Gesundheitspolitisches Possenstück der GroKo – auf dem Rücken von Patient*innen und Beschäftigten

In den letzten Jahren haben Gröhe und die groß-koalitionären Gesundheitspolitiker*innen ihre Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag zügig und ohne großes Aufsehens abgearbeitet. Aber jetzt ist Vorwahlkampf angesagt: Da müssen CDU/CSU und auch SPD verstärkt Muskeln spielen lassen und zeigen, dass sie auch eigenständige Gesundheitspolitik machen könnten. So blockiert sich die Regierungskoalition immer öfter – meist zu Lasten der Patient*innen, Versicherten und der Beschäftigten im Gesundheitswesen.

Beispiel Pflegeausbildung:

Die Reform der Pflegeausbildung tritt auf der Stelle: Die von der SPD favorisierte „Generalistik“ (mit einer dreijährigen gemeinsamen Ausbildung aller Bereiche der Pflege, auch für Kinderkranken- und Altenpflege) lehnen Unions-Abgeordneten zunehmend ab, diverse angebliche Kompromissvorschläge werden zunächst begrüßt, verschwinden dann wieder in der Versenkung oder werden brüsk zurückgewiesen. Es droht, dass auch in dieser Wahlperiode keine Neuregelung erfolgt. Das wäre für die Attraktivität des Pflegeberufs und für die Qualität des Pflegeberufs die schlechteste aller Lösungen.

Denn gute Pflege braucht gute Ausbildung. Darum fordert DIE LINKE eine integrierte Pflegeausbildung von Krankenpflegekräften gemeinsam mit Kinderkranken- und Altenpflegekräften. Im Gegensatz zum generalistischen Modell des Regierungsentwurfs könnten so die fachlichen Besonderheiten der einzelnen Ausbildungsberufe ernst genommen werden und erhalten bleiben.

In der außerordentlich hitzigen Bundestagsdebatte zur Reform der Pflegeausbildung am 26. Januar 2017, in der Kathrin Vogler [Hier zur Rede verlinken, die demnächst auf der Homepage sein wird] den Antrag der LINKEN vorstellte, trat die Kluft zwischen SPD und Union offen zutage (nachzulesen im Plenarprotokoll ab Seite 21595). Der Vorschlag der LINKEN wurde wie zwar wie immer von den Fraktionen der Regierungskoalition abgelehnt. Doch tut sich zwischen CDU/CSU und SPD eine größere Kluft auf, die dazu führen könnte, dass es auch in dieser Wahlperiode zu keiner konstruktiven Lösung mehr kommt. Das wäre für die Pflege ein schlechtes Signal.

Beispiel Versandhandel:

Beim Thema Sicherstellung der Arzneimittelversorgung auch auf dem Lande blockieren sich die Koalitionäre, dabei tut auch hier schnelles Handeln Not. Denn im Herbst 2016 gestattete der Europäische Gerichtshof ausländischen Versandapotheken, Boni auf Arzneimittel zu gewähren. Dieser Wettbewerbsvorteil gefährdet insbesondere Apotheken auf dem Lande massiv.

Bundesgesundheitsminister Gröhe sowie CDU/CSU reagierten bald und legten sich auf ein Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln fest. Doch die SPD, insbesondere Fraktions-Vize Lauterbach, erklärten zunächst laut, dass sie dem nie zustimmen würden. Mitte Januar jedoch lenkte Lauterbach ein, weil andere Optionen so schnell bis zur Wahl nicht mehr umsetzbar sind. Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD Mattheis und die Arzneimittelexpertin Dittmar jedoch sperren sich weiter, und auch das SPD-geführte Wirtschaftsministerium spielt auf Zeit. Es bleibt zu befürchten, dass das taktische Manöver der SPD aufgehen könnte.

Um den Druck auf die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen zu erhöhen, hat DIE LINKE schon Ende vergangenen Jahres einen Antrag vorgelegt, in dem die Sicherstellung einer guten und wohnortnahen Arzneimittelversorgung durch ein Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln gefordert wird. Sogar aus den Reihen der CDU/CSU wurde Kathrin Vogler in der Bundestagsdebatte über den Antrag der LINKEN Sympathie bekundet, nicht jedoch von Seiten der SPD. Viel Zeit bleibt jedoch nicht für ein Gesetzesverfahren, nicht nur weil das Ende der Wahlperiode näher rückt, sondern weil ein Versandhandelsverbot vorher einem sogenannten EU-Notifizierungsverfahrens in Brüssel unterzogen werden muss.

Beispiel Aufsicht über Selbstverwaltungsorgane:

Das Gesundheitssystem Deutschlands hat bislang eher gute Erfahrungen mit der Selbstverwaltung (durch Krankenkassen, Kassenärztlichen Vereinigungen, Gemeinsamem Bundesausschuss etc.) gemacht. Doch in letzter Zeit fiel nicht zuletzt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) mit Dauerstreit, Skandalen und kriminellen Machenschaften negativ auf.

Die Bundesregierung legte darum einen Gesetzentwurf vor, mit dem mehr Transparenz und auch mehr Kontrolle über die Selbstverwaltung eingeführt werden sollte – aus LINKER Sicht in Anbetracht eines immer stärker wettbewerblich ausgerichteten Systems durchaus ein Schritt in die richtige Richtung. Unendlich Zeit zur parlamentarischen Debatte bestand allerdings nicht, da schon für 3. März 2017 die nächste KBV-Vorstandswahl angesetzt ist – die natürlich unter jeweils gültigem Recht zu erfolgen hat.

In einem unerträglichen Hickhack machte es die SPD spannend bis zur letzten Minute. Noch einen Tag vor Abschluss des Gesetzesentwurfs im Ausschuss für Gesundheit drohte sie, mit Nein zu stimmen. Am Ende präsentierte sie stolz einige Änderungen, die sie der Union abgetrotzt habe –alles in allem viel Tam-Tam im Vorwahlkampf und viel Verunsicherung aller Akteure.

DIE LINKE bedauert, dass mit diesem Gesetz die Chance vertan wurde, die Position der Patientenvertretungen in den Selbstverwaltungsgremien als Korrektiv zu stärken. Der Antrag der LINKSFRAKTION dazu wurde jedoch abgelehnt.