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Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser,
zum Ende des Jahres, wenn die ganzen Werbe- und Spendensammlungs-Mails endlich abgearbeitet sind, möchte ich mich auch noch einmal mit dem letzten Newsletter für 2017 melden. Da darf auch der Jahresrückblick nicht fehlen.
Während meine Tochter meint, 2017 wäre ein Jahr, dass man so schnell wie möglich vergessen sollte, ist es für mich viel zu schnell vergangen, um alle aufregenden und schlimmen Ereignisse und Entwicklungen wirklich zu begreifen und aufzuarbeiten. Wir hatten zwei anstrengende Wahlkämpfe in NRW und im Bund, die jeweils einen deutlichen Rechtsruck in den Parlamenten erbracht haben. In Österreich regieren jetzt die Konservativen zusammen mit den Nationalisten von der FPÖ. In den USA erleben wir mit Donald Trump einen Präsidenten, der sich einen feuchten Dreck um die sozialen Belange der Arbeiterklasse schert und der in der Außenpolitik einen gefährlichen Konfrontationskurs fährt - nicht nur gegenüber Nordkorea. Mit der geplanten Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem und seiner Unterstützung für die extrem rechte israelische Regierung hat er Öl in den schwelenden Brandherd Naher Osten gegossen - mit offenem Ausgang.
Währenddessen nutzt die CDU/CSU in der geschäftsführenden Bundesregierung ihre Position aus, um im EU-Zusammenhang Maßnahmen durchzubringen, für die sie in einer ordentlichen Konstellation aus Regierungskoalition und Opposition zumindest harte Auseinandersetzungen im Parlament zu bestehen hätte. Bekannt geworden ist der mutmaßliche Alleingang von CSU-Landwirtschaftsminister Schmidt beim Glyphosat, aber viel einschneidender und viel schwerer zu korrigieren ist die Zustimmung von Merkel zur Errichtung von "PESCO", der ständigen strukturierten Zusammenarbeit der EU-Staaten im Rüstungssektor. Schon mit den Lissabon-Verträgen hat sich Deutschland ja zur ständigen Verbesserung seiner militärischen Fähigkeiten verpflichtet und seit einiger Zeit gibt es die Bestrebungen, die EU zu einer Art Neben-NATO auszubauen, mit eigenen militärischen Strukturen und gemeinsamer Beschaffung von Rüstungsgütern.
Gut ins hässliche Bild passt dabei die Zustimmung Deutschlands zum Aufrüstungsbeschluss der NATO, in dem sich die Mitgliedsländer der Allianz verpflichtet haben, die Rüstungsausgaben bis auf 2% des Bruttinlandseinkommens zu erhöhen. Zwei Prozent - das klingt zunächst nicht nach viel, aber real geht es für Deutschland dabei um eine Verdoppelung der Militärausgaben.
Nur, um mal die Dimension deutlich zu machen, über die wir reden: Mit diesem Geld könnte man locker 600.000 zusätzliche Krankenschwestern, Altenpflegekräfte, Grundschullehrer und Sozialarbeiterinnen beschäftigen. Oder jedem Menschen in Deutschland die kostenlose Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs ermöglichen UND noch 10 Milliarden jährlich in den Ausbau von Bus- und Bahnnetzen investieren.
Die SPD, die sich im Wahlkampf immer wieder gegen den NATO-Aufrüstungsbeschluss ausgesprochen hat und wie wir mehr Personal für Pflege, Bildung und Erziehung gefordert hat, muss nun in den Koalitionsverhandlungen mit der Union deutlich machen, dass sie auch dazu steht. Wenn das bedeutet, den Eintritt in ein neues Merkel-Kabinett zu verweigern, dann muss sich Frau Merkel eben wechselnde Mehrheiten suchen. Vielleicht bedeutet das eine Stärkung des Parlaments gegenüber der Regierung, die ich schon lange für überfällig halte. Aber, wenn wir am Ende des Jahres nach vorne blicken: Ich glaube ja nicht daran, dass die SPD-Führung so viel Arsch in der Hose hat, sich aus inhaltlichen Gründen aus der Regierung rauszuhalten. Das Ende ist absehbar, man muss nur mal in die Niederlande oder nach Österreich blicken. Eine Sozialdemokratie, die sich aufs Verwalten konzentriert, geht auf kurz oder lang vor die Hunde und öffnet den politischen Raum weit für die politische Rechte. Schade wäre das. Ich bin jedenfalls gespannt, was passiert. Und ich freue mich darauf, die Regierung - welche auch immer - aus friedenspolitischer Perspektive herauszufordern. Das ist es nämlich, was wir brauchen: Nicht mehr Rüstung, sondern aktive Friedenspolitik. Nicht mehr Einsparungen, sondern soziale Gerechtigkeit.
Übrigens gibt es dazu auch ein schönes Zitat, das dem Mann zugeschrieben wird, dessen Geburtstag wir am 25. Dezember feiern:
"Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden. (…) Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen. Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich."
(Bergpredigt, Luther-Bibel 2017, Matt. 5)
In diesem Sinne wünsche ich euch allen besinnliche, schöne Feiertage und der Menschheit ein besseres neues Jahr als es das alte war.
Eure Kathrin
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