Patienten schützen - Medizinprodukte sicherer machen

Rede zu Protokoll

Kathrin Vogler fordert in ihrer Bundestagsrede, die Zulassungskriterien für Medizinprodukte und die Kontrollen nach deren Marktzugang zu verschärfen, um die Sicherheit von Patientinnen und Patienten zu verbessern. Dazu ist auf nationaler Ebene das Medizinproduktegesetz zu ändern, aber auch die EU-Richtlinien müssen entsprechend gestaltet werden.

DIE LINKE wird sich dafür stark machen, dass das FDP-geführte Bundesgesundheitsministerium dabei die berechtigten Interessen der Patientinnen und Patienten und nicht nur die Profitinteressen der Industrie berücksichtigt.


Rede im Wortlaut:

Vor drei Monaten tauchten in den Medien erschreckende Berichte auf. Hunderttausende von Frauen wurden Opfer schadhafter Brustimplantate, die auf kriminelle Weise weltweit vertrieben wurden. Die gesundheitlichen, psychischen und finanziellen Folgen für diese Frauen sind erheblich. Dieser Skandal hat auch hier im Parlament eine Debatte darüber ausgelöst, dass Medizinprodukte künftig deutlich strenger reguliert werden müssen. So wurden schnell Forderungen laut, dass die Messlatte für Herzklappen, Hüftprothesen und Brustimplantate ähnlich hoch gelegt werden sollte wie für Arzneimittel.

Doch ganz so einfach sind die Regelungen für Zulassungskritierien und für Kontrollen nach der Zulassung nicht von Arzneimitteln auf Medizinprodukte zu übertragen. Darum müssen wir uns hier darüber unterhalten, welche sinnvollen Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Nutzens von Medizinprodukten hoffentlich noch in dieser Legislatur Eingang in das Medizinproduktegesetz und in die europäischen Richtlinien finden, im Interesse der Patientinnen und Patienten. Dazu sehe ich in mehreren Fraktionen positive Ansätze, wenngleich es teilweise nicht nur im Detail Unterschiede gibt.

DIE LINKE meint: Die Zertifizierung könnte sinnvollerweise wie bei den Arzneimitteln durch eine Behörde und nicht durch private Unternehmen erfolgen. Und: eine reine Dokumentenprüfung darf jedenfalls für Produkte höherer Gefahrenklasse nicht ausreichen; das Produkt selbst muss untersucht und begutachtet werden. Für Medizinprodukte der Klassen IIb und III sollte eine Bewertung des patientenrelevanten Nutzens oder auch eine Kosten-Nutzen-Bewertung als Grundlage für die Erstattungsfähigkeit in der GKV erwogen werden. Schließlich muss im Zentrum stehen, was den Patientinnen und Patienten wirklich hilft.

Insbesondere will DIE LINKE strengere Kontrollen auch bei bereits eingeführten Artikeln. Staatliche Aufsichtsbehörden sollen unangemeldete Stichproben durchführen - und zwar in der gesamten Produktions- und Lieferkette, vom Hersteller über den Zulieferbetrieb bis zum OP-Tisch, und bei höheren Gefährdungsklassen auch verdachtsunabhängig.

Wenn es trotzdem zu Schädigungen kommt, muss die Regulierung patientenfreundlicher erfolgen. Erweiterungen bei der Produkthaftpflichtversicherung und auch die Einführung eines Haftungsfonds sind hier zu überlegen. Darum hat DIE LINKE auch einen Antrag für eine schnelle Entschädigung der Opfer des PIP-Skandals vorgelegt.

Durch Einrichtung von Medizinprodukteregistern - eines für alle in den Körper verbrachten Implantate und eines für alle Schadensmeldungen - könnten Unregelmäßigkeiten schneller auffallen, die betroffenen Patientinnen und Patienten rascher informiert und andere vor Schaden bewahrt werden. Wichtig wäre dabei, dass auch die behandelnden Ärztinnen und Ärzte ihrer Meldepflicht besser nachkommen. Zudem wollen wir die Informationspflichten der Ärztinnen und Ärzte erweitern, damit die Patientinnen und Patienten gesundheitliche Risiken durch die Medizinprodukte besser einschätzen können.

Wir begrüßen, dass auch aus anderen Fraktionen eine Verbesserung der Studienlage angeregt wird. Das fordert DIE LINKE schon seit Jahren, aber hier im Haus wurden Forderungen der LINKEN nach einem Studienregister und nach einem öffentlich finanzierten unabhängigen Studienfonds immer abgelehnt.

Insgesamt gehen einige Überlegungen der Oppositionsfraktionen in die gleiche Richtung . Selbst bei CDU/CSU wird über schärfere Kontrollen für Medizinprodukte nachgedacht. Und der französische Gesundheitsminister, der Chef der europäischen Arzneimittelaufsichtsbehörde und der oberste Arzneimittelprüfer in Deutschland fordern strengere Regelungen für Medizinprodukte.

Nur Gesundheitsminister Bahr und seine FDP stehen bislang treu und tapfer an der Seite der Industrie und lehnen strengere Zulassungskriterien und Kontrollen ab. Herr Bahr, wenn demnächst die Revision der europäischen Medizinprodukte-Richtlinien ansteht und eine europaweite Regelung, den Marktzugang von Medizinprodukten zu verschärfen, an Ihnen scheitert, dann bekommen Sie vielleicht vom Verband der Medizinproduktehersteller den goldenen Herzkatheter für Ihre Verdienste um das Wohl der Gesundheitswirtschaft verliehen, aber um die Belange der Patientinnen und Patienten machen Sie sich so nicht verdient.

DIE LINKE meint: Die Interessen der Patientinnen und Patienten haben Vorrang vor Wirtschaftsinteressen. Gesundheit ist keine Ware!

Ich danke Ihnen.