Keine Verlängerung des Bundeswehreinsatzes vor Somalia

Rede im Bundestag

Statt Millionen in einen Militäreinsatz zu investieren sollte die Bundesregierung besser an einer politischen Lösung für den Konflikt in Somalia arbeiten, die alle Konfliktparteien, die lokalen Autoritäten und die Zivilgesellschaft einbindet. 

Lesen Sie die gesamte Rede von Kathrin Vogler hier oder sehen Sie das Video:


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Vor beinahe genau 20 Jahren, am 21. April 1993, befahl der damalige Verteidigungsminister Rühe von der CDU den Bundeswehreinsatz im Rahmen der Mission UNOSOM II. Ich erinnere mich noch, dass ich damals bei einer Protestaktion vor dem Kanzleramt in Bonn eine Salami zerschnibbelt habe.

Damit wollte ich darauf hinweisen, dass dieser Einsatz Bestandteil einer Salamitaktik ist, um die deutsche Öffentlichkeit daran zu gewöhnen, dass deutsche Soldaten wieder in Kriege ziehen.

Diese damalige Salamitaktik ist leider aufgegangen, und auch Sie, Herr Minister, praktizieren sie weiter; denn durch die schrittweise Ausweitung wollen Sie sozusagen immer weitere Kreise für diese Militäreinsätze ziehen.

Heute wird die Bundeswehr in aller Welt eingesetzt, als ob das selbstverständlich wäre. Die Kollegin Evers-Meyer hat eine vorsichtige Anfrage zu einem ganz konkreten Mandat gestellt und ist hier mit der geballten Macht der Ministerreden abgestraft worden. Das kann doch wohl so nicht sein!

Wir müssen heute wieder über die Verlängerung des Atalanta-Militäreinsatzes sprechen, und zwar auch deshalb, weil alle Bundesregierungen seit 1990 immer wieder auf militärische Lösungen für die Probleme dieser Welt gesetzt haben. Wir müssen uns aber 20 Jahre später fragen: Welches dieser Probleme ist wirklich gelöst worden?

Bevor ich in den Bundestag gewählt wurde, habe ich als Geschäftsführerin einer Friedensorganisation gearbeitet. Dabei habe ich gelernt: Wenn ich staatliche Mittel für Friedensprojekte haben möchte, dann muss ich sehr überzeugende Anträge stellen und vor allem begründen, dass die Projekte innovativ und nachhaltig sind. Das Ganze muss man evaluieren, um die Wirksamkeit zu belegen. Sonst gibt es kein Geld.

Großzügig sind Sie immer nur dann, wenn es um Militäreinsätze geht. Die Bundesregierung lässt sich diesen Einsatz von 340 Soldaten jedes Jahr mehr als 100 Millionen Euro kosten. Das ist mehr als dreimal so viel, wie Sie für alle 300 Fachkräfte des Zivilen Friedensdienstes, die in 40 Ländern der Welt für Frieden und Versöhnung arbeiten, insgesamt ausgeben.

Ihre militärfixierte Politik verschleudert aber nicht nur Geld. Das Schlimme ist: Sie kostet auch Menschenleben.  Das ist wirklich ein Skandal.

Innovation und Nachhaltigkeit: Wo sind sie in diesem Konzept? Sie greifen immer wieder zum gleichen untauglichen Mittel, und wenn dieses Mittel keinen Erfolg bringt, dann erhöhen Sie einfach die Dosis oder definieren die Ziele so um, dass es nach Erfolg aussieht.

Ich habe im Antrag der Bundesregierung einen ganz richtigen Satz gelesen. Er lautet:

Die nachhaltige Lösung des Piraterieproblems liegt … in der nur langfristig zu erreichenden Stabilisierung der Verhältnisse an Land.

Ich muss Sie wirklich fragen: Wie nachhaltig ist das, was wir hier tun? Wie nachhaltig ist es, wenn Sie diesen Einsatz Mal um Mal verlängern? Wir alle wissen nämlich: Es müsste eigentlich eine politische Lösung geben, die nicht nur auf eine Bürgerkriegspartei setzt, sondern alle Konfliktparteien, die lokalen Autoritäten und die Zivilgesellschaft auch in politische Prozesse einbindet.

Tun Sie doch ein einziges Mal das, was Sie von jeder kleinen Entwicklungsorganisation verlangen: Evaluieren Sie diesen Einsatz!

Ich habe hier nur davon gehört, dass alles erfolgreich ist. Natürlich ist die Zahl der Piratenangriffe zurückgegangen, aber auf die Frage, was die konkreten Ursachen dafür sind, haben ja selbst die Minister zugegeben, dass sie sich nicht sicher sind, woher das kommt.

Ist das wirklich eine Folge von Atalanta, oder hat das vielleicht mit der veränderten Situation an Land oder mit dem veränderten Umgang der Reedereien mit den Risiken zu tun? Das müsste man doch durch unabhängige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einmal ordentlich evaluieren, bevor man diesen Einsatz hier wieder verlängert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und von den Grünen, Sie haben sich letztes Jahr mit teilweise guten Argumenten gegen die Ausweitung des Mandates auf das Festland gewandt. Ich hoffe, das haben Sie noch nicht vergessen.

Die Linke war jedenfalls von Anfang an gegen diesen Militäreinsatz, und so wird es auch bleiben.