Anmerkungen auf die Antwort der Bundesregierung zur elektronischen Gesundheitskarte

von Kathrin Vogler
Elektronische Gesundheitskarte

Vorbemerkung: Das Bundesministerium für Gesundheit gibt zu, dass nach der Bundestagwahl trotz der vereinbarten Bestandsaufnahme nie davon abgerückt worden sei, den Basis-Rollout abzubrechen. Das von Rösler verkündete Moratoriums war offenkundig nur eine Farce.

Zu der Antwort (s.untenstehenden Link) auf meine Kleine Anfrage möchte ich hier einige Anmerkungen machen:

  • Antwort auf Frage 15: Zu den Kosten der eGK kann das BMG nichts sagen. Dennoch zeigt es sich von einem positiven Kosten-Nutzen-Verhältnis überzeugt und erwartet, dass der Nutzen der eGK deren Kosten refinanziert (siehe auch Frage 1).
  • Antwort auf Fragen 1, 27, 28 u.a.: Wurde früher von Ulla Schmidt gerne das elektronische Rezept als größter Vorteil für die Versorgungsqualität und Patientensicherheit dargestellt, so argumentiert das BMG heute anders, nämlich mit der schnelleren Verfügbarkeit von Notfall- und Patientendaten. Da das elektronische Rezept inzwischen auch auf Eis gelegt ist, musste sich auch die Argumentation der Befürworter ändern.
  • Antwort auf Frage 2: Im Praxistest stellte sich die PIN-Eingabe als ein großer Hemmschuh für die Anwendung der eGK dar. Nun wird diese vom BMG verbrämt als Instrument zur Ermöglichung der technischen Ausübung der Entscheidungsfreiheit bezeichnet. Zu befürchten ist allerdings, dass diese Entscheidungsfreiheit auch dahin interpretiert werden könnte, auf die PIN-Eingabe „freiwillig“ zu verzichten oder auf unsichere PINs wie das Geburtsdatum auszuweichen. Auch der erwünschte Überblick über das Behandlungsgeschehen und die Medikation kann nur dann geschaffen werden, wenn alle Patientinnen und Patienten „freiwillig“ alles speichern lassen und nicht von ihrem verbrieften Recht auf selbstbestimmten Umgang mit den Daten Gebrauch machen.
  • Antwort auf Frage 5: Das BMG gesteht ein, dass keine unabhängigen ExpertInnen an der Bestandsaufnahme im Rahmen des nach der Bundestagswahl ausgerufenen Moratoriums beteiligt waren.
  • Antwort auf Frage 8: Hinsichtlich der Auswertung der Praxistests der eGK ist die Interpretation aus dem Ministerium mehr spekulativ als wissenschaftlich fundiert. Wenn in 7 Regionen gerade 190 ÄrztInnen und mehr als 60.000 Versicherte beteiligt waren, jedoch insgesamt nur 4.300 Fragebögenrückläufe erfolgten, so ist das eine verschwindend geringe Quote. Damit sind Aussagen auf die Grundgesamtheit nur schwer oder gar nicht möglich. Aus einem Rücklauf von ca. 7 Prozent aller Befragten auch auf die restlichen 93 Prozent zu schließen und dann zu behaupten, die Mehrheit „aller Befragten“ hielte die eGK für sinnvoll, gehört eher in die Märchenstunde als in eine wissenschaftliche Auswertung.
  • Antwort auf Frage 14: Die Bundesregierung bestreitet, dass es aufgrund unzureichender Ausstattung mit Breitbandanschlüssen insbesondere im ländlichen Bereich Schwierigkeiten geben könnte mit der Datenübertragung. Vielleicht sollten sich die Ministerialbeamten öfter in das etwas entferntere Umland von Berlin begeben, um sich von der Realität auf dem Lande zu überzeugen. Eine verschlüsselte Kommunikation mit größeren Datenmengen wie Röntgenbildern benötigt mehr als eine 1Mbit-Leitung im Downstream und 128 kb im Upstream. Doch selbst diese eher langsamen Anschlüssen sind insbesondere in den ostdeutschen Bundesländer nur lückenhaft verfügbar (siehe Drs. 17/5588). Damit kann für viele Praxen in ländlichen Räumen eine Onlineanbindung der eGK absehbar nicht erfolgen.
  • Antwort auf Frage 20: Bei den so genannten Mehrwertdiensten, die die eGK erst lukrativ machen könnten, gibt sich das BMG bewusst uninformiert. In der Antwort auf Frage 26 gibt die Regierung allerdings zu, dass konkret daran gearbeitet würde, Mehrwertdienste zur Deckung eines wie auch immer gearteten Informationsbedarfs von nicht näher bezeichneten Unternehmen mittels der eGK zu realisieren.
  • Antwort auf Frage Nr. 24: Das BMG kann nicht beantworten, wie lange technische Doppelstrukturen notwendig sein werden.