Liebe Leserin, lieber Leser,
der Berg kreißte und gebar… eine Maus. Nach 30 Stunden Koalitionsausschuss kommt die Ampel um die Ecke mit 144 Autobahnprojekten. Als grünes Feigenblatt wird an manchen dieser Strecken auch die eine oder andere Solaranlage für den Ökostrom sorgen, der die Autos ans Laufen bringen soll. Porsche bekommt seine E-Fuels und die Kindergrundsicherung bleibt erstmal da, wo sie jetzt ist – in der Schublade. Wenn sie denn kommt, soll sie möglichst nichts kosten, denn Christian Lindner will ja dafür weder Steuern für die Reichen erhöhen noch weitere Schulden aufnehmen, denn das Geld wird ja anderweitig gebraucht – für die Bundeswehr. Selbst nahezu kostenfreie Maßnahmen wie ein Tempolimit blockiert Verkehrsminister Wissing und FDP-Chef Christian Lindner schiebt dann bei Illner die Verantwortung für klimabewusstes Verhalten ratzfatz auf die Bürger:innen ab: Die wollten ja schließlich mobil sein. Und ich Dummerchen dachte immer, in einer funktionierenden Demokratie sollte der Verkehrsminister dafür verantwortlich sein, klimaneutrale Mobilität für die Bevölkerung verfügbar und bezahlbar zu machen. Wozu haben wir überhaupt eine Regierung, wenn die unwillig oder unfähig ist, Entscheidungen zu treffen, die über das spontane Management von galoppierenden Krisen hinausgehen?
Apropos Krisenmanagement: Der Bundestag hat bereits 2021 beschlossen, eine nationale Notfallreserve für Pandemien aufzubauen. Dort sollten Schutzmaterialien und Medikamente bevorratet werden, um in der nächsten Notsituation nicht mehr ohne Masken und Desinfektionsmittel dazustehen wie 2020. 2023, also dieses Jahr, sollte der Plan umgesetzt sein. Bisher sind aber lediglich die übriggebliebenen Masken, die die Bundesregierung in den letzten Jahren erworben hatte, beim THW eingelagert. Masken, deren Haltbarkeitsdatum bald überschritten sein wird und die dann, wie schon zig Millionen andere, der „thermischen Verwertung“, sprich Verbrennung, zugeführt werden. Auch hier heißt es, das Finanzministerium stehe auf der Bremse und gebe die benötigten Gelder nicht frei. Vorausschauende Politik ist wieder mal Fehlanzeige. Bevölkerungsschutz hat fertig. Aber Unsummen für die Bundeswehr raushauen, für neue Atombomber und bewaffnete Drohnen, das ist gar kein Problem für Christian Lindner und seine Ampel-Freund*innen.
Mich stört es nicht, wenn die drei Regierungsparteien untereinander streiten. Streit gehört zur Demokratie wie Hopfen ins Bier und wenn alle immer einig wären, bräuchte es ja nicht verschiedene Parteien. Was mich aber nervt ist, dass sich am Ende offenbar immer die kleinste der Ampelparteien durchsetzt und wichtige Weichenstellungen für unser Land und die Menschen blockiert. Oder ist es SPD und Grünen eigentlich ganz recht, dass die FDP für jede dieser Blockaden freiwillig den Sündenbock gibt? Wo bleibt denn bitte die Kindergrundsicherung und warum wird sie zu niedrig sein? Weil 2,8 Millionen arme Kinder und ihre Familien im Gegensatz zu Porsche, Hochtief und Rheinmetall keine Lobby haben. Sie sind darauf angewiesen, dass es eine Partei im Bundestag gibt, die sich nicht kaufen lässt und ihnen eine Stimme gibt. Diese Stimme darf nicht verstummen, deswegen muss DIE LINKE wieder stärker werden. Und dazu sind öffentliche Spekulationen darüber, ob man eine andere Partei gründen möchte, alles andere als nützlich.
Eine Partei zu gründen, ist nicht einfach. Eine zu zerstören, scheint viel einfacher zu sein. Man sollte sich das gut überlegen, eine Partei, die aus verschiedenen linken und progressiven Strömungen entstanden ist, in öffentlichen Auftritten schlechter darzustellen, als sie ist. Was mich besonders ärgert ist, wenn unsere klaren friedenspolitischen Positionen angezweifelt werden, denn eine Partei mit diesem Profil ist einmalig in der Bundesrepublik und das sollten wir nicht verspielen. Gerade in Zeiten des Krieges und der massivsten Aufrüstung seit der Gründung der Bundeswehr, brauchen wir nicht nur eine soziale Stimme, sondern auch eine für Frieden und Abrüstung, auch wenn das in Kriegszeiten natürlich schwerer durchzuhalten ist als dann, wenn man sich von „Freunden umzingelt“ sieht. Nein, Russland unter Wladimir Putin ist nicht unser Freund. Leute, die so denken wie wir, sind dort massiven Repressionen ausgesetzt. Wo schon das Wort „Krieg“ kriminalisiert wird, leben Antimilitarist:innen und Pazifist:innen in täglicher Angst. Und das Verbrechen der russischen Aggression gegen die Ukraine wird keinen Millimeter kleiner, wenn ich darauf hinweise, dass solche Leute auch in der Ukraine verfolgt und kriminalisiert werden, und zwar nicht erst seit dem russischen Angriffskrieg vom 24.2.2022.
Ich habe mich gefreut, dass am 1. April nun auch Sozialdemokrat:innen, Gewerkschafter:innen und Friedensbewegte mit dem Aufruf „Frieden schaffen“ an die Öffentlichkeit getreten sind, in dem sie den Bundeskanzler auffordern, „zusammen mit Frankreich insbesondere Brasilien, China, Indien und Indonesien für eine Vermittlung zu gewinnen, um schnell einen Waffenstillstand zu erreichen.“ Auch, wenn wir LINKEN zurecht stolz auf unsere Rolle als Friedenspartei sind, muss es unser Ziel bleiben, mehr Menschen für eine friedenspolitische Zeitenwende zu gewinnen. Dabei spielen insbesondere Gewerkschaften, aber auch Klimabewegung und Sozialverbände eine zentrale Rolle. Denn der Umbau der Wirtschaft zu einer „Kriegswirtschaft“, wie es etwa der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes gefordert hat, hat negative Auswirkungen auf alle Bereiche, insbesondere auf die Arbeitswelt, die soziale Lage von Kindern, Familien und Rentner:innen und natürlich auf unsere Möglichkeiten, die Klimakrise aufzuhalten und zu bewältigen.
Ein Land, in dem gilt „Waffen zuerst“ wird kein Land sein, in dem es sich für arbeitende Menschen und ihre Familien besonders gut leben lässt. Ein solches Land wird auch beim Schutz unserer Lebensgrundlagen nicht vorangehen. Insofern ist das scheinbare Einknicken der Grünen vor der FDP auch folgerichtig, sind sie doch beide ganz vorne mit dabei, wenn es gilt, immer neue und immer stärkere Waffen zu liefern. „Was auch immer nötig ist“, ist da die Devise. Für Klima und Kinder bliebt nur „Was noch so gerade übrig ist“.
Und das ist nicht genug!
Ich wünsche euch frohe Ostertage, ob bei den Ostermärschen und/oder mit euren Lieben.
Solidarische Grüße
Eure Kathrin
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