Europa zivilisieren - Rüstungsexporte bannen

Kathrin Vogler
PresseRüstungsexporte

Die Europäische Union ist nicht nur ein zivilwirtschaftlicher “Global Player”. Auch auf dem Sektor der Rüstungsexporte ist sie weltweit führend. Im Extremfall treffen die Piratenjäger im Golf von Aden auf Schmuggelware, die sie gar nicht aufhalten wollen: Waffen made in Europe!

 

Die wirtschaftliche und die militärische Macht der EU sind nicht klar voneinander zu trennen. Zum einen beruht die wirtschaftliche Bedeutung der EU nicht unwesentlich auf ihren militärisch-industriellen Fähigkeiten. Rüstungsgüter „made in EU“ machen über ein Viertel der weltweiten Rüstungsexporte aus der EU haben die Exporte aus den USA auf Rang 2 verdrängt, führend sind hier Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Zum anderen dient Schaffung einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU und der Auf- und Ausbau eigener militärischer Fähigkeiten auch der Absicherung ökonomischer Interessen. Diese Tendenzen spiegeln sich im Vertrag von Lissabon einerseits mit der Einrichtung der EU-Rüstungsagentur wider, andererseits mit der expliziten Aufrüstungsverpflichtung für alle Mitgliedsstaaten.

 

Der aktuelle Militäreinsatz der EU am Horn von Afrika zeigt, in welche Richtung es geht: Neben der NATO, falls möglich mit ihr gemeinsam, falls nötig auch im Alleingang, sollen die militärischen Strukturen der EU Rohstoffe, Absatzmärkte und Handelswege sichern. Eine massive Einschränkung der Rüstungsexporte aus der EU, insbesondere auch der Exporte von Kleinwaffen, ist die Grundlage aller Gewaltprävention.

 

Die EU als Rüstungsexporteur Nummer Eins kann sich nicht mehr herausreden, was sie nicht liefere, das lieferten dann andere, sie ist zunächst gefordert, ihrer eigenen Verantwortung gerecht zu werden. Durch die multinationale Struktur vieler Rüstungsunternehmen werden die Einflussmöglichkeiten der Einzelstaaten beschränkt. Hier bedarf es EU-weiter Regelungen und EU-weiter Durchsetzungsmechanismen, um den Export von Waffen und Rüstungsgütern einzudämmen.

 

Dabei darf nicht darüber hinweggesehen werden, dass eine restriktive Rüstungsexportpolitik mit der wirtschaftsliberalen Zielsetzung der EU-Wirtschafts- und Handelspolitik in Widerspruch steht und deshalb schwer durchzusetzen sein wird. Die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise können zusätzlich dazu führen, dass die europäische Politik einen „Schutzschirm“ über die Unternehmen der Rüstungsbranche breitet, da die Arbeitsplätze dort durch die langfristige Auftragsvergabe und die weitgehende Konjunkturunabhängigkeit sicherer scheinen als in anderen, konsumabhängigen Branchen und zudem zusätzliche Militärausgaben, die im Rahmen der Auslandseinsätze anfallen, als „Wirtschaftsförderung“ verpackt öffentlich eher akzeptiert werden.

 

So sicherte sich das Bundesverteidigungsministerium aus dem II. Konjunkturpaket der Bundesregierung einen Zuschlag von 500 Millionen Euro, davon sollen 250 Millionen für zusätzliche Beschaffungen im Bereich Rüstungsgüter aufgewendet werden. Der grüne Bundestagsabgeordnete Omid Nouripour kritisierte "dass Ausgaben für eine Parlamentsarmee, die die Bundeswehr ist, offensichtlich am Parlament vorbei getätigt werden sollen", die linke Bundestagsabgeordnete Inge Höger nannte diesen Vorgang eine „klammheimliche Erhöhung der Verteidigungsausgaben“.

 

Dabei ist der Verteidigungsetat Deutschlands bereits vom vergangenen zu diesem Jahr um 5,6% angehoben worden - eine Folge der massiven Ausweitung von Auslandseinsätzen und eine Vorbereitung auf neue Militäreinsätze im Rahmen von EU und NATO. Dagegen gilt es im Vorfeld der Europa- und Bundestagswahlen aufzustehen - zum Beispiel bei den Protestaktionen gegen den NATO-Gipfel

 

Kathrin Vogler, Vorabdruck aus „Soziale Verteidigung“, 1/2009