer Abschreckung, und das ist eine Schande.

(Beifall bei der LINKEN)

Nimmt denn diese Bundesregierung wenigstens die krisenverschärfenden Effekte in ihrer Außenwirtschaftspolitik zur Kenntnis? Nein, Sie propagieren weiter die Ausplünderung des globalen Südens unter der Ideologie des Freihandels. In diesem Dokument fordert die Bundesregierung sogar die Öffnung afrikanischer Länder für die großen Finanzinstitutionen. Ich bitte Sie: Wenn selbst ein Land wie Deutschland sich von den Investmentbankern auf der Nase herumtanzen lässt, wie soll sich dann ein afrikanisches Land mit sehr viel schwächeren staatlichen Strukturen gegen die Machenschaften der Deutschen Bank und ähnlicher Menschenfreunde wehren? Das ist gar nicht zu erkennen. Herr Gabriel, das ist wirklich eine völlig verdrehte Vorstellung davon, wie man Frieden machen kann.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch der Vorrang für Zivil ist leider mit lauter Konjunktiven abgeschwächt. Bisher hieß das Politikfeld, über das wir heute sprechen, „Zivile Krisenprävention“. Es gab einen Aktionsplan „Zivile Krisenprävention“, einen Beirat „Zivile Krisenprävention“, den Ressortkreis „Zivile Krisenprävention“, und auch unser Unterausschuss heißt „Zivile Krisenprävention“.

Wenn ich jetzt in die Leitlinien schaue, dann sehe ich, dass überall dort, wo Krisenprävention steht, das Wort „zivil“ sorgsam herausgestrichen wurde. Das ist doch kein Zufall! Nein, diese Bundesregierung will sich eben nicht verbindlich darauf festlegen, Konflikte und Krisen wenigstens vorrangig mit zivilen Mitteln zu bekämpfen und zumindest in der Vorbeugung auf Militär zu verzichten. Das Ministerium von Frau von der Leyen hat inzwischen eine solche Machtstellung, dass es ein harmloses Wort wie „zivil“ quasi zum Unwort erklären kann. Mit Friedenslogik hat das nun wirklich nicht mehr viel zu tun.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als 2004 der Aktionsplan „Zivile Krisenprävention“ beschlossen wurde, war das, trotz aller Kritik, wirklich ein Meilenstein in der Außenpolitik. Wenn wir uns jetzt fragen, ob diese Leitlinien ein ähnlicher Meilenstein sind, dann muss ich leider sagen: Nein, Sie schreiben nur das fest, was diese Bundesregierung sowieso tut. Sie formulieren einen Aspekt des Weißbuchs aus dem Verteidigungsministerium ein bisschen genauer aus. Die Einbindung ziviler Instrumente im Rahmen eines vernetzten Ansatzes in einer letzten Endes vor allem militärischen Strategie ist aber der falsche Weg.

Dabei gibt es im Detail durchaus Fortschritte.

(Zuruf von der SPD: Ach was!)

Dass die Bundesregierung die Mediation stärken will, begrüßt die Linke ausdrücklich.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Dr. Ute Finckh-Krämer (SPD))

Auch die Aufwertung des Beirats finden wir positiv, auch wenn unklar ist, wie er für die Erfüllung seiner neuen Aufgaben ausgestattet werden soll.

Ganz besonders habe ich mich gefreut, dass es ein klares Bekenntnis zum zivilen Peacekeeping gibt. Dafür haben sich meine Fraktion und ich ganz persönlich schon seit langem eingesetzt. Ziviles, unbewaffnetes Peacekeeping ist nämlich sehr viel besser geeignet, die Zivilbevölkerung in Kriegssituationen zu schützen, als bewaffnete Militärpatrouillen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zum Ende meiner Rede möchte ich Ihnen noch etwas zum Thema „Frieden machen“ sagen: Letzten Endes können das immer nur die Menschen in den Konfliktregionen selbst. Wenn wir dabei wirklich helfen wollen, dann sollten wir die zivile Konfliktbearbeitung in ihrer ganzen Breite fördern und in ihrer Eigenständigkeit und Unabhängigkeit stärken. Dafür wollen wir als Linke auch in der nächsten Wahlperiode hier im Bundestag streiten.

(Beifall bei der LINKEN)