Besuch vom Bikini-Atoll: Auswirkungen der Atomwaffentests auf Mensch und Umwelt

Kathrin Vogler, Initiatorin des Parlamentskreises Atomwaffenverbotsvertrag im Bundestag, empfing am 13. Juni gemeinsam mit Dirk Heidenblut (SPD), ebenfalls Mitglied des Parlamentskreises, eine Delegation von Aktivisten der Marshall-Inseln, um über die nachwirkenden Folgen der US-Atomwaffentests in den 1940er/50er Jahren zu sprechen.

 

Nukleare Verseuchung und die Folgen in den Testregionen

Am 16. Juli 1945 explodierte die erste Atomwaffe der Geschichte über der Wüste in New Mexico/USA. Das US-Militär testete die Bombe, die wenige Wochen später Nagasaki zerstören sollte. Nach einer Studie der internationalen Ärztinnen und Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) kam es weltweit allein durch oberirdische Atomwaffentests bis zum Jahr 2000 zu 430.000 zusätzlichen Krebstoten.
Insgesamt haben die USA (1.032), die ehem. UdSSR (715), Frankreich (210), Großbritannien (45), China (45), Nordkorea (6) Indien (3) und Pakistan (2)  bisher 2058 Atomtests durchgeführt. Die  betroffenen Regionen liegen oft fernab der testenden Staaten und sind überwiegend von einer nicht-weißen Bevölkerung und ethnischen Minderheiten bewohnt.

Atomwaffentests sind bis heute nicht verboten ...

Am 6. August 1985 wurde der Vertrag von Rarotonga für eine atomwaffenfreie Zone im Südpazifik abgeschlossen. Im Jahr 1996 verabschiedete die UN den umfassende UN-Atomteststoppvertrag (Comprehensive Test Ban Treaty, CTBT), der alle Kernwaffentests und andere nukleare Explosionen verbietet. Die USA unterzeichneten den CTBT als erste Nation, aber der US-Senat lehnte 1999 die Ratifizierung ab. Bislang (Stand Januar 2023) haben 186 von 196 Staaten den Vertrag unterzeichnet, 177 haben ihn ratifiziert, Deutschland am 20. August 1998. Der Vertrag tritt erst in Kraft wenn ihn die Staaten Ägypten, China, Indien, Israel, Iran, Nordkorea, Pakistan und USA ratifiziert haben, was fast unmöglich scheint, weil diese Atommächte kaum bereit sein werden, einem Verbot von Atomwaffentests zuzustimmen.

Treffen mit Betroffenen der Marshallese Educational Initiative

Kathrin Vogler und Dirk Heidenblut für den Parlamentskreis Atomwaffenverbotsvertrag im Bundestag begrüßten gemeinsam mit Annegret Krüger und Katharina Müller (DFG-VK) sowie Inga Blum (IPPNW) die Aktivisten Matthew John, Benetick Kabua Maddison und Marino Morris von der „Marshallese Educational Initiative“ (MEI) im Bundestag, um mit ihnen über das nukleare Erbe der Marshallinseln zu sprechen.

Matthew, Benetick und Marino engagieren sich seit Jahren in der MEI, um auf die Gefahren von Atomwaffen und die Auswirkungen von Atomwaffentests auf Menschen und Umwelt aufmerksam zu machen. Die Einwohner*innen der Marshall-Inseln, wie viele andere indigene Bevölkerungsgruppen auch, sind bis heute von den Folgen der Tests betroffen.

Atomwaffentest auf den Marshallinseln und im Bikini-Atoll

Die USA führten zwischen 1946 und 1958 67 Atombombentests auf den Marshall-Inseln durch. Einige Atolle wurden dadurch unbewohnbar. Die Bewohner*innen wurden vor und während der Tests weder informiert noch geschützt, über die humanitären und ökologischen Folgen der Tests wurde gar nicht oder viel zu spät aufgeklärt. Auf den Marshall-Inseln wurden an den Bewohner*innen sogar ohne deren Wissen Tests über die gesundheitlichen Folgen von Atombombenexplosionen durchgeführt, denen sie vorher ungeschützt ausgesetzt waren. Die noch heute aus den Jahrzehnte zurückliegenden Tests resultierenden Umwelt- und Gesundheitsschäden, sowie die in den Gebieten weiterhin bestehenden Risiken wurden nicht erfasst. Angemessene Hilfen und Entschädigungen für die Opfer sind bis heute nicht erfolgt.

Als ehemalige Kolonialmacht dieser Inseln und Staat der nuklearen Teilhabe trägt auch Deutschland eine Verantwortung gegenüber den betroffenen Menschen.
Thema des Gesprächs war es deshalb auch, wie Deutschland sich für die Entschädigung der Opfer einsetzen könnte und welche möglichen Hürden es dabei zu überwinden gilt.