Regierungskoalition bedient mit Förderung medizinischer Forschung Industrieinteresse und nicht Patientennutzen

Rede im Deutschen Bundestag

Kathrin Vogler zeigt in ihrer Rede vor dem Deutschen Bundestag am 28. April 2016 auf, dass CDU/CSU, SPD und Bundesregierung bei der Förderung medizinischer Forschung vor allem das Wohl der Industrie und nicht das der Patienten im Auge haben. Schneller ökonomischer Profit statt Patientensicherheit ist die Parole in einem Antrag der Koalitionsfraktionen, aber auch bei weiteren Gesetzesvorhaben der Bundesregierung.

Kathrin Vogler zeigt in ihrer Rede vor dem Deutschen Bundestag am 28. April 2016 auf, dass CDU/CSU, SPD und Bundesregierung bei der Förderung medizinischer Forschung vor allem das Wohl der Industrie und nicht das der Patienten im Auge haben. Schneller ökonomischer Profit statt Patientensicherheit ist die Parole in einem Antrag der Koalitionsfraktionen, aber auch bei weiteren Gesetzesvorhaben der Bundesregierung.

Die Rede im Wortlaut:

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren!

Die medizinische Forschung hat in den letzten Jahrzehnten vieles erreicht, wovon frühere Generationen nicht einmal zu träumen wagten. Denken wir nur an die modernen Aidsmedikamente, die es den Betroffenen ermöglichen, viel länger zu leben. Oder denken wir an moderne bildgebende Verfahren, die es uns ermöglichen, Vorgänge im Innern des Körpers zu verstehen, ohne dass man gefährliche Eingriffe vornehmen muss. Darin, dass solche Verfahren, die den Patientinnen und Patienten ganz konkret nutzen, schnell in der Versorgung ankommen sollten, sind wir uns sicher alle einig.

Aber wenn wir über Innovationen im Gesundheitswesen sprechen, dann dürfen wir auch die andere Seite der Medaille nicht vergessen. Es muss nämlich immer darum gehen, echte Innovationen von solchen Produkten zu unterscheiden, die den Patienten nicht mehr nutzen, ihnen vielleicht sogar schaden und unser Gesundheitswesen finanziell unnötig belasten.

(Beifall bei der LINKEN)

Medikamente, Diagnostika oder Medizinprodukte müssen für die Patientinnen und Patienten sicher sein. Hier dürfen keine Abstriche gemacht werden, nur damit Wirtschaftsunternehmen schneller Profite erzielen können. Herr Albani, ich habe mich gefreut, dass dieser Aspekt in Ihrer Rede so sehr betont worden ist.

(Stephan Albani [CDU/CSU]: Dreimal!)

Der Blick in Ihren Antrag lehrt uns aber etwas anderes.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)

Er zeigt, dass von den Forschungspolitikern von Union und SPD offensichtlich andere Prioritäten gesetzt werden.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)

Im Mittelpunkt stehen dort die Wirtschaft, Unternehmen und Investitionen. Sie werden im Antrag viermal so oft erwähnt wie die Patientinnen und Patienten.

(Uwe Schummer [CDU/CSU]: Haben Sie nachgezählt? Da waren Sie aber lange beschäftigt!)

– Ja. Ich kann Ihnen das auch vorzählen. – Gefahren und Risiken, denen Patientinnen und Patienten im Zusammenhang mit Arzneimitteln, Medizinprodukten und der Medizintechnik ausgesetzt sein können, nehmen Sie in dem Antrag gar nicht zur Kenntnis. Wenn Sie aber den Marktzugang für neue Produkte einfach nur beschleunigen, dann erhöhen Sie das Risiko, dass Unnützes oder gar Schädliches leichter zur Anwendung gelangt, und das wollen wir vermeiden.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir bräuchten allerdings dringend mehr Tempo im Hinblick auf mehr fundiertes Wissen über Behandlungsmethoden und mehr öffentliche Forschung unabhängig von der Industrie. Die Linke fordert zum Beispiel ein öffentlich zugängliches Studienregister, in dem alle Arzneimittelstudien registriert werden müssen. Doch Union und SPD blockieren diese notwendige Innovation. Das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information, DIMDI, hat den Zugang zu seinen medizinischen Datenbanken weitgehend geschlossen. Das ist übrigens eine nachgeordnete Behörde des Bundesministeriums für Gesundheit; die Bundesregierung ist dafür also mitverantwortlich. Die Forderung der Linken, im Haushalt 500 Millionen Euro für industrieunabhängige Gesundheitsforschung einzusetzen, haben Sie von der Koalition abgelehnt.

(Zuruf von der CDU/CSU: Zu Recht!)

Der Antrag, über den wir heute abstimmen, reiht sich in weitere Regierungsvorhaben ein, die der Industrie und nicht den Kranken zum Vorteil gereichen sollen.

(Maria Michalk [CDU/CSU]: Das ist Quatsch!)

Ein Beispiel dafür ist der Pharmadialog. Während das Parlament und die Patientenvertreter vor der Tür bleiben mussten und die Krankenkassen nur am Katzentisch Platz nehmen durften, haben dort gleich drei Ministerien den Unternehmen eine ganze Palette an Wünschen erfüllt, und im Gegenzug brauchten die Konzerne nur ein paar vage Versprechungen zu machen.

Nach der Novelle zum Arzneimittelgesetz, die in der letzten Sitzungswoche in den Bundestag eingebracht wurde, soll der Patientenschutz bei den Arzneimittelstudien aufgeweicht werden, damit die Unternehmen diese Studien schneller und einfacher genehmigt bekommen.

(Maria Michalk [CDU/CSU]: Das stimmt doch nicht! Das wissen Sie auch!)

Das ist skandalös. Das werden wir nicht mitmachen.

(Beifall bei der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, woran müssen sich sinnvolle Forschungsanreize orientieren? Sie müssen sich am Allgemeinwohl und am gesellschaftlichen Bedarf und nicht an den Profitinteressen der Industrie orientieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn Sie in dieser Hinsicht etwas auf den Weg bringen würden, dann würden wir Sie unterstützen, bei diesem Antrag aber nicht. Den können wir nur ablehnen.

(Beifall bei der LINKEN)