Friedensstrategie geht nur ohne Militär
In der Debatte um eine einheitliche Friedens- und Sicherheitsstrategie für die Bundesrepublik hat sich Kathrin Vogler für eine Abkehr von der militärischen Logik ausgesprochen. "Die Bundeswehr hat in der Außenpolitik nichts zu suchen." Zivile Konfliktbearbeitung muss Alternative zu Militär und Krieg sein, nicht Ergänzung im Rahmen sogenannter zivil-militärischer Zusammenarbeit.
Rede im Wortlaut:
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
In dem vorliegenden Antrag der Grünen zum Thema Friedens- und Sicherheitsstrategie gibt es auf den ersten Blick einige Punkte, denen ich gerne zustimmen würde. So schreiben Sie zum Beispiel:
Konflikte können mit Gewalt nicht gelöst und in eine stabile Friedenslösung überführt werden.
Sie schreiben auch völlig zu Recht, dass es auf viele der heutigen Risiken und Bedrohungen wie internationaler Terrorismus, organisierte Kriminalität oder die Sicherung von Rohstoffen und Vertriebswegen keine militärischen Antworten geben kann. Sie sprechen vom Primat des Zivilen und davon, dass zivile Krisenprävention, Konfiktmanagement und Friedenskonsolidierung Leitprinzipien einer umfassenden Friedens- und Sicherheitskonzeption sein sollen. Wer wollte denn dagegen sein? Aber natürlich ist es ein Antrag der Grünen. Da muss man leider genauer hinsehen.
Da heißt es zum Beispiel:
Dabei zeigen gerade die Versuche der militärischen Krisenbewältigung der zurückliegenden Jahre, dass deren Potenzial zur Bearbeitung von Konflikten maßlos überschätzt ist.
Das ist zwar richtig. Aber wer war es denn, der die Potenziale von Kriegseinsätzen maßlos überschätzt hat? Ich nenne als Beispiele die Kriegseinsätze der Bundeswehr in Jugoslawien 1999 und in Afghanistan 2001, die die Grünen gemeinsam mit den Sozialdemokraten durchgesetzt haben.
So gern ich Ihnen glauben würde, es gäbe hier vielleicht so etwas wie eine klammheimliche Positionsveränderung, so wenig trifft das leider zu. Wir alle haben noch im Ohr, wie vor wenigen Monaten Abgeordnete der Grünen in diesem Haus gefordert haben, Deutschland solle sich doch bitte am Krieg gegen Libyen beteiligen. Inzwischen sehen wir alle, wie durch die Luftangriffe der NATO nicht etwa Zivilistinnen und Zivilisten geschützt werden, wie Sie es sich vorgestellt hatten, sondern die NATO selbst für Todesopfer unter der Zivilbevölkerung verantwortlich ist.
Nein das tut mir leid , in der Gesamtausrichtung des Papiers gibt es keine Kurskorrektur. Zivile Konfliktbearbeitung ist für Sie eben nicht die Alternative zu militärischer Gewalt, sondern soll sie im Rahmen von umfassenden, ressortübergreifenden, zivil-militärischen Konzepten nur ergänzen. Wenn Sie sich von dieser militärdominierten Logik nicht verabschieden, dann wird diese Strategie auf eine Ausweitung der zivil-militärischen Zusammenarbeit hinauslaufen, die die Linke ablehnt.
Dieses Konzept bedeutet nichts anders als die Unterordnung des Zivilen unter militärische Strukturen. Das haben wir an verschiedenen Stellen schon gemeinsam kritisiert.
Eines sage ich ganz klar: Die Bundeswehr ist für uns kein außenpolitisches Instrument. In der Außenpolitik hat die Bundeswehr überhaupt nichts zu suchen.
Eine schlüssige Gesamtstrategie würde für mich heißen, dass wir zum Beispiel die Rüstungsexporte stoppen müssen. Sie haben doch gerade gemeinsam mit uns die Bundesregierung wegen der Panzerlieferungen an Saudi-Arabien kritisiert, und wir haben gemeinsam unseren jeweiligen Anträgen zugestimmt. Warum steht denn zu den Rüstungsexporten nichts in Ihrem Konzept?
Wir müssen auch darüber reden, wie wir die deutsche Außenwirtschaftspolitik so organisieren, dass sie nicht Ungerechtigkeiten, Armut usw. hervorruft, durch die Konflikte überhaupt erst gewaltförmig eskalieren.
Wir müssen dafür sorgen, dass die Bundesrepublik das Völkerrecht bedingungslos einhält; denn wenn wir es verletzen, wie beispielsweise im Jugoslawienkrieg, dann können wir andere Staaten doch nicht glaubwürdig dazu auffordern, es einzuhalten.
Wir müssen auch über Abrüstung reden, auch über einseitige. Das hatten Sie doch auch einmal in Ihrem Programm.
(Agnes Malczak (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das haben wir immer noch in unserem Programm!)
Sehr schön, aber das alles steht nicht in Ihrem Antrag. Diese Fragen, die Sie leider nicht einmal stellen, müssten wir aus meiner Sicht dringend in der Gesellschaft und hier im Parlament diskutieren.
An einer solchen Debatte würden wir uns gerne beteiligen, nicht nur auf irgendwelchen Webportalen, sondern live und in Farbe, überall dort, wo es notwendig ist.