"Da kommt ein Stein ins Rollen" - Interview mit dem Parlamentskreis Atomwaffenverbot

Für die Ostermarsch-Ausgabe der Kampagnenzeitung von "Abrüsten statt Aufrüsten" beantworten die Initiator*innen des Parlamentskreises Atomwaffenverbot, Ralf Kapschack (SPD), Kathrin Vogler (DIE LINKE) und Katja Keul (B90/Die Grünen), Fragen zum Stand der nuklearen Abrüstungsbemühungen nach Inkrafttreten des Atomwaffenverbotsvertrags.

Wie schätzen Sie die politische Situation nach dem Inkrafttreten des Atomwaffenwaffenverbotsvertrages ein? Was hat sich dadurch geändert?

Katja Keul: Das Inkrafttreten des VN-Atomwaffenverbotsvertrags am 22. Januar ist ein historischer Moment und ein wichtiger Schritt in Richtung einer atomwaffenfreien Welt. Der Vertrag verbietet den Vertragsstaaten Atomwaffen zu testen, zu entwickeln, zu produzieren, zu besitzen, weiterzugeben, zu lagern und einzusetzen. Gerade jetzt, in einer Zeit weltweiter Aufrüstung, wird damit ein wichtiges Zeichen gesetzt.

Kathrin Vogler: Mit dem Atomwaffenverbot kommt ein Stein ins Rollen. Der Atomwaffenverbotsvertrag unterstützt die Intention des Nichtverbreitungsvertrags und bringt wieder Schwung in die globalen nuklearen Abrüstungsbemühungen. Die Bundesregierung kann den Vertrag nicht länger ignorieren, sondern muss Position beziehen. Unser Ziel ist es daher, mit dem Parlamentskreis im Bundestag eine breite Unterstützung für den Verbotsvertrag aufzubauen.

Ralf Kapschack: Wir haben unseren Parlamentskreis im September 2019 gegründet, um aktuellen und ehemaligen Abgeordneten die Möglichkeit zu bieten, sich über Fraktionsgrenzen hinweg zu vernetzen und die nächsten Schritte in der nuklearen Abrüstung zu planen. Von diesem Forum können in der Zukunft wesentliche Impulse für einen Beitritt zum Verbotsvertrag ausgehen und wir freuen uns über viel Interesse und regen Zulauf.

Was muss jetzt getan werden, um die Bundesregierung zur Unterzeichnung zu bewegen?

Ralf Kapschack: „Initiativen auf kommunaler Ebene wie Mayors for Peace oder der ICAN-Städteapell werben für die deutsche Ratifizierung des Vertrags. 115 Städte und Gemeinden haben sich mittlerweile diesem Appell angeschlossen, darunter auch alle Landeshaupt-städte. Das sind wichtige Signale, die die Bundesregierung nicht einfach ignorieren kann. Deshalb ist es wichtig, diese Initiative „von unten“ zu verstärken. Immerhin hat sich der deutsche Außenminister inzwischen dafür ausgesprochen, dass die Bundesrepublik mit einem Beobachterstatus die weiteren Diskussionen im Rahmen des Vertrages begleitet.“

Katja Keul: Ob Nichtverbreitungs-, Verbotsvertrag oder Abzug der Atomwaffen aus Deutschland – im Kern geht es jedes Mal um den Irrglauben an die nukleare Abschreckung, an das Gleichgewicht des Schreckens, das uns angeblich Frieden und Stabilität verschafft. Ich finde die Vorstellung absurd, dass im Rahmen der nuklearen Teilhabe deutsche Piloten Atomwaffen aus Büchel Richtung Osten transportieren, um sie dort abzuwerfen und dadurch Tausende Menschen zu töten und alles über Generationen zu verseuchen. Umfragen zeigen, dass eine Mehrheit in Deutschland genauso denkt; diese Mehrheit muss sich auch in politischen Entscheidungen ausdrücken.

Kathrin Vogler: Es gibt faktisch keine rechtliche Hürde für die NATO-Staaten, auch nicht für Deutschland, dem Atomwaffenverbotsvertrag beizutreten. Deshalb ist es richtig, sich auf allen Ebenen für die Forderung stark zu machen, dass  Deutschland der Mehrheit der internationalen Staatengemeinschaft folgen und dem Atomwaffenverbotsvertrag beitreten soll. Deshalb unterstützen wir den Appell der Friedensbewegung, dass die nukleare Teilhabe zügig beendet und der Abzug der verbliebenen Atomwaffen aus Deutschland eingeleitet werden muss.

 

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Mehr Infos zum interfraktionellen Parlamentskreis Atomwaffenverbot:

22.01.2021: Parlamentskreis Atomwaffenverbot begrüßt Inkrafttreten des Atomwaffenverbotsvertrags
03.12.2020: "Atomwaffen abschaffen!" - Kathrin Vogler und Ralf Kapschack im Live-Gespräch
12.09.2019: Parlamentskreis für ein Atomwaffenverbot gegründet

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Die Ostermarsch-Ausgabe der Kampagnenzeitung der Initiative "Abrüsten statt Aufrüsten" (Ausg. Nr. 10) kann über den Webshop des Netzwerk Friedenskooperative  bestellt werden. Erbeten wird ein Kostenbeitrag: 50 Stück für 5 €, 100 Stück für 10 €, 200 Stück für 15 €, 500 Stück für 30 €, 1.000 Stück für 50 €.