Der Unterausschuss zieht Bilanz: Mehr Wertschätzung für die zivile Konfliktbearbeitung

Der Unterausschuss „Zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und Vernetztes Handeln“, hier ist Kathrin Vogler für ihre Fraktion Obfrau, formuliert in seinem Abschlussbericht zur 19. Wahlperiode Erfahrungen, Fragen und Forderungen.

Seit 2009 ist Kathrin Vogler Obfrau im Unterausschuss „Zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und vernetztes Handeln“ (UA ZKP). Sie nutzt hier ihre friedenspolitische Expertise, um in der Debatte über den außenpolitischen Stellenwert der Zivilen Konfliktbearbeitung eigene Akzente zu setzen und sich im Austausch mit Expert*innen ein authentisches Bild, einerseits über das auswärtige Regierungshandeln, andererseits über die Erfahrungen ziviler Friedensarbeiter*innen in den weltweiten Krisen- und Kriegsregionen zu verschaffen.

Am 17. Mai 2021 hat der UA seinen Abschlussbericht zur 19. Wahlperiode des Bundestages vorgelegt. Danach zieht sich die weiterhin offene Frage, welches Gewicht der zivilen Konfliktbearbeitung oder Militäreinsätzen in Krisenregionen zukommen soll, auch in dieser Legislatur als roter Faden durch die Beratungen des UA. Als wichtiger Referenzrahmen für die außen- und sicherheitspolitischen Debatten spiegelt der UA in seinem Bericht diesbezüglich Ermutigendes:

„Die Erfahrung der vergangenen Jahre zeigt: Es gibt keine nur auf militärischen Interventionen beruhenden anhaltenden Friedenskonsolidierungen. Insbesondere bei den Fragen, wie ein sich anbahnender gewalttätiger Konflikt noch aufgehalten werden kann oder was nach einer militärischen Operation kommt, spielen zivile Instrumente die Hauptrolle. Zunehmend wird auch ihre Bedeutung während gewalttätiger Konflikte zum Schutz der Zivilbevölkerung und zur Deeskalation von Gewalt anerkannt.

Insbesondere NGO-Vertreter*innen, die sich in Konfliktregionen engagieren, wiesen in den Expert*innenanhörungen und Fachgesprächen des UA immer wieder darauf hin, dass Militäreinsätze eher konfliktverschärfend denn -mindernd wirken. Ihre Forderung: der für die Bundesregierung handlungsleitende „vernetzte Ansatz“ solle die zivile Krisenprävention und Konfliktbearbeitung nicht länger als ‚humanitäres Feigenblatt‘, sondern als Alternative für Bundeswehrinterventionen ausbauen und weiterentwickeln. Auch vor dem Hintergrund, dass die bewaffneten UN- und EU-Missionen in den Einsatzländern auf zunehmend weniger Akzeptanz stoßen, ist bemerkenswert, dass auch der Bericht des UA auf die Chancen verweist, die in einer Umorientierung auf eine zivile und konstruktive Rolle der deutschen Außenpolitik stecken:

„Nicht nur in den Missionen von EU, VN und OSZE genießen zivile Kräfte aus Deutschland hohes Ansehen und Vertrauen. Unterstützung bei der friedlichen Beilegung von Konflikten ist vielerorts willkommen. Wie das Land aus der eigenen Geschichte gelernt und sich zu einer rechtsstaatlichen Demokratie entwickelt hat, in der auch Minderheiten geschützt sind, gilt vielfach als vorbildlich. Diese Einschätzung begegnet den Abgeordneten des Unterausschusses auf ihren Reisen immer wieder.“

Der Abschlussbericht formuliert eine Reihe von Empfehlungen an die Abgeordneten im nächsten UA ZKP, die in der 20. Legislaturperiode an eine breitgefächerte Agenda und viele nationale und internationale Gesprächszusammenhänge anknüpfen können.

So will der UA die Umsetzung der Leitlinien „Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern“ der Bundesregierung weiterhin kritisch begleiten und die Zivile Konfliktbearbeitung als Alternative zu militärischen Einsätzen in der Öffentlichkeit stärker bekannt machen. Die Delegationsreisen in Krisenregionen sollen von den UA-Mitgliedern nicht nur genutzt werden, um sich über die Entwicklungen der Konfliktbearbeitung zu informieren; sie sollen auch ein Zeichen der Solidarität mit den demokratischen Kräften und zivilgesellschaftlichen Gruppen vor Ort sein und helfen, die öffentliche Aufmerksamkeit für die besuchten Länder zu erhöhen.

Eine weiteres Ziel ist, im UA die Aufarbeitung des Kolonialismus voranzutreiben und dessen Einfluss auf heutige Konfliktstrukturen weiter zu thematisieren.

Als wichtige Themen, die im UA in der nächsten Legislatur zu bearbeiten sein werden, nennt der Bericht außerdem die Resolution des VN-Sicherheitsrats 1325 „Frauen, Frieden, Sicherheit“, die Auswirkungen der Klimakrise sowie die Folgen der Corona-Pandemie.

Der Abschlussbericht wirft auch einen kritischen Blick auf die weiterhin nicht ausreichenden finanziellen Mittel, die für den Aufbau der zivilen Konfliktbearbeitung als relevantes außenpolitisches Instrument zur Verfügung stehen; insbesondere die Friedensforschung und die internationale Arbeit im Bereich der zivilen Krisenprävention (z.B. die OSZE) müssten finanziell noch besser ausgestattet werden.

Insgesamt vermittelt der Bericht einen positiven Eindruck von der vierjährigen Arbeit des Unterausschusseses „Zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und Vernetztes Handeln“. Es sei dem UA gelungen, „der zivilen Krisenprävention im Parlament eine Aufmerksamkeit verschafft, die wir vorher nur bei einzelnen Abgeordneten hatten“. Es bleibt zu hoffen, dass diese Aufmerksamkeit in der kommenden Legislaturperiode auch einen größeren Einfluss auf das Regierungshandeln gewinnt.

 

Fotos:

(1) 26.10.2020: Fachgespräch "Vergangenheitsarbeit und Versöhnung als Beitrag zur zivilen Krisenprävention"

(2) 17.05.2021: UA ZKP digital: Öffentliche Anhörung „Internationale Biodiversitäts- und Klimaschutzpolitik als Krisenprävention am Beispiel der Waldpartnerschaften im Kongobecken“

Download Bericht:
Bilanz der Arbeit des Unterausschusses „Zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und Vernetztes Handeln“ in der 19. Wahlperiode vom 17. Mai 2021