„StreberInnen“ mit Interesse an politischem Zeitgeschehen

„Das sind unsere Streber“, so stellte einer der begleitenden Lehrer und Lehrerinnen lächelnd die Gruppe von 50 Schülerinnen und Schülern der Gemeinschaftshauptschule Lotte vor, die am 29. Juni Kathrin Vogler, MdB für die Fraktion DIE LINKE., im Bundestag besuchten. Die Acht- und Neuntklässler waren von ihrer Schule zu einer Berlin-Fahrt eingeladen worden, weil sie sich in Ehrenämtern, als KlassensprecherInnen oder in anderen sozialen Projekten besonders engagieren. Entsprechend aufgeweckt war die Gruppe: Nachdem Kathrin Vogler sich und ihre Arbeit als Abgeordnete kurz vorgestellt hatte, stellten die BesucherInnen eine Menge Fragen und Frau Vogler gab gerne Auskunft. „Muss man studiert haben, um als Abgeordnete zu arbeiten?“ Nein, muss man nicht, „Parlamentarier ist ja kein Beruf, und man kann auch als Handwerker oder Angestellte in den Bundestag gewählt werden. Davon gibt es aus meiner Sicht tatsächlich viel zu wenige hier.“ Warum sie überhaupt in die Politik gegangen ist, wollten die Jugendlichen aus Lotte von Frau Vogler wissen. Und sie erzählte, dass sie im gleichen Alter wie die SchülerInnen war, als sie anfing, sich in der Friedensbewegung zu engagieren. „Ich habe bis zu meiner Wahl in den Bundestag die Politik mit der die Regierung aufgerüstet, Krieg geführt und den Sozialstaat abgebaut hat, immer von ‚außen‘ kritisiert. Das nun von ‚innen‘ zu tun, also auch im Parlament konsequent „Nein“ zu sagen gegen Bundeswehreinsätze und sich für eine echte Friedenspolitik, für eine gute allgemeine Gesundheitsversorgung und viele andere wichtige Dinge zu engagieren, ist schon eine sehr reizvolle Aufgabe.“

Natürlich stellten die gut informierten „StreberInnen“ auch Fragen zur aktuellen Politik: „Donald Trump?“ Frau Vogler: „Schrecklich!“ … „Hillary Clinton?“ … „Auch schrecklich!“ Und wie schätzt Frau Vogler die Terrorgefahr ein? „Ich erinnere mich noch sehr gut, dass man sich 2009 hier auf dem Gelände rund um den Bundestag frei bewegen konnte. Inzwischen ist der Reichstag abgesperrt und überall steht Wachpersonal. Das ist nicht so schön. Ich finde es viel beunruhigender, wie man in den Sozialen Medien gegen Minderheiten hetzt.“ Eine der begleitenden Lehrerinnen fragte: „Tun die Politiker genug gegen diese Angriffe?“ Kathrin Vogler findet nein, tatsächlich müsse man sich viel intensiver mit diesem Phänomen auseinandersetzen: „Ich schreibe, diskutiere und manchmal zeige ich auch jemanden an, der mich in Twitter oder Facebook schlimm beleidigt oder bedroht. Aber ich suche das Gespräch mit diesen Leuten, weil ich überzeugt bin, dass man die Angst und Unsicherheit, die oft dahinter stecken, mit klaren Fakten und Argumenten entkräften kann. Die Politiker, die in die braune Kerbe hauen und sagen, ‘der Islam passt nicht zu uns‘, machen alles nur noch schlimmer.“

Auch der „Brexit“, dem die Briten wenige Tage zuvor zugestimmt hatten, war ein Thema, das die SchülerInnen interessierte. Frau Vogler bekannte der Gruppe gegenüber offen, auch sie sei besorgt, welche Folgen der EU-Austritt Großbritanniens für Europa haben wird. „Wir haben zuhause in Emsdetten gerade eine Austauschschülerin aus England zu Gast. Sie wollte in Deutschland studieren, paukt deshalb seit sechs Jahren Deutsch und weiß nun nicht, wie es weitergehen soll. Ähnlich betroffen sind z.B. auch viele internationale Familien und ArbeitnehmerInnen. Europa darf nicht länger nur die Union der Konzerne und Banken sein. Stattdessen muss viel mehr für die Bürgerinnen und Bürger getan werden. Die EU ist sehr wichtig, aber sie muss sich ändern; aber keinesfalls so, wie Kanzlerin Merkel und manche Politiker denken, die als Konsequenz aus dem Brexit neue europäische Aufrüstungsmaßnahmen fordern.“

Kathrin Vogler fragte gegen Ende des Treffens die Jugendlichen, worüber sie sich - neben der großen Politik - besonders Gedanken machen. Und sie erfuhr, dass eine ihrer Hauptsorgen ihre eigene Schule, bzw. die Zukunft der Hauptschulen in NRW allgemein betrifft: „Viele von uns befürchten, dass der Leistungsdruck größer wird und wir nicht mehr genug Zeit haben, uns zu entwickeln. Manche lernen einfach langsamer, und die Gemeinschaftshauptschule ermöglicht es auch schwächeren SchülerInnen, mitzuhalten.“ Frau Vogler hält es für problematisch, wenn „weniger gute SchülerInnen nach der vierten Klasse ‚aussortiert‘ werden und kritisierte, dass weite Schulwege zum Beispiel das Knüpfen sozialer Kontakte oder die Durchführung außerschulischer Aktivitäten erschweren: „DIE LINKE. setzt sich deshalb für ‘eine Schule für alle‘ bis zum 10. Schuljahr ein, die wohnortnah ist und in denen Kinder und Jugendliche in kleinen Klassen individuell und ihren Fähigkeiten entsprechend optimal gefördert werden“.

Am Schluss des Treffens ermunterte Frau Vogler die BesucherInnen aus Lotte, der Ort gehört zu ihrem Wahlkreis Steinfurt III, gerne Kontakt zu ihr aufzunehmen, wenn es weiteren Gesprächsbedarf gebe. Die „StreberInnen“ mit ihrem Interesse am politischen Zeitgeschehen hatten sie doch sehr beeindruckt.