Friedensradtour 2017

Am Samstag, den 15. April 2017, fand die Ostermarschaktion "Die Waffen nieder!" in Münster statt. Neben der Friedensdemo zu Fuß durch die Innenstadt mit Zwischenkundgebung, gab es auch eine Friedensradtour. Auch Kathrin Vogler nahm am diesjährigen Ostermarsch teil und sprach zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmern vor dem Rathaus des Westfälischen Friedens.

Am Samstag, den 15. April 2017, fand die Ostermarschaktion "Die Waffen nieder!" in Münster statt.  Neben der Friedensdemo zu Fuß durch die Innenstadt mit Zwischenkundgebung, gab es auch eine Friedensradtour. Auch Kathrin Vogler nahm am diesjährigen Ostermarsch teil und sprach zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmern vor dem Rathaus des Westfälischen Friedens.

 

Kathrin Vogler im Wortlaut:

Liebe Freundinnen und Freunde,

in den letzten Tagen hat US-Präsident Trump klar gemacht, wie seine Außenpolitik aussieht. Zuerst mit der völkerrechtswidrigen Bombardierung einer syrischen Militäreinrichtung und dann mit dem Einsatz der "Mutter aller Bomben" gegen IS-Stellungen in Afghanistan.

Einige, leider auch in der Friedensbewegung, hatten ja geglaubt, dass Donald Trump sich auf die US-Innenpolitik konzentrieren und damit die weltweiten militärischen Aktivitäten zurückfahren würde. Ich habe das nie geglaubt. Man musste nur am Tag nach der Wahl von Trump an die US-Börse schauen: hochgeschnellt sind da vor allem zwei Gruppen von Aktien: die der Pharmaindustrie - und die Rüstungsaktien. Börsenmakler und Fondsmanager haben meistens ein gutes Gespür für die Folgen von politischen Veränderungen.

Sein Slogan "America First" lässt sich eben auch so lesen: Die USA müssen wieder die einzige, die führende, die erste Weltmacht werden, die, die den anderen Nationen diktieren kann, wo es langgeht und sich um solche Kinkerlitzchen wie Völkerrecht und mühsame Verhandlungen in den Vereinten Nationen nicht kümmern muss.

Inzwischen wird deutlich, dass der Macho Trump seine persönliche Großspurigkeit auch für ein brauchbares Konzept in der Außenpolitik hält. Er setzt sich über diplomatische Gepflogenheiten, über Völkerrecht und Verträge schamlos hinweg, sobald es seinen Interessen dienlich erscheint. Er will auch bei den Atomwaffen "der stärkste im Rudel" sein und seinem Volk in den nächsten 30 Jahren eine Billion US-Dollar für die atomare Aufrüstung abpressen. Er schickt Flugzeugträger in Richtung Nordkorea. Und er jammert, dass die europäischen NATO-Staaten nicht genug fürs Militär ausgäben.

Und was tut unsere Bundesregierung? Sie erklärt die eklatante Verletzung des Völkerrechts durch die US-Regierung für "nachvollziehbar". Sie stimmt in der UN-Vollversammlung gegen einen Vertrag zum Verbot aller Atomwaffen. Und sie plant, den Rüstungshaushalt in Deutschland zu verdoppeln. Übrigens gibt es in Europa nur ein Land, das die Forderung der NATO umsetzt, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts fürs Militär auszugeben - das ist Griechenland. Erinnert ihr euch? Da war doch was…

Im Jahr 2015, während in Griechenland Arbeitsplätze gestrichen, Renten, Löhne und Sozialleistungen gekürzt, das Gesundheitswesen auf ein Minimum herunter gefahren wurde, während in den Straßen Athens und Thessalonikis Mütter um ein bisschen Essen für ihre Kinder betteln mussten, hat NATO-Generalsekretär Stoltenberg die Griechen aufgefordert, nur ja nicht beim Militär zu kürzen.

Seit dem Amtsantritt von Donald Trump sind die Stimmen noch lauter geworden, die eine massive Aufrüstung der europäischen NATO-Länder fordern - und zwar beiderseits des Atlantiks.

Der schräge US-Präsident liefert vor einer sorgsam gepflegten anti-russischen Feindbildkulisse die wohlfeile Munition, um die längst gehegten Aufrüstungspläne in der EU und in Deutschland geistig zu untermauern: Wir sollen aufrüsten, um Putins Russland einzudämmen. Wir sollen die Modernisierung der US-Atomwaffen bezahlen, wie die Mexikaner seine Anti-Migranten-Mauer. Und wenn wir das nicht wollen, dann sollen wir halt selbst aufrüsten und zwar auch atomar.

Und dazu sagen wir in der Friedensbewegung laut und deutlich Nein! Wir wollen, dass alle Atomwaffen weltweit verboten und abgeschafft werden, und wir wollen damit vor der eigenen Haustür anfangen, in Büchel!

In der EU ist die Debatte längst im Gange, so fordert der polnische Ex-Präsident und rechte Chefideologe Kaczyiński in der FAZ: "Eine eigene Atommacht müsste mit Russland mithalten können."

Und auch im Bundestag gibt es Abgeordnete, die sich zu Wegbereitern einer EU-Atomstreitmacht machen, wie der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter. 

In den Medien läuft eine schräge Begleitmusik zu diesem Orchester. So schrieben Peter Dausend und Michael Thumann in DIE ZEIT (16.2.17): "Präsident Wladimir Putin hat die Nuklearwaffen neu entdeckt und sie vom letzten Mittel der Verteidigung zur taktischen Waffe im Krieg erklärt. Die russische Militärdoktrin von 2013 sieht den möglichen Einsatz von Nuklearwaffen nicht erst bei einem feindlichen atomaren Angriff vor, sondern schon in einem konventionellen Krieg, der für Russland existenziell zu werden droht. Russland baut auf Nuklearwaffen als integralen Teil seiner Militärstrategie, während der Westen sie als letztes Mittel sieht." 

Ich musste diese Passage zweimal lesen. Die renommierte Wochenzeitung verbreitet hier nichts anderes als Fake News. Die Autoren tun so, als gäbe es die Erstschlagsoption der gültigen US-Atomwaffendoktrin von Obama aus 2010 gar nicht. Sie konstruieren ein völlig irreales Bedrohungsszenario und eine angebliche russische Unberechenbarkeit.

Schon am 23. Januar hat sich der Politikwissenschaftler Maximilian Terhalle im Tagesspiegel apodiktisch zu Wort gemeldet: "Deutschland braucht Atomwaffen". Und er meint über Putin: " seine sogenannte europäische Friedensordnung von Wladiwostock bis nach Lissabon verbietet sich als außenpolitischer Grundrahmen für uns und nicht zuletzt die Osteuropäer. Hier geht es um die Essenz unserer vitalen Interessen und politischen Lebensvorstellungen."

Also kurz: Wenn Deutschland keine Atommacht wird, dann sind der Kapitalismus, die parlamentarische Demokratie und die abendländische Kultur in höchster Gefahr. Absurd!

Andersherum wird ein Schuh daraus: Wenn Deutschland, wenn die Bundesregierung, selbst nicht auf die Option der nuklearen Bedrohung verzichten will, dann verlieren wir politisch und moralisch jedes Recht, andere Länder zum Verzicht auf Atomwaffen aufzufordern. Das würde bedeuten, dass wir uns mit der Selbstvernichtung der Menschheit als realistischem Szenario für die nächsten hundert oder zweihundert Jahre abfinden, ja, dass wir die Wahrscheinlichkeit eines solchen Szenarios vervielfachen.

Wir, liebe Freundinnen und Freunde finden uns damit nicht und niemals ab!

Ich würde mir wünschen, dass sich auch die Organisatoren von "Pulse of Europe", die wöchentlich in Deutschland zu Demonstrationen für den europäischen Gendanken aufrufen, diese große Gefahr für ein europäisches Friedensprojekt zum Thema machen. Dass sie sich gegen die Aufrüstung und Militarisierung unseres Kontinents stellen und deutlich sagen: Wir wollen ein atomwaffenfreies Europa, ein Europa, das seine Verantwortung in der Welt mit friedlichen Mitteln wahrnimmt.

Wir wollen keinen neuen Kalten Krieg und keine Aufrüstungsspirale! Wir wollen gerechte Handelsbeziehungen mit den Ländern des Südens und keine ausbeuterischen Konzernschutzabkommen!

Liebe Freundinnen und Freunde, dafür lohnt es sich zu kämpfen und auf die Straße zu gehen. Heute, morgen und jeden Tag.

Frohe Ostern!