Kathrin Vogler als Parlamentarische Beobachterin in Lützerath

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Das Dorf Lützerath im rheinischen Braunkohlerevier soll abgebaggert werden, obwohl es aus Expert*innen-Sicht keine energiewirtschaftliche Notwendigkeit für die Ausweitung des Tagebaus gibt. Seit 2020 kämpfen Klimaschützer*innen für den Erhalt des Dorfs, das ein Symbolort für den Kampf um die Einhaltung des 1,5%-Klimaziels geworden ist.

 

Am Sonntag, 08. Januar 2023, besuchte Kathrin den wöchentlich stattfindenden geführten Dorfspaziergang in Lützerath und die dortige Mahnwache am nordöstlichen Rand des Dorfes, an der an diesem Tag nach Infos der Initiative „Lützerath lebt“ 5.000 bis 7.000 Besucher*innen teilnahmen.

Alle gerichtlichen Versuche, das Abbaggern zu verhindern, sind gescheitert, die Mahnwachen sind nur noch bis Montag 24 Uhr genehmigt und so wird es auch der letzte geführte Spaziergang durch das vom Abriss bedrohte Lützerath gewesen sein. Die Polizei bringt bereits Wasserwerfer und Räumfahrzeuge in Stellung, sie ist mit Hundertschaften aus 14 Bundesländern vor Ort, meldet die taz.

Das Verwaltungsgericht Aachen hatte am vergangenen Donnerstag den Eilantrag Kathrin Voglers zurückgewiesen und die so genannte "Allgemeinverfügung" des Kreises Heinsberg für rechtmäßig erklärt, die ab 10. Januar einen Polizeieinsatz am Rande des Braunkohle-Tagebaus Garzweiler II erlaubt.

Update vom 10.01.: Das Oberverwaltungsgericht Münster hat die Beschwerde von Klimaaktivist*innen gegen das Aachener Urteil heute abgelehnt, mit einer denkwürdigen Begründung: ""Das staatliche Gewaltmonopol als Grundpfeiler moderner Staatlichkeit ist einer Relativierung durch jegliche Formen des zivilen Ungehorsams grundsätzlich nicht zugänglich."

Die Klimagerechtigkeitsbewegung kämpft für ein schnelles Ende der Kohleverstromung und sieht Lützerath, wo die RWE AG ca. 280 Millionen Tonnen Kohle abbaggern und verfeuern will, als Schwelle, die nicht überschritten werden darf. In einem Statement von Greenpeace heißt es: „Die 1,5 Grad-Grenze verläuft vor Lützerath. Eine glaubwürdige Klimapolitik darf nicht zulassen, dass RWE diese Grenze überschreitet. Das sinnlose Opfern von Dörfern für die Braunkohle muss endlich ein Ende haben. Das Ausbeuten der Braunkohle unter Lützerath ist auch bei der derzeitigen Gasmangellage energiepolitisch nicht notwendig und klimapolitisch verantwortungslos." Der BUND verweist auf eine Studie der "CoalExit Reasearch Group" aus letztem Sommer, wonach es „weder eine energiewirtschaftliche Notwendigkeit für die Inanspruchnahme weiterer Dörfer und Höfe am Tagebau Garzweiler II [gibt], noch eine energiewirtschaftliche Rechtfertigung zur Genehmigung neuer über den Bereich des aktuellen Hauptbetriebsplan hinausgehender Abbauflächen.“ Davon unbenommen fand am 4. Oktober 2022 in Berlin eine Pressekonferenz in skurriler Besetzung statt, auf der der RWE-Vorstandsvorsitzende Markus Krebber, flankiert von NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (B90/Die Grünen) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (dito), verkündete, dass Lützerath abgebaggert werden wird. Die RWE AG hat es geschafft, ihre Interessen durchzusetzen und noch aus den letzten ihr zugänglichen Braunkohleflözen in NRW Profit zu schlagen, ohne Not sekundiert von maßgeblichen politischen Entscheidern einer ehemaligen "Klimaschutzpartei".

Funfact am Rande: auch der für die anstehende Räumung von Lützerath zuständige Polizeipräsident der Kreispolizeibehörde Aachen, Dirk Weinspach, ist Mitglied der Grünen. Und er hat auch schon Erfahrung mit dem gewaltsamen Vorgehen gegen Klimaproteste: Weinspach war 2018 als leitender Beamter für die Räumung des Hambacher Forsts verantwortlich.

Kathrin Vogler twitterte am Sonntag aus Lützerath, dass sie ihren Aufenthalt dort erstmal verlängert: „Ich bin gekommen, um zu bleiben. Hier in Lützerath wird das 1,5-Grad-Ziel verteidigt und wir verteidigen das mit unserer ganzen Leidenschaft, mit unseren Herzen und auch mit unseren Körpern. Das werde ich in den kommenden Tagen hier in Lützerath weiterhin gemeinsam mit den Aktivist*innen vor Ort tun.“

Update vom 11.01.: Kathrin Vogler schreibt auf twitter/facebook: "Mein Tag in Lützerath: heute früh ist die Polizei mit massiven Kräften ins Dorf eingedrungen. Systematisch wurden nach und nach die Barrikaden freigemacht - teilweise mit unangemessener Gewalt gegen ganz friedliche Leute, jüngere und ältere. Dass dann sehr bald entgegen den Absprachen die Demosanitäter vom Platz getrieben wurden, passt überhaupt nicht zu dem nach außen dargestellten „transparenten“ Polizeieinsatz. Medienschaffende haben mir immer wieder von Behinderungen und Drohungen berichtet, einen Fall habe ich selbst beobachtet.

Für mich der emotionalste Moment war die Räumung der Mahnwache, die am 22. zweieinhalb Jahre bestanden hätte.

Der zweitemotionalste war der Beginn der Rodung im kleinen Wäldchen.

Noch nie in meinem langen aktivistischen Leben habe ich einen derart massiven Polizeieinsatz erlebt. Wenn das zum Maßstab wird, dann gehen wir als Demokratie düsteren Zeiten entgegen und werden nur noch sehr wenig Kapzitäten für polizeiliche Prävention und Aufklärung von Verbrechen haben.

Ich habe auch gesehen, dass Steine gegen Polizist*innen flogen, ungezielt zwar, aber dabei hätte jemand verletzt werden können. Verstehen kann ich diese Wut, aber das Ziel ist falsch. Ich habe Polizist*innen weinen sehen, weil ihnen der Einsatz zuwider war. Ich habe einzelne intensiv mit Besetzer*innen über Gerechtigkeit diskutieren hören. Und ich habe welche gesehen, die einfach nur genauso viel Angst hatten wie die Gegenseite. Nein, verantwortlich sind Mona Neubaur und Robert Habeck. Die grüne ‚Revolution‘ frisst nun ihre Kinder. Und die rebellieren, das ist gut und nicht schlecht für die Demokratie!

RWE kann Dörfer, Äcker und Häuser zerstören, weil die Politik es zulässt. Den Geist von Lützerath könnt ihr aber nicht zerstören!"

Am 12. Januar hat Kathrin Vogler ihre Präsenz in Lützerath beendet.

 


 

Medien-Echo:

 


 

Der nächste Aktionstermin:

Samstag, 14. Januar 2023, um 12 Uhr:
Gegen die Räumung – für Kohleausstieg & Klimagerechtigkeit
"Lützerath bleibt!"
Demonstration zwischen Dorf und Kohlebagger

Weitere Infos & Anreisemöglichkeiten:
DIE LINKE NRW * Alle Dörfer bleiben * Fridays For Future

 


 

Dokumentation, Beschluss der Bundestagsfraktion am 12. Januar 2023:
Die Fraktion DIE LINKE solidarisiert sich mit den Protesten in Lützerath und fordert das sofortige Ende des Polizeieinsatzes.


Rund um den Ort Lützerath liegen hunderte Millionen Tonnen Braunkohle, die der Energiekonzern RWE abbaggern und zur Stromerzeugung verfeuern will. Die dabei freigesetzten Mengen des Treibhausgases CO2 (schätzungsweise: 280 Millionen Tonnen) sprengen das Budget, das Deutschland noch freisetzen dürfte, um die selbst gesetzten Klimaziele und die Vereinbarungen des Pariser Abkommens noch einzuhalten.

Die Interessen der Aktionär:innen von RWE scheinen der schwarz-grünen Landesregierung und Bundeswirtschaftsminister Habeck wichtiger zu sein als  wirksamer Klimaschutz, auf den wir alle angewiesen sind, um unsere Lebensgrundlagen zu erhalten.
Dabei berufen sich Landes- und Bundesregierung auf ein Gutachten, das im Interesse von RWE erstellt wurde und ignorieren den überwiegenden wissenschaftlichen Konsens, nach dem das Abbaggern der Braunkohle unter Lützerath weder zur Energieversorgung notwendig noch klimapolitisch vertretbar ist.

Gerade für junge Menschen, die den Protest maßgeblich gestalten, organisieren und durchführen ist das Vorgehen der schwarz-grünen Landesregierung und das dröhnende Schweigen der SPD sowie der Grünen auf Bundesebene ein weiteres Zeichen dafür, dass ihre Interessen und ihr Kampf ignoriert werden. Mehr noch: die Aktivist:innen werden kriminalisiert und der Protest teils mit Gewalt unterdrückt. Junge Menschen sehen, wie so oft, dass die Interessen der Konzerne mehr wiegen als ihre Zukunft. Auch gegen ältere Aktivist:innen, die sich explizit deeskalierend verhielten, wurde zum Teil mit erheblicher Brutalität vorgegangen.

Die Linksfraktion fordert die Bundesregierung auf, ein Moratorium für die Erweiterung des Braunkohleabbaus zu verhängen, um entsprechend Artikel 20a des Grundgesetzes die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen.

Von der NRW-Landesregierung fordern wir, den massiven Polizeieinsatz zu beenden und Gewalt gegen friedliche Klimaaktivist:innen zu unterlassen.

Die Kosten dieses überdimensionierten Polizeieinsätze müssen transparent gemacht und die von unseren Parlamentarischen Beobachter:innen festgestellten Verstöße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie gegen das Grundrecht auf Pressefreiheit aufgeklärt werden.

Die Fraktion DIE LINKE stellt fest: Energieversorgung ist ein so zentraler Bereich der Daseinsvorsorge, dass man ihn nicht dem freien Markt von privaten Konzernen überlassen darf. Energieriesen wie RWE haben zu viel Macht. Wir brauchen saubere und vor allem preiswerte Energie. Deswegen sollte die Energieversorgung vergesellschaftet werden.

 


 

Fotos: Kathrin Vogler/DIE LINKE NRW

 

Hinweis:

Zuletzt im November 2022 hat die Fraktion DIE LINKE im Bundestag mit einem Entschließungsantrag versucht, ein Moratorium für den Erhalt und gegen die Räumung von Lützerath zu erwirken; der Antrag wurde am 1. Dezember 2022 kurz vor Mitternacht im Bundestag abgelehnt.