Antworten auf Fragen rund um die Präimplantationsdiagnostik (PID)

Warum kümmert sich der Gesetzgeber gerade jetzt um die PID?

Bis zum Sommer 2010 gingen Gesetzgeber, Öffentlichkeit und die meisten Sachverständigen in Deutschland auf dem Gebiet des Rechts, der Medizin und der Ethik davon aus, dass das die Präimplantationsdiagnostik (PID) nicht zulässig ist. Die Durchführung einer Selektion im Rahmen der PID stellte demnach einen Verstoß gegen das Embryonenschutzgesetz dar.

Doch am 6. Juli 2010 hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einer Einzelfallentscheidung festgestellt, dass die Durchführung einer Präimplantationsdiagnostik (PID) an einem Embryo im Frühstadium nach dem Embryonenschutzgesetz nicht strafbar sei. Der BGH hat die PID bei schwerwiegenden genetischen Schäden für zulässig erklärt, allerdings ohne näher zu erklären, was darunter zu verstehen ist.

Diese unklare Umgrenzung hat zu erheblicher Rechtsunsicherheit geführt, so dass eine gesetzliche Neuregelung dringend erforderlich ist. Nun muss der Bundestag schnell handeln.

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Wie entscheidet der Bundestag? Wann ist mit einer Entscheidung zu rechnen?

Die Entscheidung über die PID ist eine grundlegende ethische Entscheidung einer und eines jeden Abgeordneten. Darum wird es keinen Fraktionszwang geben. Es wird auch keinen Gesetzentwurf der Bundesregierung oder der Koalitionsfraktionen geben, der bei der Abstimmung dem in der Regel durch die Koalitionsfraktionen die Mehrheit erlangt, wie das bei vielen anderen Gesetzen der Fall ist.

Aus dem Kreis der Abgeordneten haben sich drei Gruppen gebildet, die unterschiedliche Gesetzentwürfe ausgearbeitet haben. Zwei Anträge zielen auf eine (zunächst zumindest begrenzte) Zulassung der PID ab.

Die 1. Lesung im Deutschen Bundestag zu den drei Gesetzentwürfen fand am 14. April statt.  Am 25. Mai führte der Ausschuss für Gesundheit eine öffentliche Anhörung statt, die weitere Beratung soll Ende Juni abgeschlossen werden. Noch vor der Sommerpause werden die Gesetzentwürfe im Bundestag abgestimmt werden. Ein Drittel bis ein Viertel aller Abgeordneten haben sich bislang noch nicht festgelegt.

Der Verbotsantrag ist nicht – wie die beiden anderen Gesetzentwürfe – an das Embryonenschutzgesetz angelehnt, sondern sieht Regelungen im Gendiagnostikgesetz vor. Dies scheint auch daher geboten, weil es sich bei der PID um ein diagnostisches Verfahren handelt und auf diese Weise das ESchG unangetastet bleiben kann.

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Was bedeutet Präimplantationsdiagnostik (PID)?

Bei der Präimplantationsdiagnostik (PID) handelt es sich um eine genetische Untersuchung von Embryonen aus künstlicher Befruchtung (In-vitro-Fertilisation, IVF) zu einem Zeitpunkt, wo diese noch außerhalb des mütterlichen Körpers sind, also bevor sie in die Gebärmutter übertragen werden. Werden im Rahmen dieser Untersuchung genetische Anomalien oder andere Eigenschaften festgestellt, die von den Eltern nicht erwünscht sind, werden die betreffenden Embryonen nicht weiter kultiviert und sterben ab.

International wird die PID etwa drei Tage nach der Befruchtung durchgeführt. Dem dann aus sechs bis zehn Zellen bestehenden Embryo, werden ein bis zwei Zellen entnommen. Es folgt die molekulargenetische und chromosomale Diagnostik. Bis zum Vierzeller ist jede Zellen totipotent d.h. dass sich aus jeder Zelle ein Gesamtorganismus entwickeln kann. Bis zum 8-Zell-Stadium geht man davon aus, dass ein Teil der Zellen weiterhin totipotent ist. Diese international geläufige Form der PID wäre vermutlich nicht mit dem Embryonenschutzgesetz vereinbar.

Risiken und Gefahren durch die PID

Für die PID müssen auch solche Paare eine künstliche Befruchtung auf sich nehmen, obwohl sie auf natürliche Weise zeugungsfähig wären. Da für eine PID in der Regel eine bedeutend größere Zahl an Embryonen benötigt wird als bei der normalen IVF, ist das Verfahren für die betroffenen Frauen mit einer erheblich größeren körperlichen und seelischen Belastung verbunden.

Nach § 1 Abs.1 Nr.4 ESchG ist die Zahl der pro Zyklus erzeugten Embryonen auf drei begrenzt; somit müssen für eine erfolgreiche PID in der Regel mehrere Hormonstimulationen in Folge vorgenommen werden. Die Stimulation selbst, aber auch die zur Befruchtung durchgeführte Eizellpunktion haben ein erhebliches Komplikationsrisiko.

Bei den dem BGH vorliegenden Fällen wurden bei fünf bis sechs Tage alten Embryonen Zellen aus dem Teil der Blastozyste entnommen, der später nicht das Kind, sondern den embryonalen Teil der Plazenta bildet. Durch das Anstechen der Blastozyste selbst gehen allerdings 5-10 % der Embryonen ein.

Auch die vergleichsweise hohe Zahl von Mehrlingsschwangerschaften (ca. 22%) ist für die Schwangere und die Kinder nicht risikofrei.

Die durch IVF gezeugten Kinder haben ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko und oft ein niedriges Geburtsgewicht.

Demgegenüber steht eine vergleichsweise geringe Erfolgsquote: Höchstens 20 % der Frauen bekommen nach einer PID ein Kind.

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Was bedeutet Pränataldiagnostik (PND)?

Pränatal“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „vor der Geburt“. So bezeichnet die Pränataldiagnostik (PND) verschiedene Untersuchungen des ungeborenen Kindes und der schwangeren Mutter. Unterschieden wird bei der PND zwischen einer inzwischen sehr gebräuchlichen „nicht-invasiven“ und einer „invasiven“ PND.

Die „nicht-invasive PND“ umfasst Untersuchungen, die nur außerhalb des Körpers vorgenommen werden wie z.B. die Ultraschalluntersuchung, die Doppler-Sonographie oder Untersuchungen von Hormonkonzentrationen im mütterlichen Blut.

„Invasive PND“ hingegen beschreibt innerhalb des Körpers vorgenommene Untersuchungen wie die Chorionzottenbiopsie, die Amniozentese und die Nabelschnurpunktion. Die invasive PND ist ein Eingriff, der für das Kind eine Gefährdung darstellt.

Bei der Hälfte der Embryonen, bei denen eine PID vorgenommen wurde, erfolgt im Laufe der Schwangerschaft zur Kontrolle eine invasive PND.

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Was bedeutet Präimplantationsscreening (PGS)?

Das Präimplantationsscreening (PGS) ist nicht auf eine (vererbte) Erkrankung oder Behinderung fixiert, sondern dient dem Auffinden von allen spontan auftretenden Chromosomenstörungen (sog. Aneuploidien). Darunter fallen Trisomien (beispielsweise das Down-Syndrom), von denen einige zu einer frühen Fehlgeburt, andere lediglich zu einer vergleichsweise leichten Behinderung führen könne. Die PGS wird auch bei genetisch nicht vorbelasteten Paaren angewandt, um Fehlgeburten zu vermeiden und die Erfolgsraten der IVF zu steigern. Im Ausland ist die PGS im Vergleich zur „klassischen“ PID der Regelfall (über 60 % der Fälle) und wird angewandt, um die Erfolgsraten der künstlichen Befruchtung zu steigern.

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Was bedeutet In-vitro-Fertilisation (IVF)?

Das Wort „In-vitro-Fertilisation“ (IVF) kommt ebenfalls aus dem Lateinischen und bedeutet „Befruchtung im Glas“. Diese Methode der künstlichen Befruchtung ist in Deutschland nur zulässig, wenn ein (Ehe-)Paar auf natürlichem Wege kein Kind zeugen kann.

Problematisch bei der IVF sind u.a. die dafür notwendige Hormonstimulierung sowie die damit verbundenen Gesundheitsgefahren und erhöhte Wahrscheinlichkeit für Mehrlingsgeburten.

Zudem werden für die IVF überzählige Embryonen erzeugt, um die Wahrscheinlichkeit für eine Schwangerschaft zu erhöhen. Doch meist werden nicht alle in die Gebärmutter der Frau eingesetzt. Bereits heute gibt es in Deutschland mehrere Tausend eingefrorene Eizellen im Vorkernstadium, die solange aufgehoben werden, bis eine Behandlung abgeschlossen ist. Des Weiteren existieren Hunderte eingefrorene  Embryonen (z.B. wegen der Erkrankung der Mutter direkt nach dem Auftauen einer Eizelle im Vorkernstadium).  Das Embryonenschutzgesetz (ESchG) regelt nicht, was mit überschüssigen  Embryonen geschieht. Es ist damit zu rechnen, dass es von Seiten der Wissenschaft und Medizin zu Begehrlichkeiten kommt, diese für ihre  Zwecke zu nutzen.

Für die IVF gilt bislang, dass eine Verwerfung „überschüssiger“ entwicklungsfähiger Embryonen nicht erlaubt ist. Um keine Embryonen "auf Vorrat" zu erzeugen, dürfen heute imprägnierte Eizellen im sogenannten Vorkernstadium (also ca. 16-20 h nach Befruchtung, noch bevor es zur Verschmelzung des mütterlichen und väterlichen Erbguts kommt,) kryokonserviert werden.

Der Umgang mit den „überschüssigen“ Embryonen stellt ein großes ethisches, gesellschaftspolitisches und moralisches Problem dar und ist weltweit und auch in den europäischen Ländern sehr unterschiedlich.

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