UN Resolution verpflichtet zum Handeln bei Gewalt und Krieg gegen Frauen

Rede

„Keinem vernünftigen Menschen wird es einfallen, Tintenflecken mit Tinte, Ölflecken mit Öl wegwaschen zu wollen. Nur Blut soll immer wieder mit Blut abgewaschen werden.“ (Bertha von Suttner)


Rede im Wortlaut:

Herr Präsident! Meine lieben Kollegen und Kolleginnen!

Ich bin ganz besonders erfreut, dass sich zu diesem Thema überwiegend männliche Kollegen im Plenum befinden.
Ich denke, daran wird ein leichter Bewusstseinswandel erkennbar.


"Keinem vernünftigen Menschen wird es einfallen, Tintenflecken mit Tinte, Ölflecken mit Öl wegwaschen zu wollen. Nur Blut soll immer wieder mit Blut abgewaschen werden."


So Bertha von Suttner, die 1905 als erste Frau den Friedensnobelpreis bekam. Heute hat sie viele Schwestern in allen Kontinenten.

Millionen von Frauen setzen sich weltweit für die Überwindung von Gewalt, für Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit ein. Sie tun das beharrlich, gewaltfrei und oft unter großen Gefahren, so wie die argentinische Mutter, die immer noch nach ihren verschwundenen Kindern sucht, die kurdische Journalistin, die Rundfunksendungen in ihrer Muttersprache produziert, oder die israelische Ärztin, die in die Westbank fährt, um dort kranke Palästinenser und Palästinenserinnen zu behandeln. Ihnen ist zu verdanken, dass wir heute die Resolution „Frauen, Frieden und Sicherheit“ beraten können, die der UN-Sicherheitsrat vor zehn Jahren verabschiedet hat.


Frauen und Mädchen werden nicht erst in Kriegen zu Opfern. Häusliche Gewalt und sexuelle Misshandlung sind weltweit für viel zu viele bitterer Alltag. Wie wir gerade in sehr drastischen Beispielen gehört haben, wird sexuelle Gewalt im Krieg oder Bürgerkrieg aber auch als Waffe eingesetzt. Die Kollegin Müller hat das sehr eindringlich mit deutlichen Beispielen geschildert. Vergewaltigung und Zwangsprostitution sollen die Gegnerinnen und Gegner demütigen und die Kampfmoral der Truppe heben. Auch dann, wenn die Waffen endlich schweigen, ist für viele Frauen noch lange nicht Frieden.

Wir wissen, dass in Nachkriegsgesellschaften Gewalt gegen Frauen geradezu allgegenwärtig ist. Es ist das Verdienst von mutigen Frauen wie Monika Hauser von Medica Mondiale, die ich an dieser Stelle ausdrücklich erwähnen möchte, dass diese Verbrechen nicht länger unter den Teppich gekehrt werden.


Die Überlebenden haben ein Recht auf unsere Solidarität. Ihr Leid darf nicht missbraucht werden, um erneute Gewalt zu rechtfertigen. Blut kann nämlich nicht mit Blut abgewaschen werden.


Die UN-Resolution 1325 verpflichtet uns, Frauen und Mädchen besonders vor Gewalt und Krieg zu schützen. Mir macht es Sorgen, dass diese Pflicht immer öfter als Vorwand für neue Gewaltanwendung und Militäreinsätze missbraucht wird. Der wirksamste Schutz vor Gewalt ist und bleibt die Vorbeugung und damit die Verhinderung von Krieg. Dafür tut diese Bundesregierung viel zu wenig.


In Ihrem Haushaltsplanentwurf kürzen Sie die Mittel für die zivile Krisenprävention um bis zu 30 Prozent, während die Ausgaben für die Bundeswehr um weitere 400 Millionen Euro steigen sollen. Das ist doch Wahnsinn. Das kann man nicht mehr rechtfertigen.


Frau Schuster, Sie haben gerade den Bericht der Bundesregierung zur Umsetzung der Resolution 1325 von 2007 kritisiert. Aber im aktuellen Bericht der Regierung zur zivilen Krisenprävention findet sich zum Thema Geschlechtergerechtigkeit nur Politlyrik. Das ist die Sache nicht wert.


Frauenorganisationen fordern zum zehnten Jahrestag der Resolution, dass wir endlich ernst machen und konkret werden sollen: mit einem Aktionsplan, klaren Zeitvorgaben und den entsprechenden personellen und finanziellen Mitteln. Das mit dem Argument der Bürokratisierung abzubügeln, finde ich unredlich, Herr Mißfelder.


Deshalb haben wir als Linke diese Forderung in unserem Antrag aufgegriffen. Wir wollen, dass die Bundesrepublik Deutschland in internationalen Konflikten grundsätzlich auf militärische Gewalt verzichtet und konsequent auf zivile Konfliktbearbeitung setzt.


Aus meinen eigenen Erfahrungen mit dem Zivilen Friedensdienst in Palästina und Israel weiß ich, dass Projekte, die die Sicht der Frauen ausblenden, wenig Erfolgsaussichten haben. Deshalb ist es wichtig, dass wir die Frauen- und Friedensorganisationen hier und in den Konfliktregionen aktiv beteiligen und ihre Kreativität, ihre soziale Fantasie und ihre Erfahrungen noch stärker als bisher einbeziehen.


Ich komme zum Schluss. Die irrwitzige Vorstellung, dass man nur genügend Frauen zum Militär holen müsste, um den Krieg zu humanisieren, lehnen wir als Linke allerdings ab. Krieg lässt sich nicht humanisieren. Wir sollten ihn alle gemeinsam abschaffen.
Ich danke Ihnen.