Schluss mit den Militäreinsätzen, auch in Mali!

Rede im Bundestag

Obwohl sich die Situation in Mali immer weiter verschlechtert, soll der Einsatz der Bundeswehr im Rahmen des UN-Mandats MINUSMA wieder verlängert werden. Aber statt einer massiven ausländischen Militärpräsenz braucht auch Mali jetzt zivile und medizinische Unterstützung. Altruismus, Solidarität und Kooperation ebnen den Weg für gewaltfreie Konfliktlösungen. Deshalb: Schluss mir den Militäreinsätzen, auch in Mali!

Die Bundeswehr soll sich ein weiteres Jahr an der „Multidimensionalen Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali“ (Minusma) beteiligen. Ein entsprechender Antrag der Bundesregierung (19/19004) stand am Mittwoch, 13. Mai 2020, in erster Lesung auf der Tagesordnung des Bundestages. Nach halbstündiger Aussprache wurde der Antrag zur weiteren Beratung in den federführenden Auswärtigen Ausschuss überwiesen.

 

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Redetext:

Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen!

Wir stecken gerade in einer gigantischen globalen Krise, die weltweit Leben und Gesundheit von Millionen von Menschen bedroht, und trotzdem vergeht keine Sitzungswoche, in der wir hier nicht über die Verlängerung oder Neueinsetzung von Militäreinsätzen beraten, wie jetzt heute über den Einsatz von MINUSMA in Mali.

Meine Damen und Herren von der Bundesregierung, ich finde ja, Sie müssten dringend mal an Ihren Prioritäten arbeiten. Ich könnte mich jetzt hier drei Minuten mit der desaströsen Sicherheitslage für die Zivilbevölkerung in Mali auseinandersetzen, wo seit 2012 die Zahl der bewaffneten Milizionäre von einigen Tausend auf viele Zehntausend, vielleicht auf über hunderttausend angestiegen ist. Und ich könnte dann fragen, warum ein Militäreinsatz, der seine Ziele so wenig erreicht wie MINUSMA, dennoch Jahr um Jahr verlängert und auch ausgeweitet wird. Aber dazu hat meine Kollegin Christine Buchholz schon eine Menge gesagt.

(Alexander Graf Lambsdorff (FDP): Das war auch schon falsch!)

Ich will mal eine ganz andere Frage stellen: Müssten wir nicht jetzt einmal die alten Muster verlassen und überlegen, was eigentlich vor Ort akut am dringendsten gebraucht wird?

(Beifall bei der LINKEN -Dr. Johann David Wadephul (CDU/CSU): Ja! Sicherheit!)

Angesichts der Bedrohung durch Covid-19 rät sogar die Stiftung Wissenschaft und Politik der Bundesregierung mit dem Blick auf Mali:

Das Hauptaugenmerk sollte vorerst auf zivilen und medizinischen Projekten liegen, weniger auf militärischen Fähigkeiten.

Richtig so!

(Beifall bei der LINKEN)

Wie so viele Konflikte wird ja auch der in Mali ganz entscheidend davon befeuert, dass die Zentralregierung von den Menschen in der Fläche des Landes nicht als Garant ihrer menschlichen Grundbedürfnisse wahrgenommen wird. Eine funktionierende Basisgesundheitsversorgung in allen Teilen des zerrissenen Landes, zu der alle Menschen, gleich welcher Herkunft, welcher Ethnie, welchen Glaubens unbewaffnet den gleichen kostenlosen Zugang hätten, würde Mali vermutlich mehr stabilisieren, als es die massive ausländische Militärpräsenz seit acht Jahren dort tut.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Prinzipien einer medizinischen Ethik, diese Prinzipien von Altruismus, Solidarität und Kooperation, die dafür benötigt und dadurch gestärkt werden, könnten soziale Beziehungen stärken und die Menschen zu gewaltfreien Konfliktlösungen befähigen.

Die zentrale Frage für mich dabei ist doch: Wie logisch ist es eigentlich, dass zivile und medizinische Projekte von Militärs aufgebaut werden sollen, die doch für ganz andere Aufgaben ausgebildet wurden? Warum machen das nicht Fachleute? Ich finde, wir sollten es Fachleute machen lassen.

(Beifall bei der LINKEN)

Dafür gibt es auch Beispiele. Das arme Kuba zum Beispiel unterstützt mit medizinischem Personal und Ausrüstung gerade 60 Länder in der ganzen Welt bei der Bewältigung der Coronakrise. Warum können wir als eines der reichsten Länder der Welt das eigentlich nicht tun?

(Beifall bei der LINKEN)

In unserem Land fehlen Hunderttausende Pflegekräfte in Kliniken und Senioreneinrichtungen. Aber die Bundeswehr benutzt im Augenblick die Coronakrise, um bei 16-Jährigen für den Dienst an der Waffe zu werben.

(Alexander Graf Lambsdorff (FDP): Oh Gott!)

Wann eigentlich schreibt die Bundesregierung alle Schulabgängerinnen an, um sie für die Gesundheitsberufe zu begeistern? Das wäre doch mal Prioritäten, die wir jetzt brauchen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Frau Vogler, denken Sie bitte an die Redezeit.

Kathrin Vogler (DIE LINKE):

Ja, vielen Dank. - Es ist Zeit zum Umdenken. Beenden Sie die Militäreinsätze!

(Beifall bei der LINKEN - Dr. Johann David Wadephul (CDU/CSU): Das ist unglaublich, was Sie uns zumuten! Alles falsch! Das Mandat der Vereinten Nationen kam überhaupt nicht vor! Unglaublich!)