Ziviles, unbewaffnetes Peacekeeping im Südsudan unterstützen

Rede im Bundestag

Kathrin Vogler fordert in ihrer Rede zum Antrag der LINKEN (Drucksache 18/1614), dass nicht abgerufene Mittel für den Bundeswehreinsatz im Südsudan zur Unterstützung zivilen, unbewaffneten Peacekeepings verwendet werden soll.

Kathrin Vogler fordert in ihrer Rede zum Antrag der LINKEN (Drucksache 18/1614), dass nicht abgerufene Mittel für den Bundeswehreinsatz im Südsudan zur Unterstützung zivilen, unbewaffneten Peacekeepings verwendet werden soll.

 

Die Rede im Wortlaut

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ende 2013 entbrannte im Südsudan ein blutiger Machtkampf zwischen den Truppen des ehemaligen Vizepräsidenten Riek Machar und der Regierungsarmee SPLA. Bis zum Waffenstillstand im Mai starben Tausende; etwa 800 000 Menschen mussten fliehen. Schon 2010, vor der Unabhängigkeit, als ich mit Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion im Südsudan vor Ort war, haben wir befürchtet, dass ein solcher Gewaltausbruch wieder möglich wäre. Es ist ungemein bitter, zu erleben, dass unsere Befürchtungen wahr geworden sind. Aufgrund unserer Beobachtungen haben wir 2011 einen Antrag mit konkreten Vorschlägen in den Bundestag eingebracht. Damals haben wir zum Beispiel gefordert: die Stärkung der Zivilgesellschaft, die langfristige Unterstützung innersudanesischer Ansätze für zivile Konfliktbearbeitung, für Dialog, für Versöhnungs- und Traumaarbeit und dass sich die Bundesregierung im UN-Sicherheitsrat dafür einsetzt, dass ein künftiges UN-Mandat nicht der militärischen Logik folgt, sondern auf Konfliktlagen frühzeitig mit Mitteln der zivilen und gewaltfreien Konfliktbearbeitung deeskalierend reagiert. Dieses UN-Mandat mit dem Namen UNMISS wurde dann allerdings doch ein vorwiegend militärisches. Trotz eines Jahresetats von 924 Millionen US-Dollar und bis zu 7 000 Soldaten und 900 Polizisten im Einsatz konnte UNMISS gegen die Gewaltausbrüche nicht viel mehr tun, als Zehntausenden Flüchtlingen die Türen ihrer Stützpunkte zu öffnen. Das war ein wertvoller, aber kein ausreichender Beitrag zum Schutz der Zivilbevölkerung. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Schon im Januar 2013 hatte eine unabhängige Evaluation ergeben, dass UNMISS vor allem politisch und zivil erfolgreich war. Deswegen gab es die Empfehlung, die militärische Komponente radikal zu reduzieren und gerade politische und zivile Kapazitäten aufzubauen. (Beifall bei der LINKEN) Das Gegenteil ist leider passiert, und das findet die Linke grundfalsch. (Beifall bei der LINKEN) Deutschland unterstützt UNMISS über den Peacekeeping-Haushalt der Vereinten Nationen, und Deutschland gibt noch extra Mittel für den Bundeswehreinsatz im Rahmen von UNMISS. Davon wird allerdings nur etwa ein Drittel jedes Jahr verbraucht. Allein im letzten Jahr sind 1,2 Millionen Euro übrig geblieben. Um diese Mittel geht es in unserem Antrag. Wir wollen sie einsetzen, um die Arbeit ziviler Akteure im Südsudan beim Schutz der Zivilbevölkerung zu fördern. (Beifall bei der LINKEN) Ich denke zum Beispiel an Nonviolent Peaceforce. Nonviolent Peaceforce ist eine internationale Organisation, die mit der lokalen Bevölkerung gemeinsam Schutznetzwerke aufbaut und damit erfolgreich gegen ethnische Spaltung agiert. Sie hat dafür gesorgt, dass in dem Konflikt Dinka Nuer geschützt haben und dass Nuer Dinka geschützt haben. Es wurden Gerüchte aufgeklärt, die zu Hass hätten führen können, und Flüchtlinge aus den Kampfgebieten unterstützt. Für eine solche Arbeit braucht es eine flächendeckende, eine große Präsenz, vor allem in einem Riesenland wie dem Südsudan. Deswegen hat sich diese Organisation mit anderen Organisationen im South Sudan Protection Cluster vernetzt. Die Arbeit dieser Organisation, so wertvoll sie ist, kostet nicht viel. Aber selbst das wenige Geld, das sie braucht, fehlt. Deswegen werben wir dafür, mehr Mittel für genau diese Arbeit zur Verfügung zu stellen, um die Handlungsmöglichkeiten ziviler und gewaltfreier Organisationen zu verbessern und um damit mehr für den Schutz der Menschen vor Gewalt zu tun. Deshalb bitte ich Sie und werbe dafür: Unterstützen Sie unseren Antrag! Unterstützen Sie ziviles, unbewaffnetes Peacekeeping! Danke. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)   Kurzintervention: Frau Kollegin, eigentlich hat es mir schon beim Kollegen Frei in den Fingern gejuckt, aber jetzt erwischt es Sie. Ich kann den Beiträgen der Regierungskoalition nicht entnehmen, dass Sie unseren Antrag wirklich gelesen haben. (Beifall der Abg. Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) Wir fordern darin nicht, UNMISS umgehend einzustellen. Wir fordern nur, dass die Bundesregierung die Mittel, die sie für UNMISS bereits eingeplant hatte, freigibt, um damit andere zivile und gewaltfreie Organisationen, die bereits erfolgreich arbeiten, zu fördern und es ihnen zu ermöglichen, den Schutz der Zivilbevölkerung zu organisieren. Es handelt sich nur um einen winzigen, kleinen Anteil des Gesamtbeitrages, der über die Vereinten Nationen in das UNMISS-Budget fließt. Ich verstehe nicht, zu welchem Antrag Sie hier reden. Wir reden über einen sehr konkreten Antrag. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Es geht um eine relativ kleine Summe, mit der sehr viel bewegt und verändert werden kann. Wenn Sie sagen, Sie lehnen einen Antrag von uns ab, dann können Sie ihn gerne abschreiben und das Geld von anderer Stelle nehmen. Woher Sie es nehmen, ist mir letzten Endes egal. Wichtig ist mir, dass es bei den Menschen und Organisationen ankommt, die zum Schutz der Zivilbevölkerung, der Menschen im Südsudan, die sich in dieser fürchterlichen Situation befinden, beitragen; denn sie haben effektiv gearbeitet. Sie haben Erfolge erzielt. Ohne diese Organisationen wäre im letzten Bürgerkrieg noch viel mehr passiert. Deshalb muss man diese Ansätze ausbauen und fördern. Insofern bitte ich Sie: Sprechen Sie einmal konkret zu diesem Antrag, der vorliegt, und verhalten Sie sich dazu. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

 

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Links

Video der Rede auf www.bundestag.de

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