Kathrin Vogler: Zivile Hilfe statt Bundeswehreinsatz im Südsudan

Kathrin Vogler

Seit 2011 soll der UNMISS-Blauhelmeinsatz die Zivilbevölkerung im Südsudan schützen. Doch die inzwischen 17.000 UN-Soldaten konnten den wiederholten Ausbruch des Bürgerkriegs im Südsudan nicht verhindern. Es gelingt den Blauhelmen auch nicht, zuverlässig die Zivilbevölkerung zu schützen. Dennoch wird die Beteiligung der Bundeswehr jedes Jahr im Bundestag verlängert. In meiner Rede erläutere ich mein Nein zum Bundeswehreinsatz fordere effektive zivile Hilfe für die Menschen vor Ort.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Wir stimmen hier heute über die deutsche Beteiligung an der UN-Mission UNMISS im Südsudan ab. Dabei ist interessant, dass die Bundesregierung uns den Antrag schon am 7. März 2018 vorgelegt hat, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen das überarbeitete Mandat für UNMISS allerdings erst am 15. März 2018 beschlossen hat. Die Bundesregierung meint aber wohl, dass die Überprüfung der Mission keine Auswirkungen auf den Einsatz der Bundeswehr haben wird. Mit anderen Worten: Sie machen einfach weiter so. Wir meinen, die Lage im Südsudan rechtfertigt dieses Weiter-so nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Lage ist durchaus ernst. Der politische Prozess stockt. Die Konfliktparteien kommen in den Verhandlungen kaum voran, und in der Zwischenzeit geht das Morden weiter. Ich zitiere einmal aus der Mandatsbegründung der Bundesregierung:

"Humanitäres Völkerrecht und Menschenrechte wurden und werden massiv verletzt: Von ursprünglich gut 12 Mio. Einwohnern sind aktuell 7 Mio. auf humanitäre Hilfe angewiesen, darunter knapp 2,5 Mio. Flüchtlinge in den Nachbarstaaten und 1,9 Mio. Binnenvertriebene."

Auch die Menschenrechtslage bleibt desaströs:

"UNMISS und Nichtregierungsorganisationen berichteten wiederholt von weitverbreiteter und systematischer sexueller Gewalt, Verstümmelungen und Morden als Kriegstaktiken, brutalen Mitteln ethnischer Auseinandersetzungen und Racheakten."

So schreibt die Bundesregierung.

Ich sage Ihnen: Diese Mandatsbegründung ist doch ein Dokument des Scheiterns. Das müssen Sie endlich einmal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Während die Bevölkerung leidet, schwelgen die korrupten Eliten dieses Landes in unglaublichem Reichtum. Der Report von The Sentry mit dem Titel „Kriegsverbrechen sollten sich nicht lohnen“ zeigt auf, wie Südsudans Präsident Salva Kiir von diesem Krieg profitiert. Seine Frau und seine Söhne halten Anteile an Öl-, Bau- und Logistikfirmen. Die Familie wohnt nicht etwa im Südsudan, sondern in einer Villa im Nobelviertel Lavington der kenianischen Hauptstadt Nairobi. Und die Familie von Riek Machar, seinem Rivalen und Bürgerkriegsgegner, wohnt nur ein paar hundert Meter weiter in einer ähnlichen Luxusvilla.

Da frage ich doch die Bundesregierung, warum sie die in der Studie vorgeschlagenen Maßnahmen nicht verfolgt. Warum setzen Sie denn verdammt noch mal die Instrumente, die es gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung schon gibt, nicht gegen die Hauptverantwortlichen dieses Bürgerkriegs und deren Geschäftspartner ein?

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Diese Leute – da rede ich über Straflosigkeit, Herr ­Faber – dürfen doch nicht mehr sicher sein, dass sie für ihre Verbrechen nicht zur Rechenschaft gezogen werden und dass sie ein Leben in Saus und Braus führen, während ihr Volk verblutet und verhungert.

Es gibt noch mehr, was wir tun könnten. In den Leitlinien für Krisenprävention und Friedensförderung greift die Bundesregierung das unbewaffnete zivile Peacekeeping als Instrument zum Schutz der Zivilgesellschaft auf. Gerade der Südsudan eignet sich hervorragend als Pilotprojekt für eine großflächigere Anwendung dieses Konzepts, weil es da ja schon beeindruckende Erfahrungen damit gibt. Die ersten Anfänge konnte ich selber 2011 bei einem Besuch im Südsudan erleben.

Wie sieht das aus? Da werden zum Beispiel Frauen von ausgebildeten Friedensfachkräften zum Feuerholzsammeln begleitet, damit sie nicht vergewaltigt werden. Lokale Gemeinschaften erhalten Training und Beratung zum Umgang mit Nachbarschaftskonflikten, sodass der Kreislauf der Gewalt durchbrochen wird. Die zivilen Friedensschützer leben mit den Menschen und kennen daher die Sicherheitsbedürfnisse und die Probleme genau – viel besser als die UN-Soldaten in ihren gesicherten Camps und gepanzerten Fahrzeugen. Da frage ich mich: Warum probieren wir nicht einmal aus, was dieses Instrument leisten könnte, wenn es nicht nur mit Kleckersümmchen von Spendern finanziert würde, sondern ein richtiges Budget von der UNO oder der Bundesregierung bekäme?

(Beifall bei der LINKEN)

Ich komme zum Schluss.

Der Einsatz von Militär in Gewaltkonflikten wie im Südsudan ist weder besonders wirksam noch alternativlos. Deswegen lehnt Die Linke dieses Mandat ab.

(Beifall bei der LINKEN)