Blut- und Gewebezubereitungsgesetz: Mehr Sicherheit für HIV-Infizierte Bluter und vieles mehr

Rede im Bundestag
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In ihrer Rede vom 1. Juni 2017 erläutert Kathrin Vogler, was an den Regelungen zur Pflege sowie zu Entschädigungsleistungen für Bluter, die vor Jahrzehnten durch verseuchte Blutprodukte mit HIV infiziert wurden, zu begrüßen, aber auch zu kritisieren ist. In dem Gesetz „zur Fortschreibung der Vorschriften für Blut- und Gewebezubereitungen und zur Änderung anderer Vorschriften“ wird gleich ein ganzer Strauß weiterer Regelungen vorgenommen.

In ihrer Rede vom 1. Juni 2017 erläutert Kathrin Vogler, was an den Regelungen zur Pflege sowie zu Entschädigungsleistungen für Bluter, die vor Jahrzehnten durch verseuchte Blutprodukte mit HIV infiziert wurden, zu begrüßen, aber auch zu kritisieren ist. In dem Gesetz „zur Fortschreibung der Vorschriften für Blut- und Gewebezubereitungen und zur Änderung anderer Vorschriften“ wird gleich ein ganzer Strauß weiterer Regelungen vorgenommen.

Rede von Kathrin Vogler zu protokoll:

(Anrede)

Mit dem Gesetz „zur Fortschreibung der Vorschriften für Blut- und Gewebezubereitungen und zur Änderung anderer Vorschriften“ wird gleich ein ganzer Strauß von Regelungen vorgenommen, auf die ich in vier Minuten Redezeit nicht einzeln eingehen kann. Von den vielen Inhalten möchte ich daher Regelungen zur Pflege sowie die Entschädigungsleistungen für Bluter, die durch verseuchte Blutprodukte vor Jahrzehnten mit HIV infiziert wurden, herausgreifen.

Wir kritisieren, dass die Interessen Menschen mit Pflegebedarf und/ oder Behinderungen weiterhin nur unzureichend im Qualitätsausschuss, der die Pflege kontrollieren soll, vertreten sind. Hier muss deutlich nachgebessert werden. DIE LINKE befürwortet ausdrücklich, dass Sanktionen gegen eine Pflegeeinrichtung nicht nur bei einer Personalunterausstattung, sondern auch dann erfolgen können, wenn nicht tariflich oder nach kirchlichem Arbeitsrecht bezahlt wird. Wir möchten aber schon nochmal darauf hinweisen, dass es dringend weitere Maßnahmen braucht, um insbesondere in der ambulanten Altenpflege die Tarifbindung der Unternehmen zu erhöhen.

Ausnahmeregelungen, die eine Abweichung von den Qualitätsstandards und der Leistungsbemessung nach dem neuen Pflegebegriff beinhalten, lehnen wir ab. Modellprojekte zur Entwicklung von Personalbemessungsinstrumenten in der Altenpflege sind dringend notwendig. Energisch jedoch lehnen wir Ausnahmen in diesen Modellprojekten ab, die die Leistungsansprüche der Menschen mit Pflegebedarf nach dem neuen Pflegebegriff einschränken würden. Wissenschaftliche Instrumente für eine Personalbemessung müssen die Qualität der Pflege erhöhen und nicht einschränken.

Für die neuen Grundlagen der „Stiftung Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen“ gibt es von unserer Seite, wie von den Betroffenen und ihren Verbänden, viel Lob, aber auch Kritik. Wir begrüßen, dass nun endlich die Forderungen nach einer lebenslangen Garantie der Leistungen und nach einer Anpassung an den Kaufkraftverlust erfüllt werden. Das haben wir schon lange gefordert, angesichts immer wieder auftretender Zahlungsschwierigkeiten der Stiftung, die die Infizierten jedes Mal in Existenzängste brachten.

Hauptverursacher des chronischen Geldmangels der Stiftung waren die Pharmaunternehmen, die – gemeinsam mit Behörden des Bundes und der Länder sowie auch dem Roten Kreuz als Blutspende-Organisation – seit über 20 Jahren gesetzlich verpflichtet sind, als Verursacher des großen Blutskandals Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts nach einem festgelegten Schlüssel in die Stiftung einzuzahlen. Da sich die Verhandlungen mit den Arzneimittelherstellern aber immer äußerst schwierig und zäh gestalteten, entlassen CDU/CSU und SPD die Industrie nun gänzlich aus der Zahlungsverpflichtung, und die Steuerzahlerinnen und -zahler sollen komplett für die Stiftungsmittel aufkommen. Das halten wir für nicht akzeptabel: Warum sollen diejenigen, die riesige Profite mit den Arzneimitteln eingefahren haben und immer noch einfahren, nicht wenigstens ihren Anteil für die Entschädigungsleistungen beisteuern? Wir raten dringend davon ab, diese Regelung zum Präzedenzfall für künftige Pharmaskandale zu machen.

Ein weiterer Wermutstropfen: Zwar soll zukünftig die Höhe der Entschädigungen an die Inflation angeglichen werden. Doch über 20 Jahre lang gab es keinerlei Erhöhung für die Opfer des Blutskandals. Wir halten es für unerlässlich, dass es auch rückwirkend zu einem Ausgleich der Inflation kommt.

Wir fordern auch, dass die wenigen Personen, die erst nach dem Stichtag 1.1.1988 durch verseuchte Blutprodukte infiziert wurden, Leistungen aus der Stiftung erhalten. Die damalige Annahme des Gesetzgebers, dass es dieser Personengruppe leichter fallen solle, individuell von den Arzneifirmen höhere Entschädigungsleistungen einzuklagen, hat sich leider nicht bewahrheitet. Angesichts der sehr geringen Gesamtkosten für die 10-15 Betroffenen sollten hier großherzig Regelungen geschaffen werden, die auch diesen Menschen endlich eine angemessene Entschädigungshöhe garantiert. Die allermeisten können nämlich aufgrund der Schädigung nicht voll erwerbstätig sein und sind auf Unterstützungsleistungen erheblich angewiesen.

Leider hat sich die Koalition nicht dazu durchringen können, dies noch zusätzlich in ihrem Änderungspaket zu berücksichtigen und den Antrag der LINKEN abgelehnt. Ich hoffe, dass wir zeitnah doch noch gesetzliche Regelungen schaffen können, auch diesen Menschen beizustehen.

Deswegen können wir diesem Gesetzentwurf so auch nicht zustimmen, wegen der tatsächlichen Verbesserungen für die Betroffenen werden wir uns aber enthalten.