Kathrin Vogler: Stoppt den Bundeswehr-Einsatz mit UNMISS in Südsudan!

Kathrin Vogler

11.02.2021 - UNMISS bildet Ex-Milizionäre für den Dienst im Militär, in der Polizei und im Geheimdienst aus, anstatt sie zu entwaffnen und in die Zivilgesellschaft zu integrieren. Dieser Ansatz ist falsch! Die ehemaligen Kämpfer brauchen zivile Jobs, von denen sie leben können. Nur so hat das Land eine Chance auf Frieden.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bundesregierung beantragt, den Einsatz der Bundeswehr im Südsudan um ein weiteres Jahr zu verlängern. Im Gegensatz zu Einsatzländern wie Afghanistan oder Mali ist der Südsudan weniger im Fokus der Öffentlichkeit, was daran liegen mag, dass derzeit nur elf Bundeswehrangehörige in der UN-Mission UNMISS eingesetzt werden, die insgesamt 16 940 Personen umfasst. Trotzdem finde ich es richtig, mal einen kritischen Blick auch auf diese Militärmission zu werfen, an der sich Deutschland jetzt seit 2005 – einschließlich UNMIS – beteiligt.

Der Südsudan ist erst vor zehn Jahren, nach Jahrzehnten eines blutigen Bürgerkriegs, vom Sudan unabhängig geworden. Doch die ersehnte Unabhängigkeit brachte keinen Frieden. Schon 2013 zerbrach die Regierung in verschiedene Fraktionen und die Armee in verschiedene Milizen, die um Macht und Einnahmen aus dem Ölgeschäft kämpfen. Der Südsudan ist nämlich ein reiches Land mit vielen Ölquellen, doch der Reichtum landet ausschließlich in den Händen korrupter und unfähiger Eliten, von Gaunern und Milizenführern. Und das Volk hungert und leidet, und es flieht: Von 12 Millionen Menschen sind 4 Millionen auf der Flucht, entweder in den Nachbarländern oder innerhalb des Landes.

Das jüngste Friedensabkommen steht auf des Messers Schneide, nicht nur, weil es nicht ordentlich umgesetzt wird, sondern auch, weil seine Umsetzung die Gefahr weiterer bewaffneter Konflikte verschärft. Das will ich kurz erklären: 83 000 Kämpfer der verschiedenen Milizen sollen in den Staatsapparat, ins Militär, in die Polizei, in den Geheimdienst, integriert werden, und das in einem Staat, der de facto pleite ist. Zu den Aufgaben von UNMISS gehört die Ausbildung und Ausstattung dieser Einheiten, aus denen bei Bedarf im Handumdrehen wieder Milizen werden können, wenn der Staat sie zum Beispiel nicht bezahlt. Meine Damen und Herren, das ist wirklich absurd.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn die UNO-Soldaten tatsächlich die Zivilbevölkerung vor Gewalt schützen sollten, dann müssten sie sehr oft gegen diesen Staatsapparat vorgehen. Mit dem müssen sie aber kooperieren. Dieser ganze Ansatz, meine Damen und Herren, ist einfach falsch.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Milizen müssen entwaffnet werden, und die Kämpfer brauchen zivile Jobs, von denen sie leben können. Zu tun wäre genug: Straßen, Schulen oder Gesundheitsstationen bauen, Häuser reparieren, Stromleitungen legen, Abwasserkanäle graben oder Schwerter zu Pflugscharen schmieden. Solange das nicht geschieht, wird der Südsudan nicht zur Ruhe kommen.

Morgen, meine Damen und Herren, ist der Red Hand Day, der weltweite Tag gegen den Einsatz von Kindersoldaten. Und morgen wird UNICEF wieder bekannt geben, welche Projekte zur Befreiung und Reintegration von Kindersoldaten sie einstellen müssen, weil die Finanzierung fehlt. Im Südsudan sind diese Projekte die einzige Hoffnung für Tausende traumatisierter Kinder und Jugendlicher, die entführt, gefoltert und vergewaltigt und zum Töten abgerichtet wurden. Ist es dann nicht absurd, dass die UNO für Militärmissionen Pflichtbeiträge erhebt, aber das Kinderhilfswerk um jeden Cent betteln muss? Meine Fraktion wird sich damit nicht abfinden. Wir sagen: Keinen Menschen, keinen Cent für den Krieg, aber alles für die Kinder dieser Welt!

(Beifall bei der LINKEN)