Koalition von CDU/CSU und SPD versagt bei Pflegereform

Rede im Bundestag

Verbesserungen in der Pflege sind dringend notwendig und überfällig. Nach Pia Zimmermann kritisiert auch Kathrin Vogler für die Bundestagsfraktion DIE LINKE die völlig unzureichenden Pläne der Bundesregierung und erläutert die Vorschläge der LINKEN.

Verbesserungen in der Pflege sind dringend notwendig und überfällig. Nach Pia Zimmermann kritisiert auch Kathrin Vogler für die Bundestagsfraktion DIE LINKE die völlig unzureichenden Pläne der Bundesregierung und erläutert die Vorschläge der LINKEN.

Die Rede im Wortlaut

Kathrin Vogler (DIE LINKE):

Vielen Dank. ‑ Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Nüßlein, wenn man Sie hat sagen hören, welcher Reformbedarf hier auf einmal besteht, dann fragt man sich, wer eigentlich in den letzten Jahren in Deutschland regiert hat.

(Jens Spahn (CDU/CSU): Sie Gott sei Dank nicht!)

Das kann ja nicht die Union gewesen sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir wissen doch alle, und nicht erst seit gestern, dass grundlegende Verbesserungen in der Pflege dringend notwendig sind. Wenn ich mit Pflegenden spreche ‑ ganz egal, ob es sich um Angehörige oder Beschäftigte in der ambulanten oder stationären Pflege handelt ‑, dann höre ich immer nur: Stress, Zeitdruck, übermäßige Arbeitsbelastung. Wenn man mit Menschen mit Pflegebedarf spricht und sie fragt, was sie sich wünschen, dann hört man nur eines, nämlich mehr Zeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Kollege Nüßlein hat gerade sehr eindrucksvoll dokumentiert, dass auch diese Bundesregierung leider keine Antwort auf diese große Herausforderung hat.
Wir alle haben eine Vorstellung davon, wie wir im Alter leben wollen. Dazu gehören größtmögliche Selbstständigkeit und Teilhabe. Die Realität sieht für viele aber leider ganz anders aus. Auch die Berichte über Zwangsmaßnahmen in der Pflege müssen uns, glaube ich, Sorgen machen. Aus Personalmangel, aus Zeitmangel und aus Unwissenheit werden Menschen gegen ihren Willen angebunden oder hinter Bettgitter gesteckt. Diese Menschenrechtsverletzungen ‑ das will ich noch einmal ganz klar sagen ‑ geschehen nicht aus Bosheit, sondern sind Ausdruck einer strukturellen Unterversorgung.

(Maria Michalk (CDU/CSU): Trotzdem nicht zulässig!)

Diese Unterversorgung müssen wir beenden; denn gute Pflege ist ein Menschenrecht.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich höre mit Freude, dass Sie zumindest zaghafte Schritte der Verbesserung ankündigen. Ich sage aber ganz klar: Mit Ankündigungen alleine wird sich die Linke nicht abfinden. Wir werden weiter darauf achten, dass für die Menschen tatsächlich etwas passiert.

(Beifall bei der LINKEN ‑ Mechthild Rawert (SPD): Das passiert auch!)

Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff, über den wir in Expertenkommissionen und hier im Hause über drei Wahlperioden diskutiert haben, bringt nur dann etwas für die Menschen mit Pflegebedarf, wenn Teilhabe und Selbstbestimmung im Mittelpunkt stehen. Hier sehe ich mit dem heute vorliegenden Gesetzentwurf leider noch keinen echten Fortschritt. Das ist eine vertane Chance.

(Beifall bei der LINKEN)

Uns allen ist doch klar, dass wir für die Umsetzung einer solchen grundlegenden Pflegereform viel Geld benötigen. Die jetzige Erhöhung der Pflegeversicherungsbeiträge hat aber rein gar nichts mit Nachhaltigkeit zu tun.

Nach unserem Zeitplan werden wir heute Nachmittag um 13.20 Uhr das Lebensversicherungsreformgesetz beraten. Die Menschen werden die Erfahrung machen, dass das, was sie im Rahmen ihrer Lebensversicherungen fürs Alter angespart haben, vor dem Hintergrund der Niedrigzinssituation und der Finanzkrise eben nicht mehr sicher ist.

(Volker Kauder (CDU/CSU): Das ist ja Quatsch! Das ist absoluter Quatsch, was Sie hier erzählen! ‑ Maria Michalk (CDU/CSU): Das ist doch auch wieder Quatsch! ‑ Sabine Weiss (Wesel I) (CDU/CSU): Sie sollten so etwas nicht sagen, wenn Sie davon nichts verstehen!)

Sie wollen dieses Modell der Lebensversicherung, bei dem eine Rücklage für spätere Zeiten gebildet wird, mit dem Vorsorgefonds auch auf den Bereich der sozialen Pflegeversicherung übertragen.

(Dr. Karl Lauterbach (SPD): Das ist doch Unsinn!)

Da die SPD jetzt offensichtlich erkannt hat, dass das hoch problematisch ist, und das strittig stellt, kann ich Ihnen nur sagen: Bitte bleiben Sie hier hart! Sorgen Sie dafür, dass das Struck‘sche Gesetz, dass eben nichts so aus diesem Parlament herausgeht, wie es hineingekommen ist, gerade bei diesem Vorsorgefonds eingehalten wird

(Beifall bei der LINKEN ‑ Volker Kauder (CDU/CSU): Sie gehen so heraus, wie Sie hineingegangen sind!)

und dass die 1,2 Milliarden Euro jährlich, die die Union für spätere Zeiten bei Banken und in Aktienfonds parken möchte, jetzt unmittelbar für Verbesserungen für die Pflegebedürftigen und deren Angehörigen verwendet werden!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen unbedingt einen konkreten Zeitplan für die Umsetzung des neuen Pflegebegriffs haben. Es muss auch sichergestellt werden, dass kein pflegebedürftiger Mensch später schlechter gestellt ist als heute.

(Beifall bei der LINKEN ‑ Mechthild Rawert (SPD): Bestandsschutz!)

In der Perspektive brauchen wir aber Leistungen, die sich wirklich am individuellen Bedarf orientieren. Dafür werden wir uns als Linke weiter einsetzen. Wir werden Sie auch unterstützen, wenn wir Schritte in diese Richtung erkennen können.

(Beifall bei der LINKEN)