"Zivile Konfliktbearbeitung in der Praxis" - ein Fachgespräch

DIE LINKE lehnt Militäreinsätze als Instrument der Außenpolitik ab, aber auch wenn klar ist, dass Militäreinsätze keine Lösung sind, bleibt die Frage offen, wie auf Bürgerkriege reagiert werden soll.

Kathrin Vogler und Jan van Aken luden deshalb im Namen der Bundestagsfraktion DIE LINKE zwei Praktikerinnen der Zivilen Konfliktbearbeitung zu einem Fachgespräch in den Bundestag. Viele kleine und manche größere Projekte zeigen in ihrer täglichen Arbeit, was möglich wäre, wenn die Prioritäten in der deutschen Außenpolitik nicht auf militärischen Antworten auf Krisen und Konflikte liegen würden.

"Wenn von Ziviler Konfliktbearbeitung gesprochen wird, bleibt diese oft etwas sperrig und unklar", sagte Kathrin Vogler zu Beginn der Veranstaltung. "In Wirklichkeit ist diese Arbeit sehr spannend, herausfordernd und, auch wenn das wenig bekannt ist, sehr erfolgreich."

Brigitte Hinteregger, Trainerin für Konflikt- und Krisenmanagement, berichtete von der Traumaarbeit, die sie im Rahmen eines Projekts des Zivilen Friedensdienstes in Liberia und Südsudan durchgeführt hat. In Liberia starben in 14 Jahren Bürgerkrieg 250.000 der 4 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner.

Hinteregger sieht die Traumatisierungen, die durch Bürgerkriege ausgelöst werden, nicht nur als individuelles, sondern auch als ein vielschichtiges gesellschaftliches Phänomen an. Beide Ebenen sind miteinander verwoben. Die Opfer - vergewaltigte Frauen oder Menschen, die durch ihre Erlebnisse psychische Störungen entwickelt haben - sind oftmals zusätzlich noch gesellschaftlicher Ausgrenzung ausgesetzt. Diesen Traumatisierungen hat Brigitte Hinteregger entgegengewirkt, indem sie eine mehrjährige Ausbildung für Einheimische angeboten hat. Dabei geht es darum, die strukturellen Wurzeln der Gewalt zu analysieren und zu bearbeiten. Die Kurse sollen Menschen dazu befähigen, in ihren lokalen Gemeinschaften als Traumaberaterinnen und -berater weiterzuarbeiten (Multiplikatoren).

Die Referentin machte deutlich, dass es sich hierbei um eine langfristige Arbeit handelt, deren Erfolge erst nach Jahren sichtbar werden. Leider ist aber die Finanzierung solcher Projekte oft auf ein oder wenige Jahre begrenzt. Zudem wäre es wünschenswert, wenn solche Projekte nicht als Pilotprojekte, sondern flächendeckend durchgeführt werden könnten, der Bedarf ist jedenfalls da.

Während die Traumabearbeitung nach gewaltsamen Konflikten stattfindet und die Grundlagen dafür sichern soll, dass Gewalttätigkeiten nicht erneut ausbrechen, findet die Arbeit von Nonviolent Peaceforce (NP) in eskalierten Konflikten statt. Stephanie Buljugic war für die internationale Organisation mehrere Jahre in Sri Lanka und dem Südsudan im Einsatz. Nonviolent Peaceforce ist davon überzeugt, dass man unbewaffnet sein muss, um die Zivilbevölkerung effektiv schützen zu können ("Unarmed Civilian Protection", UCP). Das umfasst nicht nur den direkten Schutz der Menschen vor gewalttätigen Übergriffen, sondern auch die Unterstützung der lokalen Zivilgesellschaft. Die Menschen sollen lernen, sich selbst zu schützen und den Ausbruch von Gewalt zu verhindern, sowie lokale Schutzmechanismen und Friedensnetzwerke aufzubauen.

Im Südsudan sind derzeit etwa 150 Menschen für NP im Einsatz, je zur Hälfte internationale und lokale Kräfte. Die Arbeit von NP setzt auf der Graswurzelebene an. Trotz des eskalierten Bürgerkriegs war sie erfolgreich, weil die Mitarbeitenden in den lokalen Gemeinschaften eingebettet sind und sich auch zu ihrem eigenen Schutz ausschließlich auf gewaltfreie Strategien stützen. Der Erfolg kann viele Gesichter haben, zum Beispiel, wenn es gelingt, Zivilistinnen und Zivilisten vor Massakern zu bewahren und zu sicheren Zonen zu begleiten, wenn lokale Konflikte zwischen Ackerbauern und Viehhirten über Verhandlungen statt Schusswechsel gelöst werden oder wenn Frauenteams ausgebildet werden, die geschlechtsspezifischer Gewalt entgegenwirken.

"Auch innerhalb unserer Partei DIE LINKE bekommt Zivile Konfliktbearbeitung noch nicht die Aufmerksamkeit, die ihr gebührt. Ich hoffe, dass diese Veranstaltung dazu beiträgt, daran etwas zu ändern", resümiert Kathrin Vogler, die die Linksfraktion im Unterausschuss Zivile Krisenprävention vertritt.