Patientenrechtegesetz hilft Patienten wenig

Regierungsbefragung zum Thema Patientenrechte

Bei der Vorstellung des Patientenrechtegesetzes monierte Kathrin Vogler, dass der Beifall vor allem von der Ärzteschaft kommt, die Erwartungen der Patientenorganisationen jedoch nicht erfüllt werden.


Redebeitrag und Frage von Kathrin Vogler:

Vielen Dank, Herr Minister, Frau Ministerin.

Ich finde, man muss diesen Gesetzentwurf auch einmal un­ter der Perspektive betrachten, aus welcher Ecke er den meisten Beifall bekommt. Wir haben gehört, dass der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Frank Ulrich Montgomery, gesagt hat, der Gesetzentwurf entspreche im Wesentlichen dem, was er mit dem Patientenbeauf­tragten der Bundesregierung abgesprochen habe.

Von Patientinnen- und Patientenorganisationen hingegen hö­ren wir nicht, dass der Gesetzentwurf im Wesentlichen das enthalte, was sie mit der Bundesregierung abgespro­chen bzw. von der Bundesregierung erwartet haben.

Deswegen frage ich Sie: Warum verschließen Sie sich weiterhin einer weiter reichenden Beweiserleichterung für Patientinnen und Patienten – ich will nicht von Be­weislastumkehr sprechen, sondern von Beweiserleichte­rung –, einer Reform des Gutachterwesens, das es den Patientinnen und Patienten überhaupt erst ermöglichen würde, mit den behandelnden Ärzten auf Augenhöhe zu sein, einer Regulierung der individuellen Gesundheits­leistung – dieses Thema geht ja momentan auch wieder durch die Presse –, einer Reform der Schlichtungsstel­len, die mehr Raum für die Interessen der Patientinnen und Patienten verschaffen, sowie besseren Mitwirkungs­möglichkeiten von Patientinnen und Patienten in den entsprechenden Gremien? All das wäre meiner Ansicht nach wichtig gewesen. 

Antwort von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundes­ministerin der Justiz:

Wunderbar. Das wird aber nicht notwendig sein. Ei­nige der gerade gestellten Fragen fallen natürlich in den Zuständigkeitsbereich von Herrn Bahr, aber ich möchte grundsätzlich sagen: Wir haben diesen Gesetzentwurf mit niemandem in irgendeiner Form vorher abgespro­chen.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber schlechter Stil!)

Wir haben im Vorfeld keine Forderungen aufgenommen oder einer Seite Zugeständnisse gemacht. So ist der Ge­setzentwurf nicht entstanden.

(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Das ist aber interessant!)

Das Ziel, das wir mit diesem Gesetzentwurf verfolgen, ist vielmehr, den Patienten die Möglichkeit zu geben, ih­rem Behandelnden auf Augenhöhe gegenüberzutreten. Das ist ein wichtiges Anliegen, und das gelingt. Das wird einmal deutlich, wenn man sich ansieht, welche Re­gelungen wir hinsichtlich Informationspflichten, Einwil­ligung, Aufklärungspflichten, Dokumentation in der Pa­tientenakte und des Rechts zur Einsichtnahme in die Patientenakte in diesen Gesetzentwurf aufgenommen ha­ben. Vor allen Dingen wird das aber deutlich, wenn man sich die Regelung anschaut, die greift, wenn Dinge, die besprochen worden sind, sich nicht in der Patientenakte wiederfinden: Daraus sollen Vermutungen zugunsten der Patienten und zulasten der Ärzte abgeleitet werden. Bei diesem Gesetzentwurf werden natürlich die unterschied­lichen Interessen in den Blick genommen; das muss bei jedem Gesetzgebungsvorhaben der Fall sein. Es gibt aber keineswegs eine einseitige Ausrichtung.

Wir konzentrieren uns bei diesem Gesetzentwurf – das gilt insbesondere für die vorgesehenen Änderun­gen im Bereich des BGB – auf die drängenden Fragen und auf das, was sich grundsätzlich in unser Haftungs­recht – deliktisch oder vertraglich – einfügen lässt. Ein Fonds, der Ärzte entlastet, der durch die Hintertür eine Gemeinschaftshaftung der Versicherten einführen würde,passt nicht in unsere Rechtsordnung. Deshalb haben wir nach intensiver Erörterung mit diesem Gesetzentwurf ei­nen solchen Weg nicht beschritten.