Liebe Leserin, lieber Leser,
zuerst die gute Nachricht vorweg: Die Linke im Bundestag ist jetzt als Gruppe anerkannt. Das bedeutet: wir haben in den Ausschüssen und im Plenum wieder fast dieselben Rechte wie eine Fraktion, wir können wieder Menschen beschäftigen, die uns in der fachlichen Arbeit und in der Öffentlichkeitsarbeit unterstützen und unsere Aufgabe, der Ampel Druck von links zu machen, besser erfüllen als mit 28 einzelnen Abgeordneten.
Das ist auch dringend notwendig. Während im ganzen Land Millionen Menschen auf die Straße gehen, um gegen die rassistische und teilweise völkisch-faschistische AfD Farbe zu bekennen, setzt die Ampel stückchenweise um, wofür SPD, Grüne und FDP die AfD noch vor fünf Jahren scharf kritisiert haben: die Kriminalisierung der Seenotrettung, ein europäisches Asylsystem mit Lagern an den Außengrenzen, Abschiebungen in den Irak, nach Afghanistan und in den Iran, wo täglich Menschen, die sich in der feministisch geführten Revolution engagiert haben, hingerichtet werden. Anfang vergangener Woche ermordete das Regime zum Beispiel vier junge Kurden, deren Geständnisse unter Folter erzwungen waren, darunter Mohsen Mazloum, für den ich die parlamentarische Patenschaft übernommen hatte. Dass Menschen dorthin abgeschoben werden sollen, macht mich vollkommen fassungslos.
Der neueste Knaller in der Politik gegen Schutzsuchende kommt allerdings von den Bundesländern. Auch NRW will jetzt eine „Bezahlkarte“ für Geflüchtete einführen. Zuständig ist die grüne Ministerin Josefine Paul, die allen Ernstes behauptet, damit Bürokratie abbauen und es den Menschen leichter machen zu wollen. Ich bin da eher bei Pro Asyl, die gesagt haben, das sei ein Diskriminierungsinstrument. Nebenbei ist es auch ein Bürokratiemonster, von dem außer der Telematikindustrie wirklich niemand etwas hat. Schon gibt es Vorschläge, etwa vom marktradikalen Ökonomen Bernd Raffelhüschen, dieses Instrument auch auf Bürgergeldempfänger:innen auszuweiten. Raffelhüschen lobbyiert unter anderem für die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, die wichtigste Propagandaanstalt des Kapitals in Deutschland, da weiß man gleich, wo der Hase herläuft. Das würde bedeuten, dass man von den Betroffenen komplette Bewegungsprofile erstellen und sogar begrenzen könnte, was und wo sie einkaufen dürfen. Ganz abgesehen davon, dass ich keine Tafel, keinen Flohmarkt, keine Klassenlehrerin und kein Sozialkaufhaus kenne, die mit Kartenlesegeräten arbeiten.
Gleichzeitig streicht die Bundesregierung den Bürgergeldbonus, den eigentlich Menschen bekommen sollten, die sich mit Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen fit für den Arbeitsmarkt machen wollen. Das Ganze wird jetzt schon ideologisch vorbereitet, indem das Zerrbild der faulen Transferleistungsbeziehenden in grellen Farben gezeichnet wird. Ein Grund dafür ist auch, dass sich angesichts steigender Preise und Mieten immer mehr Beschäftigte den Gewerkschaften anschließen und für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen kämpfen. Löhne und Arbeitsbedingungen kann man umso besser drücken, je mehr sich Menschen vor Zeiten der Arbeitslosigkeit fürchten und sich schämen, wenn es ihnen passiert. Und natürlich kann man die Wut der Menschen besser kanalisieren, wenn sie sich nach unten richtet: gegen Geflüchtete, Armutsbetroffene, Alleinerziehende, Menschen mit Behinderungen und chronischen Krankheiten und so weiter …
Ich bin froh, dass Die Linke diesem Zeitgeist nicht hinterherläuft. Und deswegen gehe ich auch zu allen Demonstrationen gegen Rechts mit dem Banner: „Solidarität ist unsere Alternative“.
Solidarische Grüße an euch und viel Spaß im Karneval!
Eure Kathrin
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