Lücke bei den Wohnkosten im Arbeitslosengeld II im Kreis Steinfurt

„Im Kreis Steinfurt klafft eine riesen Lücke zwischen den tatsächlichen Unterkunftskosten von SGB-II-Beziehenden und dem, was das Jobcenter übernimmt. Mehr als jede vierte Bedarfsgemeinschaft (27,7 Prozent) musste 2017 einen Teil vom künstlich klein gerechneten Existenzminimum abknapsen, um ein Dach über dem Kopf zu haben. Im Schnitt wuchs der Differenzbetrag von anerkannten und tatsächlichen Kosten der Unterkunft (KdU) für die Betroffenen in den letzten drei Jahren von 106 auf 113 Euro“, sagt Kathrin Vogler, LINKE Bundestagsabgeordnete aus dem Kreis Steinfurt. Die Zahlen veröffentlichte die Bundesregierung auf eine Anfrage der LINKEN im Deutschen Bundestag (Drucksache 19/3073).

Im Bundesdurchschnitt waren 18 Prozent der Bedarfsgemeinschaften mit durchschnittlich 80 Euro pro Monat betroffen. „Der Kreis Steinfurt sticht deutlich hervor. Hier behält das Jobcenter besonders vielen Hartz-IV-Beziehenden Geld vor, weil deren Wohnungen angeblich zu teuer sind. In der Summe waren es 2017 über 4,5 Millionen Euro", kritisiert Vogler. "Die gegenwärtigen Regelungen zur KdU müssen vor Ort umgehend auf den Prüfstand. Auf Bundesebene müssen die Verfechter dieser verfehlten Politik zur Einsicht kommen, dass Hartz IV gescheitert ist und grundsätzlich abgeschafft gehört. Stattdessen braucht es eine sanktionsfreie Mindestsicherung, zielgerichtete Arbeitsmarktpolitik und eine eigenständige Kindergrundsicherung von etwa 600 Euro, ergänzt durch ein reformiertes Wohngeld bei hohen Mieten.“

Die Höhe des Existenzminimums setzt sich zusammen aus dem Regelbedarf von derzeit 424 Euro und den Kosten der Unterkunft. Letztere werden übernommen, sofern sie angemessen sind. „Sicherlich kann es mal vorkommen, dass jemand lieber einen Teil des Regelbedarfs aufwendet, um dafür eine größere Wohnung zu bewohnen. Bei der im Kreis Steinfurt vorherrschenden Masse an Fällen liegt allerdings die Vermutung nahe, dass viele Bedarfsgemeinschaften die finanziellen Einbußen in Kauf nehmen müssen, weil geeigneter Wohnraum schlicht nicht verfügbar ist. Hier muss das Jobcenter seine Richtlinien für die Angemessenheit der Unterkunftskosten schnellstens an den realen Begebenheiten auf dem Wohnungsmarkt anpassen und gleichzeitig muss der öffentlich geförderte Wohnungsmarkt wieder reaktiviert werden. Es kann nicht sein, dass seit über drei Jahren konstant über 3.300 Bedarfsgemeinschaften Kürzungen an ihrem Bedarf für Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Strom und für die Bedürfnisse des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch für Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben hinnehmen müssen.“