Ursache Profitmaximierung: Klinikum Ibbenbüren schließt Frauenklinik

Das Klinikum Ibbenbüren im Kreis Steinfurt - in Kathrin Voglers Wahlkreis - schließt die Abteilungen Gynäkologie und Geburtshilfe zum 12.11.2021 und verweist in einer Pressemitteilung auf das Klinikum Rheine als künftige Ersatz-Einrichtung. Kathrin Vogler schrieb einen Leser*innenbrief an die Ibbenbürener Volkszeitung.

 

Leserbrief Kathrin Vogler

„Niemand hat Schuld“, so titelt die IVZ zur Schließung der Gynäkologie und Geburtshilfe am Klinikum Ibbenbüren. Das ist sicher in dieser Einfachheit richtig, aber warum werden nicht wenigstens Verantwortlichkeiten benannt? Wenn man nach den Verantwortlichen für den Mangel an Hebammen und Entbindungspflegern, aber auch an Gynäkologinnen und Gynäkologen sucht, dann wird man auch fündig. Die Verantwortung trägt unter anderem eine Gesundheitspolitik in Bund und Land, welche die Krankenhäuser zu Profitmaschinen für private Investoren gemacht und dabei die Steuerung nach dem Bedarf der Bevölkerung durch reine Marktinstrumente ersetzt hat. Das scheint ja in dem Artikel auch durch.

Geburtshilfestationen sind durch die Fallpauschalen chronisch unterfinanziert und durch hohe Haftungsrisiken auf der anderen Seite extrem in Bedrängnis. Seit Jahren laufen die Hebammenverbände Sturm, weil ihr Beruf durch hohe Haftpflichtprämien bei schlechter Entlohnung kaum noch seine Frau ernährt. Das erklärt, warum es in diesem schönen und wichtigen Beruf nicht genug Nachwuchs gibt. Fast die Hälfte aller Kliniken in Deutschland kann nicht alle Stellen für fest angestellte Hebammen besetzen. Auf die Krankenhäuser selbst wirken ähnliche Mechanismen: Hohe Versicherungsprämien bei niedriger Rendite machen Gynäkologie und Geburtshilfe finanziell unattraktiv. Und deswegen kann oder will so manches Krankenhaus keine Honorarärzte gewinnen, die deutlich mehr verlangen, als angestellten Medizinern bezahlt wird.

In einer Befragung von 2020 gaben rund 65% aller Krankenhäuser an, dass die Erlöse aus der Geburtshilfe die Kosten nicht decken können. Im Kreis Steinfurt, auf einer Fläche von 1.700 Quadratkilometern, gibt es also bald nur noch ein einziges Krankenhaus, in dem Kinder geboren werden können. Damit diese Versorgung erhalten bleibt, muss sich dringend etwas an der Finanzierungslogik der Krankenhäuser ändern. Statt der ungerechten Fallpauschalen brauchen wir eine bedarfsgerechte Finanzierung.

(Kathrin Vogler, 21. 10.2021)

Zur Pressemitteilung des Klinikums Ibbenbüren vom 20. Oktober 2021.