Statt post- kolonialem Gerangel solidarische Zusammenarbeit mit Lateinamerika!

Rede im Bundestag
Statt postkolonialem Gerangel solidarische Zusammenarbeit mit Lateinamerika!

Seit 2015 hatte die Bundesregierung das deutsche Engagement in Lateinamerika quasi auf Null gefahren. Jetzt fordert die dafür mitverantwortliche CDU/CSU-Fraktion mit kolonialer Arroganz, dass Deutschland den gewachsenen Einfluss Chinas dort zurückdrängen soll. Kathrin Vogler plädiert stattdessen für faire und nachhaltige Kooperation.

Kathrin Voglers Rede im Wortlaut:

Geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Was für ein absurder Antrag!

(Beifall des Abg. Max Lucks (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Die CDU/CSU ist alarmiert, weil China der wichtigste Handelspartner Südamerikas ist. Wer war noch gleich Deutschlands wichtigster Handelspartner? China!

(Matthias W. Birkwald (DIE LINKE): Hört! Hört!)

Sie beklagt das politische und finanzielle Engagement Chinas in Lateinamerika und der Karibik. China hat in der Pandemie frühzeitig Masken und Impfstoffe geliefert, baut Mobilfunknetze und engagiert sich im Kultur-, Bildungs- und Wissenschaftsbereich. Und das alles findet die Union schlichtweg skandalös.

Aber, meine Damen und Herren, warum wundert Sie das eigentlich? Sie waren es doch, die seit 2015 das deutsche Engagement in Lateinamerika quasi auf null gefahren haben, weil für Sie Afrika viel interessanter war. Ein CSU-Minister war es, der die Entwicklungszusammenarbeit mit fast allen Ländern Lateinamerikas zum Ende dieses Jahres auslaufen ließ. Bei den Impfstoffen haben Sie mit Zähnen und Klauen die Interessen von BioNTech und Pfizer verteidigt und die Entwicklungsländer am ausgestreckten Arm verhungern lassen. Und jetzt fordern Sie allen Ernstes attraktive Gegenangebote zur chinesischen Charmeoffensive, weil es gerade schick ist, die gelbe Gefahr zu beschwören? Das meinen Sie doch nicht ernst!

(Beifall bei der LINKEN)

Immerhin sind Sie ja ehrlich. Ihnen geht es, wie ja offensichtlich auch dem Kollegen Trittin, vor allem um Märkte, Energiequellen und Lithiumvorräte zum Segen des deutschen Kapitals. Wenn Sie sich nur ein klein wenig für die Menschen in der Region interessieren würden, dann hätten Sie in den 16 Jahren Ihrer Regierungszeit sehr, sehr viel für sie tun können, zum Beispiel durch wirksamen Klimaschutz hierzulande.

(Beifall bei der LINKEN)

Als Vorsitzende der Parlamentariergruppe Mittelamerika höre ich bei jedem Gespräch mit Partnern aus der Region: Die Industrieländer sind mit ihren Treibhausgasemissionen verantwortlich für dramatische Naturkatastrophen und mit Ihrem Hunger nach Rohstoffen für schwere Umweltzerstörungen und Menschenrechtsverletzungen. - Und auch deutsche Unternehmen sind daran beteiligt.

Liebe Christdemokratinnen und Christdemokraten, was würde eigentlich Jesus zu Ihrem Antrag sagen, habe ich mich gefragt.

(Patrick Schnieder (CDU/CSU): Oh!)

In Matthäus 7, 3 heißt es: „Was siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?“

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich weiß gar nicht, was ich schlimmer finden soll, die Dämonisierung Chinas oder Ihre koloniale Arroganz und Selbstherrlichkeit gegenüber den Menschen in Lateinamerika und der Karibik, deren Interessen und deren Recht auf Selbstbestimmung.

Meine Damen und Herren, die Linke steht an der Seite von Umwelt- und Menschenrechtsbewegungen in Lateinamerika und der Karibik. Wir wollen faire Handelsbeziehungen, wirksamen Klimaschutz und ein Ende der Ausbeutung von Menschen und Natur. Und ich sage es mit Che Guevara: „Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker“.

(Beifall bei der LINKEN)

 

Die ganze Debatte zu TOP 26 "Strategische Bedeutung Lateinamerikas und der Karibik" am 20.04.2023 auf bundestag.de