Nationalpark oder Truppenübungsplatz? Die Diskussion über die Senne

Die Senne ist ein im Norden an Paderborn angrenzender Landschaftsraum. Auf einer Fläche von 250km² bietet er Heimat für über 5000 Tier- und Pflanzenarten, von denen über 500 in der „Roten Liste“ geführt werden. Allerdings wird er auch zu etwa der Hälfte von den Britischen Streitkräften als Truppenübungsplatz genutzt.

Seit die Briten im vergangenen Winter den Abzug aus der Region angekündigt haben, hat sich eine heftige Diskussion darum entbrannt, ob die Senne nun – wie im NRW-Landtag 1991 einstimmig beschlossen – in einen Nationalpark überführt werden soll.

CDU und FDP befürchten einen Einbruch für die Wirtschaft durch den Verlust an Kaufkraft und möchten vor Ort die Präsenz der Bundeswehr stärken um diesen Verlust aufzufangen. Um das zu ermöglichen, werden die Bürgerinnen und Bürger der angrenzenden Gemeinden mit den fadenscheinigstenArgumenten zu überzeugen versucht:

Angeblich sei die touristische Nutzung eines Nationalparks beinahe ausgeschlossen, die Holzwirtschaft würde von heute auf morgen enorme Einbußen erleiden, die ökologisch wertvollen Heideflächen könnten nicht offen gehalten werden, ja sogar von einer zu befürchtenden Borkenkäferplage war bereits die Rede. Zuletzt veröffentlichte der Augustdorfer CDU-Bürgermeister eine Antwort der Europarc, dem europäischen Dachverband der Großschutzgebiete, derzufolge die Kriterien für eine Ausweisung nicht erfüllt würden.

Es bleibt zu vermuten, dass ihm durchaus bekannt ist, dass die deutschen Kriterien für einen Nationalpark deutlich weniger streng sind. So wurde auch vom NRW-Umweltminister Johannes Remmel die mögliche Nutzung als Nationalpark Anfang März bestätigt.

Inzwischen wird als Alternative das Biosphärenreservat vorgeschlagen. Ein Biosphärenreservat muss aber eine Mindestgröße von 300km² aufweisen. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass neben großen Teilen der Senne (die aufgrund der FFH- und Vogelschutzrichtlinien sowieso als Naturschutzgebiete ausgewiesen werden müssen) und einer an diese Gebiete angrenzenden Pufferzone mindestens 50% der Gesamtfläche einer sogennanten Entwicklungszone zugeschrieben werden müssten. Eine erforderliche Mindestgröße von sogar 400km² wäre dann durchaus absehbar. In der Entwicklungszone selbst müsste jede Form von Wirtschaft zukünftig sozial und ökologisch nachhaltigen Kriterien genügen, ein an sich wünschenswertes Konzept, das aber in strukturstarken Regionen politisch kaum umsetzbar sein dürfte.

Inwieweit überhaupt die Bundeswehr für den Standort zu gewinnen wäre, ist überhaupt nicht absehbar. Darüber hinaus ist die Erhaltung des Truppenübungsplatzes zu kurz gedacht.

Gerade aufgrund des zu erwartenden Tourismus bei der Nationalpark-Lösung bietet diese eine langfristige wirtschaftliche Aufwertung der Region. Auch die Kurgemeinde Bad Lippspringe dürfte davon im hohen Maße profitieren.

Für die Ausweisung der Senne zu einem Nationalpark sind natürlich Investitionen zu tätigen – Investitionen, die sich auf längere Sicht aber bezahlt machen werden. Unter allen Großschutzgebieten darf bei einer solchen Ausweisung aber auch mit den meisten Fördergeldern gerechnet werden. Und nicht zuletzt wird es dann auch wieder möglich sein, die dortige Natur an jedem Tag der Woche zu genießen – ohne vom Lärm der angrenzenden Schießbahnen gestört zu werden.

Das wäre ein großer Fortschritt für die Natur, den Tourismus, aber auch für die Menschen vor Ort.