Persönliche Erklärung von Kathrin Vogler zur Verabschiedung des GKV-Finanzierungsgesetzes (Kopfpauschale)
In einer so genannten „persönlichen Erklärung“ führt Kathrin Vogler ihre Gründe auf, das GKV-Finanzierungsgesetz abzulehnen: Entsolidarisierung und soziale Ungerechtigkeit durch Einführung der Kopfpauschale, Kostenerstattungsprinzip mit Vorkasse, Einfrieren der Arbeitgeberbeiträge, Forcierung der elektronischen Gesundheitskarte
Rede im Wortlaut:
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich möchte doch noch einmal erklären, warum ich dieses GKV-Finanzierungsgesetz abgelehnt habe. Ich habe das getan als Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse, das sich entschieden für eine Krankenversicherung einsetzen will, in der die Gesunden für die Kranken und die finanziell Stärkeren für die finanziell Schwächeren einstehen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird dieser verbliebene Rest an Solidarität aufgekündigt.
Mit dem, was Sie als einkommensunabhängige Zusatzbeiträge einführen, nämlich der Kopfpauschale, soll ich als Bundestagsabgeordnete nächstes Jahr womöglich den gleichen Zusatzbeitrag wie die Sachbearbeiterin in meinem Büro zahlen. Ihr Beitrag erhöht sich dadurch aber sehr viel stärker als meiner. Das halte ich für ungerecht – und die Sachbearbeiterin wahrscheinlich noch mehr. Deswegen kann ich diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen.
Sie halten uns entgegen, man könne die Zusatzbeiträge minimieren, indem man die Kasse wechsele. Als Mitglied der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft kenne ich viele kranke Menschen, chronisch kranke und behinderte Menschen, die dauerhaft in ärztlicher Behandlung sind. Gerade für sie ist ein Kassenwechsel oft mit großen Problemen und Ängsten verbunden. Weil ich diese Ängste ernst nehme, muss ich diesen Gesetzentwurf ablehnen.
Ich habe deshalb häufig die besorgte Frage von Bürgerinnen und Bürgern im Wahlkreis gehört, ob sie sich ihre Krankenkasse im nächsten Jahr überhaupt noch leisten können. Ich finde diese Frage nur zu berechtigt, auch angesichts des Wahltarifs in Bezug auf die sogenannte Kostenerstattung, bei der man das Geld für die Arztrechnung aus eigener Tasche vorstrecken kann. Wer soll das machen? Vor allem Behinderte und chronisch Kranke werden sich das nicht leisten können. Sie werden es sich auch nicht leisten können, auf einem Teil ihrer Behandlungskosten sitzen zu bleiben. Deswegen halte ich den Gesetzentwurf für diskriminierend und ausgrenzend und habe dagegengestimmt.
Ich habe auch deshalb gegen den Gesetzentwurf gestimmt, weil unter Ausschaltung der Rechte der Opposition erst vor vier Tagen durch einen Änderungsantrag ein völlig neuer Sachverhalt hineingeschmuggelt wurde. Die umstrittene elektronische Gesundheitskarte soll jetzt beschleunigt eingeführt werden. Mindestens 10 Prozent der Versicherten sollen innerhalb eines Jahres damit ausgestattet werden. Schaffen die Krankenkassen das nicht, dann werden sie finanziell bestraft. Für mich sind in diesem Punkt noch zu viele Fragen offen, die wir nicht in einem ordentlichen parlamentarischen Verfahren klären konnten, zum Beispiel zur Datensicherheit und zu den immensen Kosten, die dieses Projekt zur Karte 21 machen könnten. Das kann ich nicht verantworten. Aus all diesen Gründen habe ich den Gesetzentwurf abgelehnt.