Revolution oder Staatsstreich - Was ist los in der Ukraine?

Zum zweiten linken Feierabendtalk kamen am 27. März über zwanzig Interessierte in die Kreisgeschäftsstelle der LINKEN nach Rheine. Dort nutzten sie die Gelegenheit, mit zwei Bundestagsabgeordneten der LINKEN über die aktuelle Krise nach dem Machtwechsel in der Ukraine den Anschluss der Krim an Russland  und die Sorgen vieler Menschen vor einem neuen Kalten Krieg zu sprechen.

Sevim Dagdelen, für DIE LINKE im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags, war von ihrer hiesigen Abgeordnetenkollegin Kathrin Vogler als Expertin eingeladen worden und stand fast zwei Stunden lang Rede und Antwort. Ihr Tenor: "Man muss kein Putinversteher sein, um die Sicherheitsinteressen Russlands ernst zu nehmen." Das "gemeinsame Haus Europa", das nach dem Ende der Blockkonfrontation entstehen sollte, sei durch die aktuelle Eskalationsstrategie des Westens in Gefahr.

Mit Blick auf die Krim und die Beziehung der EU zu Russland ergänzte Kathrin Vogler: „Sanktionen wurden schon oft verhängt. Doch haben sie, vielleicht mit Ausnahme von Südafrika, nie das bewirkt, was sie sollten.“ Dagdelen verwies darauf, dass es kontraproduktiv sei, alle Gesprächsfäden nach Russland zu kappen, die es etwa im Europarat noch gäbe. Beide Politikerinnen warben dafür, schnellst möglich wieder an den Verhandlungstisch zurück zu kehren.

„Es ist vollkommen inakzeptabel, dass die Bundesverteidigungsministerin von der Leyen die Situation mit ihren Äußerungen weiter anheizt,“ kritisierte Dagdelen. Von der Leyen hatte zuvor geäußert, dass die Nato „kein Bündnis nur auf dem Papier“ sei. Deswegen müsse nun die Ostgrenze der Natostaaten stärker mit Truppen bestückt werden. Diese Forderung der Bundesverteidigungsministerin mache deutlich, führte Dagdelen aus, warum ein Austritt Deutschlands aus der Nato unbedingt notwendig sei. „Wenn man in diesen militärischen Strukturen Mitglied ist, gibt es einen Automatismus, der uns im Zweifelsfall zu kriegerischen Handlungen zwingt, wo Diplomatie und Besonnenheit geboten wären.“

„Man muss wissen, dass die Ängste vor einer Einkreisung durch die Nato sind für Viele in Russland real sind,“ ergänzte Kathrin Vogler. Schließlich sei das einst ausgehandelte 4 zu 2 Abkommen durch die Ausweitung der Nato und durch die Stationierung von Raketen in den östlichen Natostaaten gebrochen worden. Dabei stellte die Abgeordnete klar: „Das soll das Vorgehen Russlands nicht rechtfertigen, aber muss das berücksichtigen wenn man zu einer nachhaltigen Lösung kommen will.“

"Es war ein Protest gegen den Gauner Janukowitsch, aber leider angetrieben durch andere Gauner,“ erklärte Sevim Dagdelen ihre kritische Haltung zur neuen Regierung in der Ukraine. „Erstmals seit 1990 wurde in Europa ein Umsturz unter Einbeziehung von rechtsextremen Kräften akzeptiert. Die faschistische Swoboda-Partei besetzt wichtige Schaltstellen der Regierung und im Sicherheitsapparat.“ Die jetzige Bundesregierung bewerte diese Partei vollkommen anders als die Vorgängerregierung: „Während die schwarz-gelbe Regierung im August 2013 der Swoboda-Partei eine rechtsextreme Gesinnung attestierte, will die große Koalition heute nur noch von Rechtspopulisten reden.“ Eine kürzlich von ihr gestellte Anfrage an die Bundesregierung offenbarte das.


Als Lösungsstrategie für den Konflikt in und um die Ukraine schlägt DIE LINKE vor, zunächst die Sanktionen gegen Russland zurückzunehmen, um wieder Raum für Gespräche zu schaffen. Russland sei aufgefordert, auf weitere militärische Drohungen zu verzichten und die Ukraine als souveränen Staat anzuerkennen. Die Ukraine solle in ihrer Rolle als Brücke zwischen EU und Russland gestärkt und eine NATO-Mitgliedschaft ausgeschlossen werden. Statt Abkommen und Verträge mit der Übergangsregierung abzuschließen, solle die EU die Vorbereitung demokratischer Wahlen in der Ukraine unterstützen. Außerdem müsse darauf bestanden werden, dass in der Ukraine faschistische Organisationen und Parteien, paramilitärische Einheiten und andere illegale bewaffnete Formationen aufgelöst werden.