Gaststaatgesetz für internationale Einrichtungen

Kathrin Voglers Rede zum Gaststaatgesetz für internationale Einrichtungen, das internationalen NGOs in Deutschland unnötige bürokratische Stolpersteine aus dem Weg räumen soll (zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Gesetzesentwurfs, Tagesordnungspunkt 19 am Donnerstag).

Herr Präsident/ Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren,

Die Linke begrüßt, dass es mit dem Gaststaatgesetz für internationale Einrichtungen einfacher wird, sich in der Bundesrepublik anzusiedeln. Internationale Organisationen leisten einen wichtigen Beitrag zur Verständigung und damit zum Frieden. Für Einrichtungen jedoch, die nicht Gremien der Vereinten Nationen oder der Europäischen Union sind, gab es bisher keine einheitlichen und transparenten Regelungen, zum Beispiel, was ihren rechtlichen Status in der Bundesrepublik betrifft. Das Gaststaatgesetz will hier Abhilfe schaffen.

In vielen Themenfeldern spielen internationale Einrichtungen, auch solche, in denen staatliche Institutionen zum Beispiel mit nichtstaatlichen oder privatwirtschaftlichen Akteuren zusammenarbeiten, heute eine wichtige Rolle. Ich denke da etwa an Umwelt- und Klimapolitik, internationale Gesundheitspolitik, globale Wirtschaftspolitik, globale Gerechtigkeit oder Vorbeugung gewaltsamer internationaler Konflikte. Die Stärkung nichtstaatlicher Organisationen, etwa, wenn sie Kooperationen mit privatwirtschaftlichen Akteuren eingehen, sorgt klar für mehr Autonomie der Organisationen und schützt sie vor der Vereinnahmung durch Industrielobbyisten.

Es geht also um den Schutz der Eigenständigkeit und den Abbau von Hindernissen, um Deutschland als Standort für nichtstaatliche internationale Organisationen attraktiver zu machen. Denn nehmen diese Organisationen bisher  ihren Sitz  in Deutschland, fangen die Probleme an: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind international, die Angehörigen auch, ebenso die Finanzen dieser Organisationen. Und diese internationalen Strukturen treffen dann auf die deutsche Bürokratie.

Die Landesregierung meines Bundeslandes Nordrhein-Westfalen hat die Initiative für diesen Gesetzentwurf ergriffen, und sie hatte dabei sicherlich auch entsprechende Erfahrungen aus der Bundesstadt Bonn im Blick. Bonn beherbergt eine ganze Reihe internationaler Organisationen, den UN-Campus und viele unabhängige Nichtregierungsorganisationen (also NGOs), die sich um wichtige globale Fragen wie Klima, Umwelt oder Frieden kümmern, oder Organisationen wie Care International oder das Internationale Paralympische Komitee. Aus Bonn, der provisorischen Bundeshauptstadt des Kalten Krieges, ist heute eine attraktive Welt-Gemeinschafts-City geworden.

Aber ich glaube, es wäre falsch, diese wichtige Frage vor allem unter dem Gesichtspunkt des Standortwettbewerbs zu diskutieren. Der Kern des Problems ist doch, dass internationale Organisationen, die für ihr Engagement dringend benötigten personellen und zeitlichen Ressourcen allzu oft für die Überwindung bürokratischer Hürden aufwenden müssen. Dass dieser Gesetzentwurf nun diesen Organisationen entgegenkommt und unnötige bürokratische Stolpersteine aus dem Weg räumt, ist hilfreich.

Weniger hilfreich ist allerdings der Änderungsantrag der Koalition, die Voraussetzungen für die Einräumung der Rechtsstellung internationaler NGOs (§ 33) betreffend: Bitte behalten Sie nicht nur die Frage im Blick, was die NGOs für die Bundesregierung tun können, sondern auch, was die Regierungspolitik für die NGOs tun kann. Denn NGOs sind oftmals nicht nur „näher dran“ an Problemen; sie funktionieren als Impulsgeber und Welterklärer besser, wenn man ihnen Freiräume lässt und sie nicht allzu sehr den Erfordernissen staatlicher Politik unterordnet.

Eine weitere Anregung zum Schluss: wäre es nicht sinnvoll,  solche Vereinfachungen und Vergünstigungen auch fortschrittlichen hiesigen Organisationen und Institutionen, zum Beispiel im sozialen, politischen und kulturellen Bereich zu gewähren? Stattdessen hören wir immer wiede von Bemühungen, etwa der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, dem globalisierungskritischen Netzwerk attac oder der Umwelthilfe die Gemeinnützigkeit zu entziehen. Zivilgesellschaftliches Engagement ist aber auf allen Ebenen eine wesentliche Antriebskraft unseres Gemeinwesens. Entsprechende Vergünstigungen wie im Gaststaatgesetz wären auch für diese Organisationen eine Ermutigung.

Foto: UN-Campus in Bonn (Pixabay)