NEIN zum Krieg gegen Syrien

Eine Einschätzung von Kathrin Vogler

Am 3.September protestierte Kathrin Vogler gemeinsam mit weiteren Abgeordneten der LINKEN und Menschen aus der Friedensbewegung gegen die von der US-Regierung geplanten Bombardierungen in Syrien.

Seit 2011 tobt in Syrien ein blutiger Bürgerkrieg. Inzwischen sollen nach Angaben der Vereinten Nationen mindestens 6 Millionen Menschen auf der Flucht, darunter eine Million Kinder. 100.000 Menschen sind bereits getötet worden.

Nun hat US-Präsident Obama angekündigt, einen Militärschlag gegen Syrien zu erwägen, um einen mutmaßlichen Giftgasangriff der Regierungstruppen mit bis zu 1500 Toten zu rächen. Die britische und die französische Regierung wollten mitmachen, aber inzwischen hat das britische Parlament seine Regierung wieder zurückgepfiffen. Hut ab vor den britischen Abgeordneten, so muss es sein – das Parlament gibt der Regierung vor, wie sie sich zu verhalten hat. Bei uns ist es leider viel zu oft anders herum - die Regierung gibt vor und das Parlament nickt ab. Auch deswegen macht es einen Unterschied, welche Abgeordneten am 22. September in den Bundestag gewählt werden!

Die aktuellen Kriegsvorbereitungen werden begründet mit dem vermuteten Giftgaseinsatz vom 21. August in Siedlungen der syrischen Region Ghuta nahe Damaskus. Der Einsatz von Giftgas ist ein Kriegsverbrechen und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und muss geahndet werden. Deshalb sagt DIE LINKE: Wir brauchen eine vollständige, unabhängige Aufklärung.

Bisher ist aber nicht geklärt, wer die Urheber dieses schrecklichen Angriffs waren. Es ist gut, dass mittlerweile UN-Inspekteure in der Region waren, um eine möglichst umfassende Aufklärung  zu erreichen. Dazu gehören u.a. Untersuchungen und Interviews mit den Überlebenden/Verletzten. Damit wird es bald genauere Erkenntnisse über das Massaker geben, die öffentlich werden müssen. Die UN-Inspekteure werden aber wahrscheinlich keine Ergebnisse über die Verantwortlichen dieser furchtbaren Tat liefern können, denn das ist nicht ihr Auftrag. Deswegen müssen weitere, neutrale Ermittlungen folgen.

Ein militärischer Angriff gegen Syrien – zumal als Vergeltungsschlag und ohne UN-Mandat - wäre nicht nur eine Vorverurteilung, sondern schlicht völkerrechtswidrig. Er würde viele Menschen in Syrien für etwas bestrafen, was sie nicht zu verantworten haben. Militärische Strafaktionen sieht das Völkerrecht nicht vor. Jedes militärische Eingreifen erhöht die Gefahr, dass der Krieg in Syrien sich zu einem unkontrollierbaren Flächenbrand mit unabsehbaren Folgen ausweitet. Bereits jetzt hat die desolate Lage in Syrien die Spannungen in Irak, Libanon und Jordanien erhöht, die Regierung des Iran hat angekündigt, einen Angriff auf Syrien nicht hinzunehmen. Die Türkei geht regelmäßig gegen kurdische Einrichtungen im Irak und in Syrien vor. Diese angespannte Situation berührt auch Israel.

In der Vergangenheit hat militärisches Eingreifen niemals zur Beschleunigung eines Waffenstillstands- oder Friedensprozesses geführt. Das Gegenteil ist der Fall. Bei einer Anwendung der Kriegslogik droht eine Wiederholung von Afghanistan und dem Irak.

Möglicherweise ist auch unter den Leserinnen und Lesern dieses Beitrags der eine oder die andere, die nach den schrecklichen Bildern toter Kinder meint, dass ein militärisches Eingreifen sinnvoll oder sogar unerlässlich wäre. Auch wenn man jeden Funken Wut, Empörung und auch Hass nachvollziehen kann, sollten Sie sich eine einzige Frage stellen: Welcher Krieg, den die NATO oder ihre Mitgliedsstaaten in den letzten Jahren geführt haben, wurde eigentlich NICHT mit einer Lüge begründet?

Beim Golfkrieg 1990/91 war es die sogenannte „Brutkastenlüge“, mit der die Öffentlichkeit getäuscht wurde, 1999 gegen Jugoslawien der sogenannte „Hufeisenplan“ und die angebliche „humanitäre Katastrophe“, die aber tatsächlich erst nach dem Beginn der Bombardierungen eintrat. 2001 zog man nach Afghanistan um dort die USA gegen den Terrorismus zu verteidigen – der inzwischen längst anderswo zuhause war. 2003 marschierte eine „Koalition der Willigen“ in den Irak, um dort Massenvernichtungswaffen zu vernichten – die es nicht gab. Auch damals waren Berichte der Geheimdienste als „Beweis“ angegeben worden, wie auch jetzt.

Auch am 1. September 1939, als Hitlers Wehrmacht Polen überfiel, hieß es „ab 5:45 wird zurückgeschossen.“ Der Antikriegstag, den wir am 1. September begangen haben, ist immer wieder ein Anlass, um an diese Propagandalügen zu erinnern und zu mahnen.

Was ein bisschen Mut macht ist, dass wir in der Politik derzeit eher zurückhaltende Töne hören, selbst bei Frau Merkel, die ja 2003 noch Bundeswehrtruppen in den Irak geschickt hätte, wenn man sie damals schon zur Kanzlerin gewählt hätte. Hoffentlich ist diese Zurückhaltung nicht nur wahlkampfbedingt.

DIE LINKE fordert von der Bundesregierung:

  • mit Nachdruck alle Schritte zur vollständigen Aufklärung des Chemiewaffen-Sachverhalts zu unterstützen. Nicht nur das ob, sondern auch das wer muss durch eine unabhängige Untersuchung geklärt werden - und zwar ohne Vorverurteilungen.
  • in der UN darauf hin zu wirken, dass die Verantwortlichen dafür ermittelt und überführt werden. Das wäre die Aufgabe des internationalen Strafgerichtshofs.
  • sich an keinerlei Vorbereitungen für einen Militärschlag in Syrien zu beteiligen, unser Land soll mit Nachdruck für friedliche und politische Lösungen werben.
  • sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln für die rasche Durchführung einer internationalen Friedenskonferenz aller am Konflikt in Syrien beteiligten Parteien auf der Grundlage der Genfer Vereinbarungen vom Juni 2012 einzusetzen.
  • gegenüber den Verbündeten klar zu stellen, dass ein Angriff auf Syrien, insbesondere ohne Mandat des UN-Sicherheitsrats, völkerrechtswidrig ist. Völkerrechtswidriges Vorgehen schließt militärische Zusammenarbeit in der EU und NATO aus. Auch auszuschließen ist die Gewährung von Überflugrechten. Die Bundesregierung trägt die Verantwortung sicherzustellen, dass der US-Stützpunkt Ramstein und das Africon-Kommando in Stuttgart nicht für einen Krieg gegen Syrien benutzt werden dürfen.
  • alle politischen Anstrengungen darauf zu verwenden, dass alle atomaren, biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen verboten und zerstört werden.
  • Deutschland für Flüchtlinge aus Syrien zu öffnen und in der EU darauf hinzuwirken, dass mehr Flüchtlinge aufgenommen werden, sowie die nationalen und internationalen Flüchtlingshilfsorganisationen in der Region materiell zu unterstützen. Die Aufnahme von nur 5000 vorwiegend christlichen Flüchtlingen durch die Bundesregierung ist kaum ein schlechter Witz und die 1000 zusätzlichen, die SPD-Minister Jäger nach NRW kommen lassen will, müssen komplett von ihren Verwandten unterstützt werden.

DIE LINKE bleibt jedenfalls dabei: Krieg darf kein Mittel der Politik sein!

Wir wollen alle Bundeswehreinheiten aus den Auslandseinsätzen wieder nach Hause holen, aber zu allererst diejenigen, die mit den Patriot-Raketen an der syrisch-türkischen Grenze stationiert sind. Sie sind akut in Gefahr, in Kriegshandlungen verwickelt zu werden. Diese Stationierung haben übrigens alle anderen Parteien im Bundestag beschlossen – CDU/CSU, SPD; FDP und Grüne. Der SPD-Politiker Arnold behauptete in der Debatte sogar, diese Einheiten könnten einen Beitrag zur Deeskalation in Syrien leisten. DIE LINKE bleibt dabei: Deeskalation ist eine politische Aufgabe, keine, die militärisch gelöst werden kann.

Und: das Geschäft mit dem Tod muss aufhören! Drittgrößter Exporteur von Rüstungsgütern, zweitgrößter von Kleinwaffen – das ist keine Ehre für unser Land, das ist eine Schande! Wir sagen: Der Stopp aller Rüstungsexporte ist das Gebot der Stunde.

Das wäre übrigens auch ein erheblicher Beitrag zur Weltgesundheit.

Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation sterben jedes Jahr bis zu 400.000 Menschen allein durch Kleinwaffen. Das sind mehr als 1000 Pro Tag und in der Zeit, in der ich bisher gesprochen habe, sind schon wieder sechs Menschen umgekommen. Davon sehen wir keine Bilder, dabei könnten wir gegen dieses Blutbad tatsächlich etwas unternehmen. Rüstungsexporte gehören nicht nur kontrolliert oder transparent gemacht – sie gehören einfach verboten und dafür setzt sich DIE LINKE im Bundestag ein!