Gewaltprävention und Konfliktbearbeitung in Kamerun? Kein Thema für die Bundesregierung!

Kamerun, lange Zeit Stabilitätsanker und Vorzeigeland in Westafrika, treibt auf einen Bürgerkrieg zu. Die Bundesregierung hat ihre guten Beziehungen nach Kamerun bisher nicht genutzt, um im Sinne einer politischen Konfliktbearbeitung aktiv zu werden, stattdessen sollen die kamerunischen Streitkräfte von der Bundeswehr aufgerüstet werden. Das ist unverantwortlich und zeigt, wie ideenlos die Bundesregierung ist, wenn es um Gewaltprävention und Konfliktbearbeitung geht! Dazu sprach Kathrin Vogler im Bundestag:

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kamerun, das lange Zeit als Stabilitätsanker in Westafrika galt, steht heute an der Schwelle eines langen und tragischen Bürgerkriegs. Vielleicht ist diese Schwelle sogar überschritten. Den Eindruck konnte man bekommen, als wir gestern Abend die Gelegenheit hatten, mit Friedensaktivisten aus Kamerun zu sprechen.

Die Wurzeln dieses Konflikts reichen tief zurück in die koloniale Vergangenheit, als das heutige Kamerun in einen britischen und einen französischen Teil gespalten wurde. Von der Zentralregierung in Yaoundé wurde der englischsprachige Teil systematisch vernachlässigt und wurden die Bedürfnisse der Bevölkerung ignoriert. Als dann auch noch immer mehr französischsprechende Lehrer und Justizbeamte eingesetzt wurden, kam es vor zwei Jahren zu massiven, aber zunächst friedlichen Streiks und Demonstrationen. Und nachdem diese dann von der Armee blutig niedergeschlagen wurden, formierte sich eine Bewegung, die die Unabhängigkeit des englischsprachigen Landesteils forderte. Der Versuch, diese wiederum gewaltsam niederzuschlagen, führte nicht nur dazu, dass Hunderttausende Menschen vertrieben und Hunderte oder sogar Tausende Menschen getötet wurden, sondern dass sich auch die Separatisten bewaffneten.

Was hat jetzt die Bundesregierung getan, zum Beispiel in den letzten zwei Jahren? Würde sie ihren eigenen Leitlinien zur Krisenbewältigung folgen, so wäre sie schon längst im Sinne einer politischen Konfliktlösung aktiv geworden. Da heißt es nämlich:

Das deutsche Engagement in Krisen und Konflikten folgt dem Primat der Politik und dem Vorrang der Prävention. Dabei nutzt die Bundesregierung das breite Instrumentarium ziviler Maßnahmen.

Welche zivilen Maßnahmen? Das frage ich Sie. Welche zivilen Maßnahmen die Bundesregierung in Kamerun so frühzeitig angewandt hat, dass man sie noch als Prävention bezeichnen könnte, ist ihr gut gehütetes Geheimnis. Kein Geheimnis ist aber, dass die Bundesregierung die kamerunischen Streitkräfte im Rahmen der sogenannten Ertüchtigung ausrüsten und ausbilden will. Und das, meine Damen und Herren, ist wirklich nicht zu fassen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Statt sich frühzeitig um eine politische Konfliktlösung zu bemühen, wartet die Bundesregierung erst mal ab, bis der Konflikt richtig blutig geworden ist, und rüstet dann eine der Konfliktparteien auf, und zwar eine, die schon massenhaft Verbrechen an der Zivilbevölkerung begangen hat. Das geht nun wirklich gar nicht!

(Beifall bei der LINKEN)

Auf mich wirkt es da etwas blauäugig, wenn die Grünen in ihrem Antrag nur fordern:

die Ausstattung und Ausbildung der kamerunischen Streitkräfte … strikt an die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien und den Schutz der Menschenrechte zu knüpfen …

Meine Fraktion, Die Linke, lehnt diese Ausbildungs- und Ausstattungshilfe grundsätzlich ab; denn wir haben bisher noch kein Beispiel gefunden, bei dem diese Art von Waffenbrüderschaft wirklich dem Frieden genutzt hätte.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Das Beispiel Kameruns zeigt leider, wie ideenlos diese Bundesregierung ist, wenn es um Gewaltprävention und Konfliktbearbeitung geht. Dabei könnte sie viel tun. Warum nutzen Sie nicht die traditionell guten Beziehungen zu Kamerun, um in dem Konflikt politisch zu vermitteln? Warum setzen Sie sich nicht innerhalb der Vereinten Nationen zum Beispiel für einen Sondergesandten ein, der politische Lösungsmöglichkeiten sondieren und verschüttete Gesprächskanäle öffnen könnte? Oder wie wäre es, einfach mal die Mittel für den Zivilen Friedensdienst in Kamerun zu verdoppeln - kurzfristig, damit dieser auch unter erschwerten Bedingungen seinen wichtigen Beitrag zur Friedensförderung leisten kann?

Ich frage Sie, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, ob Sie auch nur ein einziges deutsches Projekt der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in den letzten zwei Jahren daraufhin überprüft haben, ob es vielleicht den vorhandenen Konflikt doch noch verschärft. Warum zum Teufel haben Sie sich nicht einmal darauf verständigen können oder darauf drängen können, dass die EU Wahlbeobachter nach Kamerun schickt? All das hätten Sie tun können und könnten es noch tun. Es ist nicht unmöglich; es ist nicht einmal teuer. Was fehlt, ist der politische Wille.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will noch einen Punkt ansprechen, der mich in den letzten Tagen wirklich bewegt: Ein Afrikabeauftragter, der in Kamerun zwar mit dem korrupten Regime, aber nicht mal mit der Zivilgesellschaft spricht, dafür aber dann in deutschen Medien den Kolonialismus schönredet und seinen Ressentiments gegenüber afrikanischen Menschen freien Lauf lässt, der ist aus unserer Sicht wirklich untragbar, und ich sage: Frau Merkel, berufen Sie Herrn Nooke ab!

(Beifall bei der LINKEN)