Liebe Leserin, lieber Leser,
2024 ist ein Jahr voller Dramatik. Politische, soziale und ökologische Krisen scheinen uns über den Kopf zu wachsen. Woher soll man in solchen Zeiten Hoffnung und Zuversicht schöpfen, wenn nicht aus der Klugheit der Menschen und ihrer Fähigkeit zu gegenseitiger Zuneigung, Empathie und Solidarität? Ich bin tief überzeugt, dass wir als Menschheit schon jetzt alles an Wissen und Wohlstand besitzen, um Krieg, Not und Unterdrückung zu überwinden und miteinander und mit unserem Planeten in Frieden und Gerechtigkeit zu leben. Die Weihnachtsgeschichte erzählt von einem Kind, geboren in einem Stall, das zum Heilsbringer erkoren ist. Ich glaube nicht an den einen Heilsbringer oder die eine Heilsbringerin, die uns von allem Übel erlösen wird. Mitmenschlichkeit und gesellschaftlicher Zusammenhalt sind das Einzige, was uns vor uns selbst retten kann. Es ist alles in uns, wir müssen aber täglich daran arbeiten, diese Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Zu dieser Arbeit gehört auch, miteinander zu feiern, uns umeinander zu kümmern und unseren Nächsten eine Freude zu bereiten. Deswegen werde ich auch dieses Jahr wieder das Geld spenden, das ich durch den Verzicht auf Weihnachtskarten spare, damit arme Familien ein schönes Fest haben können. Diesmal geht es an den Verein "Eine Sorge weniger" für das Projekt "Bratenpaten", das Armutsbetroffenen einen Zuschuss für Lebensmittel zum Weihnachtsfest zukommen lässt. Ich finde ja weiterhin, dass solche Spenden überflüssig sein sollten, weil alle Familien in diesem Land genug haben, um auch schöne Feste miteinander zu feiern. Angesichts der zunehmenden Stigmatisierung und Ausgrenzung von Armutsbetroffenen befürchte ich allerdings, dass wir dahin noch einen langen Weg gehen und harte Kämpfe ausfechten müssen.
Allein die perverse Idee von Friedrich Merz, die Wohnkosten für Menschen im Sozialleistungsbezug zu pauschalieren, zeugt von einer tiefen Verachtung für Armutsbetroffene. Denn natürlich können Menschen, die wegen zu geringer Löhne aufstocken müssen, nicht einfach aufs Land ziehen und ihren Job aufgeben, Alleinerziehende nicht einfach ihre Kinder umschulen und Menschen mit Behinderungen nicht von Dortmund nach Olsberg im Hochsauerlandkreis umziehen, wo sie weder eine barrierefreie Wohnung noch barrierefreien Nahverkehr vorfinden. Es geht also um eine Kürzung des Existenzminimums für Menschen, die ihren Wohnort gar nicht frei wählen können, und Privatflieger Merz weiß das genau. Leider kommt dieser Zynismus und diese Verachtung immer tiefer in der Mitte der Gesellschaft an und das schadet uns allen! Dass insgesamt die Zufriedenheit und das "Bruttosozialglück" mit zunehmender Ungleichheit in einer Gesellschaft abnimmt, ist inzwischen empirisch belegt. Wenn ihr also über die Feiertage Unzufriedenheit und Traurigkeit empfindet, liegt das vielleicht nicht an euch, sondern an dem Zustand der Gesellschaft, deren Teil ihr seid. Ich werde daher nicht aufhören, gegen Ungleichheit und Ausgrenzung zu kämpfen, auch wenn ich gerade dabei bin, meinen Abschied aus dem Deutschen Bundestag vorzubereiten. Der war lange geplant und kommt jetzt doch überraschend früh. Ich habe mich schon zu Beginn dieser Legislaturperiode entschieden, dass es meine letzte sein wird. Abgeordnete zu sein, ist ein Dienst an der Demokratie, für die Menschen, die ich vertreten darf und für meine Partei, die mich dafür nominiert hat. Es ist aber immer ein Dienst auf Zeit. Nach 15 Jahren als Bundestagsabgeordnete mache ich jetzt Platz für Neue. Es war nicht immer nur ein Vergnügen, diese Aufgabe auszufüllen, aber immer eine Ehre. Ich bin dankbar für viele großartige Menschen, die ich dabei kennenlernen durfte und für viele kleine und größere Probleme, an deren Lösung ich mitarbeiten durfte. Ich werde mich nach der Bundestagswahl im Februar dann ganz auf mein Amt als Landessprecherin der Linken in NRW konzentrieren. Und hoffentlich bleibt daneben auch etwas Zeit, einige dieser großartigen Menschen wiederzutreffen. Das hier ist jetzt noch nicht der Abschied. Mein Team und ich werden euch bis zur Bundestagswahl weiter mit Informationen aus dem Bundestag, dem Gesundheitsausschuss und der Gruppe der Linken versorgen. Danach hoffe ich, als Ehemalige einer starken neuen Linksfraktion Starthilfe geben zu dürfen. Ich wünsche euch und Ihnen allen ein schönes Fest, geruhsame Feiertage und ein friedlicheres 2025.
Mit den kuscheligsten Weihnachtsgrüßen
Eure Kathrin
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