SPD erklärt Antikorruptionsgesetz für Farce, stimmt aber dennoch dafür

Noch einen Tag vor der Abstimmung über das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen konstatierten mehrere GesundheitspolitikerInnen der SPD zurecht, dass das Endergebnis nicht akzeptabel ist. Lediglich Krankenkassen und Pharmaindustrie würden einen besseren Schutz vor Korruption erhalten (vgl. www.apotheke-adhoc.de), die PatientInnen aber ungeschützt bleiben. So stellte Lauterbach (SPD) sogar die Frage, „ob es sich dann überhaupt noch lohnt, das Gesetz zu verabschieden" (vgl. www.sueddeutsche.de).

Doch das war nur Theaterdonner; am Ende stimmte die SPD geschlossen einem Gesetz zu, das unter einem gravierenden Geburtsfehler leidet: Die Regelung zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen wurde nämlich in den Teil des Strafgesetzbuches gelegt, in dem das Wirtschaftsstrafrecht geregelt wird. Dies erweist sich als eine Falle. So wird vor allem der Wettbewerb, also ein Pharmaunternehmen vor einer Übervorteilung durch ein anderes, geschützt, und weniger die Patientinnen und Patienten.

Korruption muss weiter auf der Agenda bleiben

Die Bekämpfung korruptiver Machenschaften im Gesundheitswesen muss somit auch weiterhin auf der Agenda bleiben. Kathrin Vogler erklärt in ihrer Rede, dass es unerträglich und kaum verständlich ist, dass sich ein angestellter Arzt strafbar macht, wenn er sich etwa von einer Pharmafirma bestechen lässt, eine Ärztin mit eigener Praxis aber nicht. Pharmaunternehmen bleiben bislang straffrei, wenn sie einem Hausarzt Prämien für die gezielte Verschreibung seiner Medikamente zahlen. So werden nicht nur Milliarden Euro aus Versichertengeldern durch Korruption verschwendet, sondern auch das Vertrauen der Patientinnen und Patienten in die Therapieentscheidung ihres Arztes oder ihrer Ärztin untergraben.

Neues Gesetz wird weitgehend wirkungslos bleiben

Doch nur in einigen Fällen wird das zukünftig anders. Denn mit dem neuen Gesetz wird nur unter Strafe gestellt, wenn Konkurrenten im Wettbewerb geschädigt würden. Wo es keine Konkurrenz gibt – das ist zum Beispiel bei den ganz teuren innovativen Arzneimitteln ohne Therapiealternative oft der Fall – werden der Staatsanwaltschaft weiterhin die Hände gebunden bleiben. Der ohnehin schon schmalspurig angelegte Gesetzentwurf aus dem Justizministerium wurde auf der Zielgeraden von der Koalition noch im Sinne von Pharmaindustrie und Ärzteschaft verwässert, so dass es kaum dazu beitragen wird, das Vertrauen der Patientinnen und Patienten in die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung zu stärken.

LINKE legt effektivere Vorschläge vor

DIE LINKE fordert daher in ihrem Antrag, dass jede ungerechtfertigte Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit unter Strafe gestellt wird, ähnlich wie bei Amtsträgern.

Hinweisgeber müssen geschützt werden

Zudem hat die Bundesregierung in dem Gesetz auch keinen Schutz von Hinweisgebern (Whistleblowerschutz) – wie im Antrag der LINKEN gefordert – vorgesehen. Da sich Korruption meist im Geheimen vollzieht, sind die Staatsanwälte aber darauf angewiesen, dass Insider ihnen Hinweise auf mögliche Straftaten geben.

Sogenannte Anwendungsbeobachtungen meist nur Werbemaßnahmen der Pharmakonzerne

Die Kritik von Kathrin Vogler daran, dass die Bundesregierung das Thema Anwendungsbeobachtungen komplett ignoriert, fand auch die Tagesschau (Kathrin Vogler im Video ab 1:00 Min.) beachtenswert. Immerhin fließen hier bis zu 100 Millionen Euro jährlich von der Industrie an die Ärzteschaft für angebliche Medikamentenstudien, die sehr oft keinen wissenschaftlichen Nutzen haben. Es handelt sich in erster Linie um versteckte Marketingmaßnahmen – zu Lasten der Patienten und auf Kosten der Versicherten.