Der Papst im Deutschen Bundestag - Kathrin Vogler begründet ihre Entscheidung

Der Papstbesuch in Deutschland sorgte im Vorfeld für vielfältige Diskussionen.

Da auch ein Besuch und eine Rede im Deutschen Bundestag anstand, überlegte sich Kathrin Vogler bereits lange vor dem Besuch, wie und ob sie daran teilnehmen möchte.

Im Lokalradio RST begründete sie nunmehr ihr Fernbleiben, was vor Ort für Diskussionen sorgte.

Mit einem Klick auf die unten angeführte Datei können Sie dies nochmals nachhören.

Zu diesem Interview habe ich eine Zuschrift eines Bürgers erhalten. Meine Antwort darauf dokumentiere ich hier:

Sehr geehrter Herr .,

auf Ihre Mail zum Papstbesuch möchte ich Ihnen gerne antworten. Ich hatte gehofft, in dem Interview deutlich gemacht zu haben, dass ich den Papstbesuch nicht "boykottieren" will, denn dann hätte ich mich dafür eingesetzt, ihm keine Redezeit im Deutschen Bundestag einzuräumen.

Der Deutsche Bundestag ist ein Ort der Debatte und des politischen Meinungsstreits. Beim Auftritt des Papstes sind aber Diskussion, Nachfragen oder Kritik nicht erwünscht. Den Abgeordneten sind nicht einmal Beifallsbekundungen erlaubt. Zuhören, auch wenn die vertretene Meinung nicht meine ist, kann ich sehr wohl. Aber diejenigen Menschen, die gleichzeitig ihren Protest gegen die Haltung des Papstes bei der Empfängnisverhütung, gegenüber Homosexualität, zur Gleichberechtigung von Frauen und bei der Aufarbeitung der Missbrauchs- und Misshandlungsfälle in der katholischen Kirche zum Ausdruck bringen, haben m. E. denselben Anspruch, dass wir als Abgeordnete ihnen zuhören und deswegen werde ich bei ihnen sein.

Ich habe in dieser Frage lange mit mir gerungen. Aber die jüngsten Ereignisse in meiner unmittelbaren Nachbarschaft, zum Beispiel der Umgang der katholischen Kirche mit dem homosexuellen Schützenkönigspaar aus Münster, haben mir noch einmal klar gemacht, an wessen Seite ich in diesem Augenblick gehöre.

Ich kann nachvollziehen, dass diese Entscheidung in meinem mehrheitlich katholischen Wahlkreis nicht überall verstanden wird. Ich bin aber lieber ehrlich und stehe zu meiner Kritik, als Ihnen etwas vorzuspielen. Ich glaube, das bin ich Ihnen und allen anderen Menschen im Kreis Steinfurt schuldig. Heuchelei gibt es schon mehr als genug in der Politik. Wenn der Dalai Lama käme, dürfte er übrigens nicht im Parlament sprechen. Ebenso wie der Patriarch der griechisch-orthodoxen Kirche oder der Oberrabiner von Jerusalem. Der Papst hat hier eine Sonderrolle, weil er gleichzeitig Staatsoberhaupt ist, wenn auch dieser Staat natürlich nicht demokratisch ist. Es wird auch nicht jeder Präsident auf Staatsbesuch eingeladen vor dem Bundestag zu sprechen. Für Repräsentation sind der Bundespräsident und die Bundesregierung zuständig, der Bundestag hat eine andere Aufgabe. Dieser Aufgabe fühle ich mich verpflichtet.

Und um Ihre rhetorische Frage zu beantworten: Wenn etwa der chinesische Regierungschef im Bundestag reden dürfte, dann wäre ich ganz sicher draußen vor der Tür, um mit Amnesty International gegen die Todesstrafe in China zu protestieren. Aber zunächst würde ich versuchen, diesen Auftritt zu verhindern.

Mit freundlichen Grüßen

Kathrin Vogler

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