Liebe Leserin, lieber Leser,
ich musste erst noch einmal auf meiner Website nachschauen, wann eigentlich mein letzter Newsletter erschienen ist. Tatsächlich, das war noch vor dem Ampel-Aus. So viel ist in diesen wenigen Wochen geschehen und doch ist so viel Nötiges liegengeblieben.
Es fühlt sich schon ein bisschen so an, als wären wir in einer Matrix gefangen: Politik als Hütchenspiel oder als Mikado, wo der, der etwas berührt, das sich dann bewegt, verloren hat, das kam in meiner Vorstellungswelt bisher nur am Rande vor. Dass die FDP keine seriöse Partei ist, sondern so etwas wie ein Club narzisstischer Jünglinge mit sozialen Defiziten, das war mir ja schon klar. Aber dass die Grünen ihren Spitzenkandidaten mit Taylor-Swift-Armbändchen inszenieren und die SPD in ihrer Kampagne mal wieder mit der Deutschlandfahne wedelt und ihren Verteidigungsminister im Kampfanzug inszeniert, während das Bündnis Sahra Wagenknecht in Brandenburg mit derselben SPD einen Koalitionsvertrag unterschreibt, der der Bundeswehr Zutritt zu Schulen nicht nur im Rahmen politischer Bildung, sondern ganz explizit zur „Nachwuchswerbung“ gewährt – all das ist in meiner politischen Vorstellungswelt bisher nicht vorgekommen.
Während das ganze Land darüber diskutiert, wer wann welches Strategiepapier verfasst oder welche Rede vom Teleprompter abgelesen hat, wird mal eben der soziale Zusammenhalt vor die U-Bahn geschubst: Das Rentenniveau wird sinken, wenn der Bundestag nicht noch in diesem Monat eine Bremse einzieht. Weil wir keinen Bundeshaushalt verabschiedet haben, droht eine vorläufige Haushaltsführung und dann droht vielen wichtigen Projekten ab Neujahr das Aus. Darüber wird aber in der Öffentlichkeit kaum diskutiert, stattdessen über irgendwelche Powerpoint-Präsentationen aus der FDP-Zentrale, die der Parteivorsitzende „nicht zur Kenntnis genommen“ haben will. Können wir uns vielleicht mal ganz kurz auf die wichtigen Sachen konzentrieren?
Die Kranken- und Pflegekassen zum Beispiel stehen vor dem finanziellen Kollaps, ebenso wie viele Krankenhäuser und Apotheken. Das ganze System ist inzwischen an einem Punkt angekommen, an dem nur noch radikale Reformen helfen können. Radikal heißt im wörtlichen Sinn, ein Problem an der Wurzel zu packen. Die Wurzel der Probleme im Gesundheitswesen besteht nicht darin, dass zu wenig Geld fließt oder dass wir grundsätzlich zu wenig Menschen hätten, die darin arbeiten. Der Ursprung der meisten Probleme besteht vielmehr darin, dass profitgetriebenen Unternehmen erlaubt wurde, unser Gesundheitswesen im eigenen Interesse so umzubauen, dass möglichst viel von unseren Versichertenbeiträgen in den Taschen von Eigentümer:innen und Aktionär:innen landet anstatt in der Versorgung von Patient:innen und Menschen mit Pflegebedarf.
Ein weiteres Problem besteht darin, dass Krankenversicherungsbeiträge ausschließlich auf Arbeitseinkommen unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze berechnet werden, während der Anteil der Arbeitseinkommen an den gesamten Einkommen immer mehr verringert.
In kaum einem anderen vergleichbaren Land werden Arbeitseinkommen dermaßen hoch mit Steuern und Sozialabgaben belastet, während Unternehmens- und Kapitaleinkünfte nur relativ gering besteuert werden.
Das sind die Themen, über die ich gerne im vorgezogenen Bundestagswahlkampf sprechen möchte. Auch, wenn ich selbst nach vier Wahlperioden nicht mehr für den Bundestag kandidieren werde, bin ich überzeugt, dass es eine Linksfraktion im Bundestag braucht, die den Finger in die Wunden legt. Und ich bin ganz begeistert, dass meine Partei jede Menge engagierte Streiter:innen für ein solidarisches und soziales Gesundheitswesen aufstellt, so dass ich mich mit gutem Gewissen mehr um meinen Landesverband kümmern kann. Mit dem „Armenarzt“ Gerhard Trabert in Rheinland-Pfalz, meinem Lieblingskollegen Ates Gürpinar in Bayern, der Krankenhausaktivistin Stella Merendino in Berlin und der Pflegefachkraft Lea Reisner in Köln – die Linke kümmert sich um die wirklich wichtigen Fragen mit Leuten, die Fachkenntnis und Herzblut mitbringen.
So wird das was am 23. Februar! Ich wünsche euch eine schöne besinnliche Adventszeit!
Eure Kathrin
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