Mehr Wertschätzung für Physiotherapeut*innen!
In ihrer Rede im Rahmen der Debatte zur Reform der Ausbildung der Physiotherapieberufe am Mittwoch, 18. Oktober 2023, begründet Kathrin Vogler, warum eine gute Ausbildung von Physiotherapeut*innen für eine bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung der Bevölkerung unverzichtbar ist.
Kathrin Voglers Rede im Wortlaut:
Vielen Dank, Frau Präsidentin.
Meine Damen und Herren!
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, ich freue mich außerordentlich, dass Sie jetzt in der Opposition die Zeit gefunden haben, sich mit der Physiotherapeutinnen- und Physiotherapeutenausbildung zu beschäftigen. Das Bundesgesundheitsministerium ein bisschen unter Druck zu setzen, wird sicherlich helfen. Schade, dass Sie in 16 Regierungsjahren, davon 12 mit einem eigenen Gesundheitsminister, so gar keine Gelegenheit hatten, das Thema anzugehen.
(Heiterkeit der Abg. Heike Baehrens (SPD))
Aber gut, schauen wir nach vorne!
Worum geht es? Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten leisten bei vielen akuten und chronischen Erkrankungen einen wichtigen Beitrag zur Linderung von Beschwerden oder sogar zur Genesung. Dennoch werden sie bei uns nicht genug und nicht angemessen wertgeschätzt. Teilweise müssen sie ihre dreijährige Ausbildung an einer Fachschule sogar noch selbst mit Schulgeld bezahlen. Und auch dann dürfen sie ihre Kompetenzen nur nach ärztlicher Verordnung und nach Erwerb zusätzlicher Zertifikate ausüben. Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten werden händeringend gesucht. Doch der Beruf ist so, wie er jetzt ist, für viele junge Menschen einfach nicht attraktiv genug.
(Beifall bei der LINKEN - Matthias W. Birkwald (DIE LINKE): Wohl wahr!)
Die Union schlägt nun eine Teilakademisierung und eine Evolution statt einer Revolution vor. Liebe Kolleginnen und Kollegen, seit 2009 erproben wir nun die akademische Ausbildung von Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten. Ihr Gesundheitsminister Spahn wollte den Modellversuch sogar noch bis 2031 verlängern, obwohl die Evaluation schon 2021 ergeben hat, dass von der akademischen Ausbildung eben nicht nur die Absolventinnen und Absolventen und ihre Arbeitgeber/-innen, sondern vor allem auch die Patientinnen und Patienten profitieren - durch bessere Therapieerfolge und kürzere Therapiedauer. Und da kommen Sie uns immer noch mit Charles Darwin? Wissen Sie eigentlich, dass die Evolution von der Pfote zur menschlichen Hand 2 Millionen Jahre benötigte? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.
(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die Linke will keine Zweiklassengesellschaft in der Physiotherapie. Deswegen halten wir - wie bei der Logo- und der Ergotherapie - eine vollakademische Ausbildung für sinnvoll, und zwar als duales Studium mit ausreichend Praxisbezug.
(Beifall bei der LINKEN)
Der Studiengang muss explizit auch offen sein für den beruflichen Aufstieg von fachschulisch ausgebildeten Masseurinnen und Masseuren und medizinischen Bademeisterinnen und Bademeistern. Eine Ausbildungsvergütung und komplette Schulgeldfreiheit sind überfällig. Es versteht doch wirklich kein Mensch, dass man für so einen sinnvollen Beruf auch noch Geld mitbringen soll.
Eine hochschulische Qualifikation muss dann auch zwingend zu mehr Kompetenzen und mehr Anerkennung führen. Das Mindeste wäre hier wirklich der Direktzugang von Patientinnen und Patienten zur Physiotherapie als Kassenleistung ohne den Umweg über die Arztpraxis. Ich weiß, dass dafür noch dicke Bretter gebohrt werden müssen. Aber ich würde sagen: Mut zur Revolution nach Jahrzehnten unionsgeführter Stagnation -
Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Kathrin Vogler (DIE LINKE):
- ist auch bei der Physiotherapie angebracht.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD - Dr. Hendrik Hoppenstedt (CDU/CSU): Jetzt seien Sie mal nicht so streng!)