Klima retten: Raus aus der Kohle!

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Kathrin Vogler besuchte am 19.9.2018 die Proteste gegen die Räumung des Hambacher Forstes. Die Auseinandersetzung um einen der ursprünglichsten Wälder Deutschlands unterstreicht die Notwendigkeit des Umsteuerns in der Energiepolitik. Demgemäß fordert sie in einem offenen Brief die kommunalen Entscheidungsträgers des Kreises Steinfurt auf, den Verkaufserlös von klimaschädlichen Aktien direkt vor Ort in Energieeffizienz und erneuerbare Energien zu investieren, zum Beispiel mit dem Einstieg in einen fahrscheinlosen öffentlichen Nahverkehr.

Leider ist es während Kathrin Voglers Aufenthalt im Hambacher Forst zu einem tragischen Unfall gekommen, in dessen Folge ein Journalist starb. Ihre Eindrücke schildert sie in einem Video auf Facebook.

 

Offener Brief an den Landrat und die Kreistagsmitglieder des Kreises Steinfurt

Sehr geehrter Herr Effing,

sehr geehrte Damen und Herren,

gestern habe ich den Hambacher Forst besucht. Dort lässt der Energiekonzern RWE derzeit den letzten Rest eines der ursprünglichsten Wälder Deutschlands mit einem Großaufgebot von Polizeikräften räumen, um ihn zu vernichten. Dort, wo heute noch uralte Bäume Lebensraum für viele seltene Tiere und Pflanzengesellschaften bieten, sollen demnächst die Braunkohlebagger aktiv werden.

Die Braunkohleverstromung ist unumstritten die klimaschädlichste Art der Stromerzeugung. Noch gibt es kein Arbeitsergebnis der auf der Bundesebene eingesetzten Kohlekommission, aber es ist davon auszugehen, dass diese zu dem Schluss kommen wird, dass die Braunkohle aus dem Hambacher Revier nicht benötigt wird, um Energiesicherheit herzustellen.

Der Kreis Steinfurt hat sich richtigerweise ambitionierte Klimaziele gesetzt. Bis 2050 wollen wir hier 90% der CO2-Emissionen verglichen mit 1990 einsparen. Dafür hat der Kreis auch Mittel vom Bund erhalten und einen Masterplan aufgelegt.

Ich frage mich nun, wie es zu diesen ambitionierten Klimazielen passt, dass der Kreis Steinfurt über seine Beteiligungsgesellschaft noch immer 121.588 RWE­Aktien hält (Quelle Greenpeace). Der Energieriese RWE ist ein Dinosaurier der Energieerzeugung. Hauptenergieträger der Stromerzeugung von RWE war 2017 die Braunkohle mit fast 75 Terawattstunden. Demgegenüber standen erneuerbare Energien lediglich mit 11,3 Terawattstunden. (Quelle: de.statista.com)

Nicht nur aus Klimaschutzgründen, sondern auch als Anlageform muss diese Anlage kritisch hinterfragt werden. Sollte die Kohlekommission, auch vor dem Hintergrund des extrem trockenen und heißen Sommers 2018, einen schnellen Kohleausstieg oder eine CO2-Steuer vorschlagen und diese durch Beschluss des Deutschen Bundestags in Kraft treten, drohen den beteiligten Kommunen massive finanzielle Verluste.

Die ersten Kommunen haben sich bereits aus dem RWE-Aktienbesitz herausgezogen. Auch für den Kreis Steinfurt ergäbe sich die Möglichkeit, die Erlöse aus dem Verkauf dieser klimaschädlichen Aktien direkt vor Ort in Energieeffizienz und erneuerbare Energien zu investieren, zum Beispiel mit dem Einstieg in einen fahrscheinlosen öffentlichen Nahverkehr. Wie der funktioniert, macht die Gemeinde Templin in Brandenburg seit 21 Jahren vor.

Ich bitte Sie darum, diese Frage in der Verwaltung und im Kreistag mit Priorität zu behandeln und stehe selbstverständlich gerne für Rückfragen zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Kathrin Vogler

Antwort: Die Grünen

Liebe Kathrin,

vielen Dank für Deinen offenen Brief. Wie Dir wahrscheinlich bekannt ist, setzen sich die Grünen NRW sehr engagiert für den Erhalt des Hambacher Waldes, einen schnellstmöglichen Kohleausstieg und einen sozialverträglichen Strukturwandel im Rheinischen Revier ein. Während die Kohlekommission in Berlin über einen Ausstieg aus der Kohle verhandelt, wird im Hambacher Wald alles dafür vorbereitet, unumkehrbare Fakten zu Lasten des Klimaschutzes zu schaffen. Dabei ist eine schnelle Rodung des Hambacher Waldes, entgegen der Behauptungen von RWE, für den Weiterbetrieb des Tagebaus und der Kraftwerke nicht erforderlich. Nur mit einem Abholz-Moratorium kann gesichert werden, dass die Kohlekommission konstruktiv und ergebnisoffen an einem Weg für den Kohleausstieg arbeitet. Die Landesregierung muss gegenüber Bundesregierung und RWE auf einen Stopp der Rodungen im Hambacher Wald drängen, solange die Arbeit der Kohlekommission nicht abgeschlossen ist. Eine Rodung zum jetzigen Zeitpunkt würde die Chance auf einen breiten gesellschaftlichen Konsens zum Kohleausstieg gefährden.

Vor diesem Hintergrund haben wir als Kreistagsfraktion immer wieder auf den Verkauf der verbliebenen RWE-Aktien des Kreises gedrungen und eine nachhaltige Anlagepolitik gefordert. Unseren entsprechenden Antrag "Finanzanlagen des Kreises Steinfurt verantwortungsvoll und nachhaltig anlegen" findest Du hier: https://sessionnet.krz.de/kreis_steinfurt/bi/vo0050.asp?__kvonr=6159&search=1 

Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen im Hambacher Wald werden wir zeitnah eine weitere Initiative im Kreistag starten, um die Trennung von den verbliebenen RWE-Aktien des Kreises zu erreichen und auf ein Moratorium für alle Rodungs-, Räumungs- und Abrissarbeiten zu drängen. Sobald ein entsprechender Antrag vorliegt, wird er auf den üblichen Wegen (Homepage des Grünen Kreisverbands/des Kreises) abrufbar sein. Bei Presseanfragen kannst Du gerne auf dieses Schreiben verweisen. Bei Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Mit besten Grüßen,

Jan-Niclas

Jan-Niclas Gesenhues

Bündnis ´90/Die GRÜNEN NRW

Mitglied im Landesvorstand

Fraktionssprecher der Grünen Kreistagsfraktion Steinfurt Vorsitzender des Umweltausschusses des Kreises Steinfurt