Widersprechen, gegenhalten, widerstehen.

Kathrin Vogler zum gescheiterten Versuch eines rechtsradikal motivierten Massenmordes an Juden in Halle am Jom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag.

Was in Halle geschah, ist traurig und macht wütend. Am empörendsten empfinde ich aber gerade alle diejenigen, die in den letzten 30 Jahren den Rechtsterrorismus systematisch verharmlost, ignoriert und antifaschistisches Engagement diskreditiert haben und jetzt überrascht und entsetzt tun. Es war nicht überraschend. Es war nicht einzigartig. Von Solingen und Mölln in den frühen 1990er Jahren über den NSU bis zum Überfall auf das jüdische Restaurant in Chemnitz und zur Ermordung von Walter Lübcke - es gab mehr als ein Menetekel, das sie hätte wach rütteln müssen. Aber das Motto war ja: Augen zu, Mund zu und Kopf in den Sand. Entsetzt bin ich, dass es nach all dem tatsächlich noch eine Synagoge in Deutschland gab, die an Jom Kippur nicht einmal einen Streifenwagen vor der Tür stehen hatte. Jeder weiß, wen die Faschisten am meisten hassen: jüdische, muslimische und nicht weiße Menschen. Wie schwer bewaffnet sie sind, hätte nach den letzten Waffenfunden auch jeder anständige Zuständige wissen können. Da keine besonderen Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, ist mindestens fahrlässig. Selbst wenn der Täter diese Anschläge allein geplant und vorbereitet haben sollte, er ist Teil einer globalen Szene, die sich unter den Augen der Behörden und der Öffentlichkeit immer weiter radikalisiert und in Gewaltbereitschaft hineingesteigert hat. Sein Plan war wohl, ähnlich wie in Christchurch/Neuseeland, ein Massaker mit Livestream zu veranstalten. Wie kaputt ist unsere Kultur und unsere Gesellschaft inzwischen, dass solche Faschisten Massenmord als Event zelebrieren und sich online dafür feiern lassen? Selbst die Nazis haben ihre Massaker überwiegend im Verborgenen absolviert, den Angehörigen der Opfer noch zynisch mitgeteilt, ihr behindertes Kind sei leider an Typhus oder Lungenentzündung gestorben.
Das notwendige Fazit aus den Morden in Halle muss sein: Alle klare Kante gegen Rechts. An jedem Tag, an jeder Stelle. Im Bus, auf der Straße, bei der Arbeit, in der Kneipe: Widersprechen, gegenhalten, widerstehen. Und keine Angst haben: Wir sind mehr. Viel mehr!