Deutschland agiert als Atomlobbyist auf der PrepCom in New York

Pressemitteilung

Die ‚Initiative zur Nichtverbreitung und Abrüstung‘ (‚Non-Proliferation and Disarmament Initiative‘) wurde 2010 auf Initiative Australiens und Japans geschaffen, um die Ziele der Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrages (NVV) voranzutreiben. In der laufenden NPT-Konferenz irritiert das Staatenbündnis, in dem auch Deutschland Mitglied ist, mit einem Arbeitspapier, das für die "friedliche Nutzung der Atomenergie" wirbt. Eine Presseerklärung dazu von Kathrin Vogler.

Berlin, 30. April 2019. Kathrin Vogler, friedenspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, zeigt sich empört über das Agieren der Bundesregierung auf der laufenden Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrags (NPT PrepCom) der UNO in New York: „Gemeinsam mit mehreren anderen Staaten hat die Bundesregierung auf der PrepCom ein Arbeitspapier vorgelegt, das für eine ‚friedliche Nutzung der Nukleartechnologie‘ wirbt, um damit, so heißt es, das Erreichen der UN-Nachhaltigkeitsziele zu beschleunigen. Dieses Vorgehen ist nicht nur ein Rückfall in eine verantwortungslose Technikgläubigkeit, wie wir sie aus der Mitte des letzten Jahrhunderts kennen: Die Bundesregierung negiert damit alle in Deutschland mühsam erkämpften Erkenntnisse und Ergebnisse des deutschen Atomausstiegs!“ 

Die nukleare Katastrophe im japanischen Fukushima gab mit den Anstoß, dass der  Bundestag 2011 beschlossen hat, schrittweise aus der Nutzung der Kernenergie zur Stromerzeugung auszusteigen. Das letzte AKW soll spätestens 2022 vom Netz gehen. Die Regierungsparteien haben dieses Vorhaben im Koalitionsvertrag vom 7. Februar 2018 bekräftigt: ‚Wir werden den beschlossenen Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie bis Ende 2022 zielgerichtet vorantreiben.‘ Mit dieser Haltung teilt die Bundesregierung - zumindest auf dem Papier - die mehrheitliche Einstellung in der Bevölkerung: Eine Mehrheit von 76 Prozent* ist gegen den Gebrauch von Atomenergie in Deutschland.

Kathrin Vogler weiter: „Um so irritierender ist es, dass Deutschland Mitglied einer Gruppe von Staaten ist, die auf der NPT PrepCom in New York ein Arbeitspapier mit dem Titel ‚Förderung der friedlichen Nutzung der Nukleartechnologie: ein Instrument zur Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung‘ (‚Promotion of the peaceful use of nuclear technology: a tool to achieve the Sustainable Development Goals‘) vorgelegt haben.“

Die Gruppe, die sich ‚Initiative zur Nichtverbreitung und Abrüstung‘  (‚Non-Proliferation and Disarmament Initiative‘) nennt, schreibt in dem Papier u.a.: ‚Wir rufen die Vertragsstaaten dazu auf, den Fortschritt und das künftige Potenzial der friedlichen Nutzung und Anwendung der Nukleartechnologie bei der Erreichung eines breiten Spektrums an grundlegenden sozioökonomischen Grundbedürfnissen der menschlichen Entwicklung weltweit anzuerkennen. Dies umfasst die Bereiche Gesundheit von Mensch und Tier, ... Ernährung und Landwirtschaft, Wasserressourcenmanagement, Umwelt, Industrie ... und Energie.‘ Der ‚Initiative zur Nichtverbreitung und Abrüstung‘ gehören neben Deutschland an: Australien, Kanada, Chile, Japan, Mexiko, die Niederlande, Nigeria, die Philippinen, Polen, die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate.

Kathrin Vogler abschließend: „Es ist unfassbar, dass die Bundesregierung die UN-Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrags als Plattform für ein absurdes Atomenergie- und technik-Lobbying mißbraucht und damit nicht nur die geltenden Koalitionsvereinbarung, sondern sogar die Gesetzgebung im eigenen Land unterläuft. Anstatt sich in Deutschland weniger als halbherzig für den beschlossenen Atomausstieg einzusetzen und international sogar weiterhin Werbung zu machen für die tödliche und zerstörerische Nukleartechnik, sollte die Bundesregierung endlich die Lehren aus Hiroshima, Nagasaki, Three Miles Island, Tschernobyl und Fukushima ziehen und beherzt für ein Ende der Atomnutzung eintreten!  Diese unsägliche Werbeaktion im Rahmen der PrepCom in New York widerspricht nicht nur den hiesigen Vereinbarungen zum Atomausstieg und dem Koalitionsvertrag, sondern auch dem gesunden Menschenverstand und muss sofort gestoppt werden!“

* Quelle: STATISTA, 03.01.2019.

Zum Nachlesen: Working Paper der „Non-Proliferation and Disarmament Initiative“