Mehr Transparenz bei der Impfstoffbeschaffung!

Presse-Echo

Dass die reichen Industrieländer vorab Impfdosen für ein Mehrfaches der eigenen Bevölkerung zu hohen Preisen bestellen, während die Mehrheit der Menschen im Globalen Süden noch immer auf die erste Impfung wartet, ist völlig verantwortungslos. Die ARD berichtet exklusiv über Kathrin Voglers aktuelle Kleine Anfrage.

In der gerade anlaufenden Booster-Kampagne vergangenen November schreckte der damals geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Impfwillige und Ärzt*innen mit zwei Nachrichten auf: Jede Praxis bekomme nur noch 30 Biontech-Impfdosen pro Woche und bestellen solle man nun stattdessen den Impfstoff von Moderna, denn der laufe bald ab. Damit war der vorläufige Tiefpunkt der von organisatorischen und politischen Patzern geprägten staatlichen Krisenkommunikation im Umgang mit Corona erreicht. Kathrin Vogler, gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, hat mit ihrer Kleinen Anfrage "Impfstoffmangel in Deutschland" versucht, den Verbleib bestellter und bezahlter Impfstoffdosen herauszufinden und stellt fest:

„Das Impfstoff-Management der Bundesregierung war und bleibt intransparent. Schon die Antwort auf Frage nach den Mengen der bisher ausgelieferten und verimpften Vakzine wirft Fragen auf: Der Bundestag hat bis Mitte Dezember 2021 insgesamt 11 Mrd. Euro für die Beschaffung von - nach Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) – bis zu 727 Millionen Impfstoffdosen gegen COVID 19 bewilligt. Insgesamt spricht die Bundesregierung jetzt von bis zu 663,9 bestellten Impfdosen für die Jahre 2021-2023. Das wären pro Kopf der Bevölkerung, vom Baby bis zum Greis, fast 8 Dosen Corona-Impfstoff, mit einem Durchschnittspreis von 18,80€.“

Ausgeliefert wurden laut RKI-Impfdashboard von Dezember 2020 bis Januar 2022 lediglich ca. 179,6 Mio. Dosen; verimpft wurden davon 89,3 %, also ca. 160,4 Millionen. 95,4 Millionen Dosen wurden an die COVAX-Faszilität für die Länder des globalen Südens übertragen, weitere 7,5 Mio. an andere Länder bilateral verschenkt.

Der Verbleib bzw. die Verwendung von 380 Millionen Dosen, deren Lieferung teilweise auch noch aussteht, ist derzeit also unklar. Dabei handelt es sich immerhin um mehr als das Doppelte der Impfstoffmenge, die bis heute in Deutschland verwendet wurde.

Auch zwischen den in Deutschland bis Mitte Januar 2022 ausgelieferten und verimpften Dosen bleibt eine Differenz von 19,2 Millionen Impfdosen im Wert von ca. 361 Mio. Euro. (Im Vergleich: Nigeria mit über 200 Millionen Einwohner*innen hat bisher weniger Impfdosen verteilen können. Quelle)

Kathrin Vogler dazu: „Was mit diesen Impfdosen geschehen ist, wo sie geblieben sind, das weiß das Ministerium von Karl Lauterbach trotz lautstark angekündigter „Inventur“ offenbar nicht. Das ist auch vor dem Hintergrund skandalös, dass das Entstehen der Omikron-Variante seine Wurzel vor allem in der global ungerechten Verteilung von Impfstoffen hat. Die reichen Länder, unter ihnen Deutschland, leisten sich Verschwendung und Verderb wertvoller Impfstoffe, während in den Ländern Afrikas gravierender Impfstoffmangel fortbesteht. Selbst gespendete Impfdosen landen in Afrika teilweise nicht in der Versorgung, sondern im Abfall, weil diese erst kurz vor dem Verfallsdatum abgegeben wurden. Quelle

Eine Pandemie kann aber nur durch globale Gerechtigkeit und entschlossenes Handeln gestoppt werden.

Auch im eigenen Land versagt die Bundesregierung dabei, den Zugang zu Impfstoffen transparent und gerecht zu regeln. Dass es bei der Booster-Kampagne zu einem regelrechten Run auf die vorhandenen Impfdosen von Biontech/Pfizer kam, während der ebenfalls sehr gute Moderna-Impfstoff wie ein Ladenhüter behandelt wurde, ist vor allem Jens Spahn zuzurechnen. Aber dass es trotz detaillierter Nachfragen keine überzeugende Erklärung für den Verbleib von zig Millionen Impfstoffdosen gibt, dafür trägt jetzt Karl Lauterbach die Verantwortung.

Vor diesem Hintergrund ist die Weigerung der Ampel-Koalition, die Patente auf Impfstoffe, Medizinprodukte und Medikamente während der Pandemie freizugeben, besonders kurzsichtig. Solange die Produktionskapazitäten der Pharmaunternehmen vor allem für die Versorgung der zahlungskräftigen Industrieländer genutzt werden, die dann noch nicht einmal sorgsam mit dem knappen Gut umgehen, riskieren wir global eine neue Virusvariante nach der anderen, welche die Immunantwort von Geimpften und Genesenen umgehen kann. Auch mit nationalen Impfpflichten wie in Österreich oder Italien wird man sich von diesem Prozess nicht abkoppeln können. DIE LINKE fordert das Recht auf Corona-Impfungen für alle.“

 

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