Liebe Leserin, lieber Leser,
was soll ich zum Ende dieses Jahres schreiben? Ich glaube, wir alle brauchen jetzt ein bisschen Hoffnung, Ermutigung und Zuversicht. Mir geht es im Augenblick so, dass ich unglaublich genervt bin von der ganzen Situation und von den Einschränkungen, auch wenn ich das bewusst alles gerne auf mich nehme, weil ich meinen Beitrag dazu leisten will, mich und andere zu schützen. Trotzdem fehlt mir das Feierabendbierchen mit Kollegen, der gemütliche Plausch am Kaffeestand auf dem Markt, meine Skatrunde, bei der es immer laut und lustig zugeht, und sogar das Gedränge auf dem Weihnachtsmarkt, das ich sonst immer so schnell wie möglich hinter mich bringe. So gerne möchte ich wieder Freundinnen und Kolleginnen umarmen, wenn ich sie nach längerer Zeit wiedersehe. Ich erlebe, wie viele Menschen in meinem Umfeld zusätzlich noch von der Unsicherheit beherrscht werden, wann und wie es beruflich weitergehen kann, während andere vor lauter Arbeit nicht wissen, wo ihnen der Kopf steht. Andere drohen zu vereinsamen, weil alles, wo sie sonst Leute getroffen haben, gerade nicht stattfindet: das Café um die Ecke ist geschlossen, der Sportverein hat zu und in den Seniorentreffs können nicht einmal die sonst üblichen Adventsfeiern stattfinden. Gleichzeitig kommen die Einschläge näher, die Nachrichten über Infizierte und Erkrankte im eigenen Umfeld mehren sich. Das ist eine Adventszeit, in der man schon depressiv werden kann. Wären da nicht auch noch gute Nachrichten. Zu allererst: Atomwaffen werden verboten! Und zwar am 22. Januar 2021, dreieinhalb Jahre nach dem Beschluss des Atomwaffenverbotsvertrags in der UNO-Generalversammlung. Nachdem Honduras den Vertrag als 50. Mitgliedsstaat ratifiziert hat, tritt er nun zunächst für diese 50 Länder in Kraft. Das ist ein starkes Zeichen für eine neue Dynamik der Abrüstung und Rüstungskontrolle und daran will ich im kommenden Jahr weiterarbeiten: Deutschland muss dem Atomwaffenverbot beitreten und die nukleare Teilhabe an den US-Atomwaffen beenden!
Ein zweiter Höhepunkt des Jahres ereignete sich am 15. Dezember, als die SPD-Fraktion der Beschaffung bewaffneter Drohnen vom Typ HeronTP für diese Legislaturperiode eine Absage erteilte. Daran haben viele Friedensfreund*innen innerhalb und außerhalb der SPD mitgewirkt, aber auch der Partei- und der Fraktionsvorsitzende. Offenbar wurde dort verstanden, dass die Beschaffung von Killerdrohnen für die SPD kein Gewinnerthema ist, sondern in ihrer eigenen Wählerschaft auf wenig Gegenliebe stößt. Dass das nicht zu überhören war, dafür haben viele Aktive aus der Friedensbewegung gesorgt, die nach allen Regeln der Kunst Lobbyarbeit für den Frieden gemacht haben. Dafür herzlichen Dank!
Im nächsten Jahr sind ja wieder Bundestagswahlen, und wenn es mir auch schon wieder vor Wahlkampf unter Corona-Bedingungen graut, sind Wahljahre auch immer gute Jahre, um bestimmte Forderungen an die Parteien heranzutragen. Ich würde mir da vor allem eines wünschen: Dass wir angesichts der Gesundheits- und Wirtschaftskrise, in der wir jetzt stecken, wegkommen von der grotesken Aufblähung des Rüstungshaushalts. Wir müssen die Auslandseinsätze beenden, denn damit erübrigen sich auch viele geplante Rüstungsprojekte. Wir brauchen gerade in dieser Zeit, in der sich viele Probleme als globale Herausforderungen zeigen, eine neue Herangehensweise an internationale Politik, einen neuen Geist, der auf Vertrauen und Kooperation setzt, statt auf Misstrauen und Konkurrenz. Wir können es uns schlicht nicht mehr leisten, nationale Interessen vor die Interessen der gesamten Menschheit zu stellen, weil uns das auf jeder Ebene früher oder später auf die Füße fallen wird. Wenn wir nicht dafür sorgen, dass die Menschen in den ärmsten Ländern ebenso breiten Zugang zu Impfstoffen gegen SARS-CoV2 erhalten, wie die in den reichen Ländern, dann haben wir keine Chance, die Pandemie zu überwinden. Wenn wir den Versuch unternehmen, nach der Krise weiterzumachen wie vorher, dann sind die nächsten Krisen vorprogrammiert: Die Hitze-Pandemie, die Hunger-Pandemie und die Pandemie der sozialen Spaltung. 2021 darf nicht das Jahr werden, in dem alles wieder so wurde wie vorher. Außer natürlich, dass wir uns irgendwann in diesem Jahr wieder in die Arme nehmen, zusammen singen und tanzen und abends beim Feierabendbier einen Fünfer extra für den netten Kellner dalassen werden. Ich wünsche euch, dass ihr daran so fest glaubt wie ich und aus dieser Hoffnung Kraft schöpfen könnt, um die Hindernisse dahin zu meistern. Bis dahin werden mein Team und ich euch auch noch verschiedene Angebote machen, bei denen wir uns zumindest online treffen können. Ich freue mich auf euch - und auf 2021.
Los geht's!
Eure Kathrin
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