Schönheits-OPs für junge Leute - ein neuer Hype?

Medien-Echo

Schönheits-OPs haben in Deutschland Konjunktur. Ihre Zahl hat sich seit 2013 verdoppelt. Meist Menschen zwischen 18 und 30 treiben die in den social media propagierte Schönheitsideale unters Messer. Die Südwestpresse fragte Politiker*innen: Soll die Politik eingreifen oder ist dieser Trend zu begrüßen? Auch Kathrin Vogler hat geantwortet.

Der empfundene gesellschaftliche Druck zur Selbstoptimierung ist nicht neu. Von der Schule bis in die Berufstätigkeit, von Peergroups bis Fernsehen, erfahren viele jungen Menschen, dass von ihnen Anpassung an ein Ideal oder zumindest das Streben danach erwartet wird. Aber die sozialen Medien setzen inzwischen mit einem unüberschaubaren Angebot visueller role models und erfolgreicher Influencer*innen neue Maßstäbe. Und natürlich findet sich auf Instagram etc. auch das Thema „beauty-op“, es gibt entsprechende Vorher-Nachher-Fotos, Anbieterauftritte und vermeintlich nichtkommerzielle Empfehlungen sowie auch Fotos von spektakulär fehlgeschlagenen Eingriffen. Nach Umfragen bestätigt fast ein Viertel der Jugendlichen unter 20 Jahren, dass Instagram usw. ihren Wunsch verstärkt haben, ihr Aussehen zu verändern.

Seit 1. März 2020 besteht zwar ein generelles Verbot kommerzieller Werbung für Schönheitsoperationen gegenüber Personen unter 18 Jahren, kommerzielle Vorher-Nachher-Fotos sind nach dem Wettbewerbsrecht verboten, aber der Bundesregierung fehlt offenbar die politische Bereitschaft, diesen Hype mit pro-aktiven Aufklärungsinitiativen und nachhaltigen Kontrollen insbesondere in den sozialen Medien zu dämpfen. Natürlich kann jeder volljährige Mensch für sich entscheiden, was er mit seinem Körper tun lässt.

SWP zitiert Kathrin Vogler im Beitrag "Schönheits-OP wegen Instagram:Chirurgen warnen vor Eingriffen bei Jüngeren nach Social-Media-Vorbildern" (21.09.2023, paywall):

 

"Kathrin Vogler von der Linkspartei sieht den Staat in der Pflicht, die Menschen vor unethischer Geschäftemacherei, unlauterer Werbung und schlechter Qualität bei den Eingriffen zu schützen". Eine informierte Entscheidung für einen Eingriff setze eine unabhängige Beratung voraus. Bemerkenswert sei auch, "dass es europaweit kein einziges Gesetz gibt, das für medizinisch nicht notwendige Schönheitsoperationen ein Mindestalter vorschreibt".

 

Eine weiteres Problem: der Begriff „Schönheitschirurg“ ist nicht geschützt und jeder Mediziner kann für sich als „Arzt/Ärztin für ästhetische Chirurgie“ werben. Hier wären dringend Maßnahmen zur Qualitätssicherung notwendig und auch unabhängige Beratungsstellen für Betroffene, die das Ergebnis ihrer OP reklamieren möchten.

Die meisten von uns wissen, dass sich das Selbstbewusstsein Jugendlicher und junger Erwachsener nicht unbedingt mit der gleichen Geschwindigkeit entwickelt wie das Äußere; und dass eine positive Selbstwahrnehmung nur dort entstehen kann, wo das soziale Umfeld bestärkt, ermutigt und einen konstruktiven Umgang mit individuellen Krisen und Zweifeln praktiziert. Hier sind also auch immer Eltern, Pädogog*innen und natürlich auch Ärzt*innen in der Verantwortung, die jungen Menschen vor dem Hype „Perfektionierung des Körpers“ und vor der kommerziellen Ausbeutung dieses Trends zu schützen.

Als gesellschaftliche Entwicklung wäre eine Fixierung auf Äußerlichkeiten und auf das selbst empfundene Nicht-Genug-Sein natürlich nicht begrüßenswert, weil so nicht nur die Bedeutung der individuellen Persönlichkeitsentwicklung, sondern auch die eigentlichen gemeinsamen gesellschaftliche Ziele, sozialer Fortschritt und Gerechtigkeit, aus dem Blick geraten.