LINKE Pharma-Pläne effektiver als die der Bundesregierung

Rede

Kathrin Vogler, stellvertretende Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, stellt in ihrer Rede am 9.7.2010 die Pläne der Fraktion DIE LINKE „Für ein modernes Preisbildungssystem bei Arzneimitteln“ (BT-Drucksache 17/2324) vor.Dabei kritisiert sie die Pläne der Bundesregierung als völlig unzureichend und zahnlos. Die Bundesregierung erlaubt den Pharma-Konzernen weiterhin, tief in die Kassen der Krankenversicherungen zu greifen. DIE LINKE will die Arzneimittelpreise am wirklichen therapeutischen Nutzen, den Forschungskosten und dem gesellschaftlichen Interesse ausrichten und Scheininnovationen unterbinden.


Rede im Wortlaut:

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir haben schon in den letzten zwei Tagen erlebt, wie die schwarz-gelbe Koalition Planlosigkeit und soziale Kälte zum gesundheitspolitischen Programm macht. Die steigenden Beiträge, die ungerechte Kopfpauschale, die vor allem wieder Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen schultern sollen, begründen Sie immer wieder gern mit der steigenden Lebenserwartung. Das war auch in der Rentendebatte gerade wieder das Thema. In unserem Bereich verweisen Sie da auf den medizinischen Fortschritt.


Wenn dem so ist, dann sollten Sie diejenigen, die von beidem stärker profitieren, auch mehr oder angemessen zur Kasse bitten. In Deutschland leben nämlich die reichsten 10 Prozent der Bevölkerung durchschnittlich zehn Jahre länger als die ärmsten. Das zeigt, dass unser vielgelobtes Gesundheitswesen ich schätze es; ich kenne seine Qualitäten wirklich gut ist, aber nicht unbedingt sozial und nicht gut für alle.


Mit Ihrem Gesetzentwurf wollen Sie, Herr Rösler, die Kostensteigerungen für Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenkasse bremsen.
Andererseits - das sagen Sie ganz offen - wollen Sie auch Wirtschaftsförderung betreiben. Wir machen hier aber keine Wirtschaftspolitik, sondern Gesundheitspolitik. Weil Ihre Vorschläge dementsprechend unzureichend und inkonsequent sind, um die Megaprofite der Pharmaindustrie zu begrenzen, hat die Fraktion Die Linke einen eigenen Antrag für vernünftige und nachvollziehbare Arzneimittelpreise vorgelegt. Ich fordere Sie auf: Setzen Sie sich vernünftig damit auseinander!


Schauen wir einmal genauer auf das, was Sie da vorhaben. Sie wollen also, dass die Pharmaindustrie auch weiterhin für jedes neue Medikament selbst den Preis festlegen darf.
Diesen Preis, egal ob 20 oder 2 000 Euro, müssen die gesetzlichen Krankenkassen dann mindestens ein Jahr lang erstatten.
Sie, Herr Rösler, nennen das einen patientenfreundlichen Zugang zu Innovationen. Aber ich nenne das die Lizenz zum Gelddrucken.


Die Linke fordert eine viel schnellere und transparentere Preisfestlegung gerade für die neuen Arzneimittel; denn das sind die Arzneimittel, die die hohen Kosten verursachen. Dabei wollen wir vor allem darauf achten - das haben wir in unserem Antrag dargestellt -, ob das Präparat wirklich einen Nutzen für die Patientinnen und Patienten hat. Ist es nicht wirklich neu oder nicht besser als bereits auf dem Markt befindliche Medikamente, dann darf es auch nicht teurer sein.  

Bei den sogenannten therapeutischen Solisten, also bei den Präparaten, für die es keine Behandlungsalternative gibt und für die eine Kosten-Nutzen-Bewertung in angemessener Zeit nicht möglich ist, brauchen wir weitere Kriterien - Herr Kollege Spahn, Sie haben gerade gesagt, Forschung sei wichtig für Innovationen -, zum Beispiel die Forschungskosten. Dazu müsste die Industrie erst einmal ihre tatsächlichen Kosten offenlegen, und zwar ohne die üblichen Mogeleien.


Die Pharmalobbyisten erklären uns ja immer gerne, dass die Mondpreise für neue Mittel sein müssten, um die Forschung zu finanzieren. Angeblich kostet die Entwicklung eines neuen Medikaments über 600 Millionen Euro. US-Wissenschaftler haben aber schon vor einigen Jahren nachgewiesen, dass es real oft nicht einmal 50 Millionen Euro sind. Hier brauchen wir dringend die Transparenz, die Sie, Herr Minister, und Sie, Herr Kollege Spahn, immer so gerne fordern.
Nach dem ersten Jahr sollen dann die Krankenkassen mit den Herstellern über den Preis verhandeln. Daran glauben Sie doch selbst nicht.

Herr Rösler, gehen Sie doch einmal zur Deutschen Post und verhandeln über den Preis einer Briefmarke. Warum, bitte schön, sollte sich die Post darauf einlassen? Sie hätten in diesem Fall wenigstens die Möglichkeit, den Brief selbst zu überbringen. Ein Kranker hat aber keine Alternative, und die Krankenkassen müssen das zahlen, was die Industrie verlangt.

Last, not least wollen wir mit unserem Antrag eine weitere Lücke Ihres Entwurfes schließen. Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum die Arzneimittel in den Krankenhäusern von der Preisgestaltung ausgenommen sein sollen. Schließlich werden die meisten Erstverordnungen von teuren Medikamenten in Kliniken vorgenommen.


Liebe Kolleginnen und Kollegen von Union und FDP, lieber Kollege Spahn, es nützt überhaupt nichts, wenn Sie dauernd beklagen, dass die Opposition nur meckere. Das stimmt nämlich nicht. Wir haben ganz konkrete Vorschläge gemacht. Ich fordere Sie auf: Prüfen Sie diese Vorschläge vorurteilslos, soweit Ihnen das möglich ist!
Wir erheben kein Copyright; denn es geht hier schließlich um ein zukunftsfähiges und soziales Gesundheitswesen. Und nicht vergessen: Gesundheit ist keine Ware.