Position beziehen im Leitlinienprozess! Gegen eine Militarisierung der zivilen Konfliktbearbeitung!

Die Friedensbewegung hat lange für die Anerkennung der zivilen Konfliktbearbeitung gekämpft. Seit die ZKB von der damals noch rot-grünen Regierung langfristig etabliert und mit Finanzmitteln ausgestattet wurde, warnen kritische Stimmen vor einer Vereinnahmung und einem Verlust der notwendigen Distanz gegenüber dem Denken in militärischen Kategorien.

Stellungnahme von Kathrin Vogler, MdB, und Obfrau im Unterausschuss Zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und vernetztes Handeln

Zum Hintergrund: Die Bundesregierung will den bestehenden Aktionsplan „Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung“ Anfang 2017 durch ein neues Leitlinien-Dokument ersetzen, das die Rolle der zivilen Konfliktbearbeitung (ZKB) in der deutschen Außenpolitik neu definiert. Anfang Juli wurde dazu ein öffentlicher Diskussionsprozess in Gang gesetzt, aus dem bis Dezember die Textvorlage zu den "Leitlinien Krisenengagement und Friedensförderung" hervorgehen soll. Im Februar 2017 wird die Bundesregierung dann diese neuen Leitlinien beschließen.

Die Rahmenbedingungen für diese Revision legen nahe, dass sich hier die endgültige Absage an eine nicht-militärische Außenpolitik Deutschlands ankündigt. Der erste Entwurf der neuen Leitlinien trägt im Titel weder das Adjektiv „zivil“, noch haben die Begriffe "Prävention" und „Konfliktlösung“ es in den Entwurf geschafft. Der Text bezieht sich inhaltlich u.a. auf das aktuelle Bundeswehr-Weißbuch, die in Kürze erwartete „Cyber-Strategie 2016“ und die "Global Strategy“ der EU. Der verantwortliche Leitlinien-Redaktionskreis wird damit aber kaum Probleme haben. Unter Federführung des Außenministeriums sind an der Dokumenterstellung das Verteidigungs-, Innen- und das Entwicklungsministerium beteiligt. Angestrebt wird ein „vernetzter Ansatz“, eine - Zitat - „zivil-militärische Zusammenarbeit im Rahmen von EU, VN, OSZE [und] NATO“. Gewaltfreie, politisch motivierte Strategien der ZKB werden so zum Alibi bzw. zur strategischen Verfügungsmasse.

Die Friedensbewegung hat lange für die Anerkennung der zivilen Konfliktbearbeitung gekämpft. Sie hat z.B. den zivilen Friedensdienst (ZFD) entwickelt, der Mediation zu allgemeiner Anerkennung verholfen und immer wieder mit konkreten Projekten die Wirksamkeit gewaltfreien Handelns in allen Konfliktphasen bewiesen. Seit die ZKB von der damals noch rot-grünen Regierung langfristig etabliert und mit Finanzmitteln ausgestattet wurde, warnen kritische Stimmen vor einer Vereinnahmung und einem Verlust der notwendigen Distanz gegenüber dem Denken in militärischen Kategorien. Andere sehen dagegen die Chance, auch mit staatlich finanzierten ZKB-Projekten den Weg für ein alternatives, militär- und gewaltfreies Krisen- und Konfliktmanagement zu ebnen und damit auf lange Sicht eine Zivilisierung der Außenpolitik zu erreichen.

Auch wenn es bisher in diesem Spannungsfeld trotz allem möglich war, eine große Zahl erfolgreicher und beispielhafter ZKB-Projekte ins Werk zu setzen, darf die jetzt präsentierte Absicht, die zivile Konfliktbearbeitung als eine „Option unter vielen“ in die neuen Kriegsführungsstrategien zu integrieren, nicht hingenommen werden. Das gilt auch für den ZFD und seine Trägerorganisationen: Sie müssen gemeinsam mit der Friedensbewegung für die inhaltliche Unabhängigkeit des ZFD einstehen und sich der Vereinnahmung durch eine militärisch dominierte Außenpolitik verweigern.

Die Plattform „PeaceLab 2016 - Krisenprävention weiter denken“ (www.peacelab2016.de) ist seit dem 21. Juli, freigeschaltet. Sie ist eines der offiziellen Medien, über die die Leitlinien-Diskussion geführt werden soll. Dort wurde auch ganz aktuell eine erste Stellungnahme von Kathrin Vogler, MdB, und Obfrau im „Unterausschuss Zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und vernetztes Handeln“ veröffentlicht.
Wir hoffen auf viele weitere Stimmen, die sich kritisch in diesen Diskussionsprozess einbringen!